Altersteilzeit

30.08.2023, Autor: Herr Martin Stier / Lesedauer ca. 3 Min. (34 mal gelesen)
Blockmodell bevorzugt

Die gesetzliche Regelaltersgrenze steigt kontinuierlich an. Ab Geburtsjahrgang 1964 kann man die abschlagsfreie Altersrente grundsätzlich erst ab Vollendung des 67. Lebensjahres beantragen.

Ab Vollendung des 63. Lebensjahres besteht für langjährig Versicherte oder schwerbehinderte Menschen unter gewissen Voraussetzungen die Möglichkeit, die gesetzliche Altersrente bereits vorzeitig in Anspruch zu nehmen. Aber auch diese Altersgrenzen steigt kontinuierlich.

Was ist Altersteilzeit?

Altersteilzeit ermöglicht den vorzeitigen Ausstieg aus dem Berufsleben durch Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit. Das geschieht auf Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung (Altersteilzeitvertrag). Dadurch ändert sich der Inhalt des ursprünglichen Arbeitsvertrages.

Diese Vereinbarung kann nur freiwillig zustande kommen. Das AltersteilzeitG gibt keinen klagbaren Anspruch auf Altersteilzeit.

Das AltersteilzeitG ist immer noch in Kraft, aber die staatliche finanzielle Förderung der Altersteilzeit seit dem 31.12.2009 ausgelaufen. Altersteilzeit ist also immer noch möglich, jedoch sehr teuer für Arbeitgeber, weil sie vom Staat finanziell nicht mehr gefördert wird.

Welche Modelle gibt es für Altersteilzeit?

Zur Durchführung von Altersteilzeit gibt es zwei Möglichkeiten: Das kontinuierliche Teilzeitmodell und das Blockmodell.

Voraussetzung für beide Modelle ist auf Arbeitnehmerseite die Vollendung des 55. Lebensjahres und die Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit um 50%.

Im kontinuierlichen Teilzeitmodell wird die wöchentliche Arbeitszeit für die Dauer der Laufzeit der Altersteilzeit auf die Hälfte reduziert. Somit beträgt der Verdienst während der Teilzeitphase nur noch die Hälfte der bisherigen Vollzeitvergütung (kontinuierliche Altersteilzeit).

Im Blockmodell wird in der aktiven Phase (Arbeitsphase) in Vollzeit weitergearbeitet. Ausgezahlt wird dem Arbeitnehmer allerdings nur die Hälfte der Vergütung. Die andere Hälfte wird für die Freizeitphase angespart, also zum Aufbau eines Wertguthabens verwendet.

Während der passiven Phase (Freizeitphase) besteht keine Arbeitspflicht. Dem Arbeitnehmer fließt dafür die in der Arbeitsphase angesparte Hälfte der Vergütung aus dem Wertguthaben zu.

Die Praxis bevorzugt das Blockmodell. Auf Grundlage von § 2 Abs. 2 Nr. 1 AltersteilzeitG ist Altersteilzeit aber nur für die Dauer von drei Jahren möglich. Das bedeutet im Blockmodell 1,5 Jahre Aktiv- und 1,5 Jahre Passivphase.

Länger laufende Vereinbarungen zur Altersteilzeit von bis zu sechs Jahren sind nur möglich im Anwendungsbereich von speziellen Tarifverträgen zur Altersteilzeit. Diese gibt es in der Metall- und Elektroindustrie, im öffentlichen Dienst sowie als Firmentarifverträge in einigen Großunternehmen.

Was macht Altersteilzeit für Arbeitnehmer finanziell attraktiv?

1. Der Arbeitgeber bezahlt dem Arbeitnehmer in Altersteilzeit eine Aufstockung, indem er eine Aufzahlung zum Teilzeit-Nettoverdienst in Höhe von mindestens 20% leistet.

2. Um Einbußen bei der gesetzlichen Altersrente zu mildern, bezahlt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer in Altersteilzeit zu dessen Rentenversicherungsbeiträgen eine Aufzahlung (Höherversicherung) und zwar auf 90% des Rentenversicherungsbeitrags vom vormaligen Vollzeitverdienst, maximal aber selbstverständlich nur bis zur Höhe der Beitragsbemessungsgrenze.

3. Die Aufstockungszahlungen des Arbeitgebers zur Altersteilzeit sind steuer- und sozialversicherungsfrei.

Durch die Aufstockungszahlungen des Arbeitgebers hält sich die Verdiensteinbuße für Arbeitnehmer trotz Altersteilzeit in Grenzen.

Was passiert wenn ein Altersteilzeitvertrag den Dreijahreszeitraum überschreitet?

Wird ein Altersteilzeitvertrag für länger als drei Jahre abgeschlossen, so ist der Vertrag nicht unwirksam. Allerdings sind dann die Aufstockungszahlungen des Arbeitgebers nicht mehr steuer- und sozialversicherungsfrei.

An diese Rechtsfolge denkt häufig keiner. Wurden die Aufstockungsleistungen dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber abgabenfrei ausgezahlt, dann wird dieser Umstand bei der nächsten Betriebsprüfung zu einem Problem. Der Arbeitgeber muss die Abgaben nachzahlen und bleibt am Ende auf den Kosten sitzen. Nach § 28g SGB IV darf der Arbeitgebereinen Regressanspruch wegen des Arbeitnehmerbeitrages zur Sozialversicherung beim Arbeitnehmer nur im Lohnabzugsverfahren geltend machen und beschränkt auf die nächsten drei Verdienstabrechnungen. Deswegen ist ein vollständiger Regress in der Praxis für Arbeitgeber beim Sozialversicherungsbeitrag kaum durchsetzbar.

Altersteilzeit und Insolvenzrisiko

Zur Beseitigung des Insolvenzrisikos während der Dauer der Altersteilzeit im Blockmodell ist der Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet, zugunsten des Arbeitnehmers für einen werthaltigen Versicherungsschutz zu sorgen. Zur Kontrolle steht dem Arbeitnehmer ein Auskunftsanspruch zu.

Wie wirkt sich während der Aktivphase der Altersteilzeit eine Erkrankung des Arbeitnehmers aus?

Eine Erkrankung während der Aktivphase der Altersteilzeit führt zu einem Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Entgeltfortzahlung gemäß EFZG. Nach sechs Wochen zahlt die Krankenkasse das Krankengeld.

Bei Altersteilzeit bestehen aber Besonderheiten:

die Bemessungsgrundlage für den Entgeltfortzahlungsanspruch und für das Krankengeld ist nicht der frühere Vollzeitverdienst, sondern die Teilzeitvergütung.

im Falle einer Langzeiterkrankung während der Altersteilzeit wird für den Arbeitnehmer kein Wertguthaben aufgebaut. Die durch diesen Störfall verlorene Zeit muss der Arbeitnehmer nach seiner Genesung nachholen. Durch diese Nacharbeit verschiebt sich der ursprünglich geplante Beginn der Passivphase.

Ist in der Passivphase eine Nebentätigkeit erlaubt?

In Altersteilzeitverträgen wird oft die Möglichkeit des Arbeitnehmers zur Ausübung einer Nebentätigkeit in der Passivphase ausgeschlossen. Diese Klausel ist noch in vielen Musterverträgen enthalten und stammt aus der Zeit, als die Altersteilzeit staatlich gefördert wurde. Für ein Nebentätigkeitsverbot gibt es jedoch keinen Grund mehr, seitdem die Bundesagentur für Arbeit keine Förderleistungen mehr bezahlt.


Autor dieses Rechtstipps

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