BAG, Urt. 24.9.2019 - 9 AZR 481/18

Urlaubsanspruch in der Freistellungsphase bei Altersteilzeit

Autor: RAin FAinArbR Dr. Cornelia Marquardt, Norton Rose Fulbright, München
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 03/2020
Während der Freistellungsphase der Altersteilzeit besteht mangels Arbeitspflicht kein gesetzlicher Urlaubsanspruch.Wechselt ein Arbeitnehmer während eines Kalenderjahres von der Arbeits- in die Freistellungsphase, berechnet sich sein Urlaubsanspruch für dieses Jahr nach Zeitabschnitten und der vertraglich vorgesehenen Anzahl der Tage mit Arbeitspflicht.

BUrlG § 3 Abs. 1, § 7 Abs. 4

Das Problem

Für die Zeit vom 1.12.2014 bis zum 31.7.2017 bestand zwischen den Parteien ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis im Blockmodell, wobei der Kläger bis 31.3.2016 voll arbeitete und anschließend von der Arbeitsleistung freigestellt war. Nach dem Altersteilzeitvertrag richtete sich der Urlaubsanspruch für das Jahr des Wechsels zwischen Arbeits- und Freistellungsphase anteilig nach der Dauer der Arbeitsphase und war der Urlaub vor Eintritt in die Freistellungsphase zu gewähren. Für 2016 gewährte die Beklagte dem Kläger acht Urlaubstage.

Mit der vorliegenden Klage verlangt der Kläger die Abgeltung von 52 Urlaubstagen. Er habe zu Beginn der Kalenderjahre 2016 und 2017 je einen Anspruch auf 30 Arbeitstage Urlaub erworben und – vergleichbar mit der Leistung von Überstunden – während der Freistellungsphase nur deshalb nicht arbeiten müssen, weil er mit der Arbeitsleistung in der Arbeitsphase in Vorleistung getreten sei. Für eine Kürzung des Urlaubsanspruchs fehle eine gesetzliche Grundlage. Die abweichende Regelung im Altersteilzeitarbeitsvertrag sei unwirksam. Weil im Jahr 2016 nur anteilig Urlaub gewährt worden sei und im Jahr 2017 wegen der Freistellung kein Urlaub gewährt werden konnte, sei der Restanspruch wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzugelten.

Die Entscheidung des Gerichts

Wie beide Vorinstanzen verneint das BAG den Urlaubsabgeltungsanspruch. Ein offener Urlaubsanspruch zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses habe nicht bestanden, weil dem Kläger für den Zeitraum, in dem er sich in der Freistellungsphase des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses befunden habe, mangels Arbeitspflicht kein Anspruch auf Erholungsurlaub zugestanden und die Beklagte den Urlaub für die Arbeitsphase im Jahr 2016 bereits erfüllt habe.

Zwar setze der gesetzliche Urlaubsanspruch allein das Bestehen des Arbeitsverhältnisses voraus und stehe nicht unter der Bedingung, dass eine Arbeitsleistung erbracht worden sei. Der Umfang des gesetzlichen Urlaubsanspruchs sei aber nach § 3 Abs. 1 BUrlG zu berechnen und diese Berechnungsgrundsätze gälten auch für die Freistellungsphase der Altersteilzeit.

Aufgrund des Erholungszwecks von Urlaub bestimme sich der Urlaubsanspruch grds. nach der Zahl der Tage mit Arbeitspflicht. Da der Gesetzgeber weder im Altersteilzeitgesetz noch an anderer Stelle abweichende Regelungen zur Urlaubsberechnung im Altersteilzeitarbeitsverhältnis getroffen habe, sei unter Berücksichtigung der Arbeitszeitverteilung und der Entgeltzahlung bei der Altersteilzeit im Blockmodell keine abweichende Berechnung geboten. Arbeitnehmer in der Freistellungsphase der Altersteilzeit seien Arbeitnehmern, die in diesem Zeitraum tatsächlich gearbeitet hätten, nicht gleichzustellen. Dies gelte auch nach Unionsrecht, da die Arbeitnehmer die Aufhebung ihrer Arbeitspflicht willentlich herbeigeführt hätten und nicht aus anderen Gründen an der Arbeitsleistung gehindert gewesen seien (vgl. EuGH, Urt. v. 4.10.2018 – C-12/17 Rz. 31 ff. – Dicu, ArbRB online).

Der Urlaubsanspruch berechne sich deshalb nach den einzelnen Zeiträumen der Beschäftigung im betreffenden Kalenderjahr, wobei die Anzahl der auf sie entfallenden Wochentage mit Arbeitspflicht zu berücksichtigen seien und die Freistellungsphase mit „null“ Arbeitstagen in Ansatz zu bringen sei.


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