Corona-Lockdown und Kontrollen: Was darf die Polizei?

21.01.2021, Redaktion Anwalt-Suchservice
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Autofahrerin,Papiere Auch die Polizei muss sich bei Kontrollen an Regeln halten. © - freepik

Eine Vielzahl von Einschränkungen trifft während des Corona-Lockdowns unser aller Leben. Deren Einhaltung wird auch kontrolliert. Welche Rechte hat die Polizei bei entsprechenden Kontrollen?

Zurzeit sind in der Öffentlichkeit und selbst im privaten Bereich viele Einschränkungen zu beachten - etwa Maskenpflicht, Abstand halten und Kontaktverbote. Die Polizei kontrolliert deren Einhaltung. Viele Menschen sind sich aber im Unklaren darüber, was die Polizei bei einer Kontrolle darf und was dabei ihre Pflichten sind: Welche Auskünfte muss man geben, wenn man auf dem Weg zur Arbeit angehalten wird? Darf die Polizei die private Wohnung betreten?

Wonach richten sich die Rechte der Beamten?


Die Rechte der Beamten unterscheiden sich je nachdem, ob in der Öffentlichkeit oder im privaten Bereich kontrolliert wird und im Rahmen welcher Art von Aufgaben die Polizei tätig wird.

Die Organisation und auch die Aufgaben der Polizei sind nicht bundeseinheitlich gesetzlich geregelt. Stattdessen hat jedes Bundesland dafür eigene Landesgesetze. Eine Ausnahme bildet die Bundespolizei, die für den Schutz der Grenzen, für die Ordnung und Sicherheit im Bahnverkehr und für die Sicherheit des Luftverkehrs zuständig ist. Deren Aufgaben sind im Bundespolizeigesetz bundeseinheitlich festgelegt.

Polizeibeamte haben grundsätzlich zwei Aufgabenbereiche: Sie können zur Verhinderung von Gefahren für die öffentliche Ordnung und Sicherheit eingesetzt werden - präventiv. Oder sie können zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten und Straftaten zum Einsatz kommen - repressiv. Je nachdem, um welchen Aufgabenbereich es sich handelt, haben sie unterschiedliche Kompetenzen. Bei repressivem Handeln haben sie Regelungen der Strafprozessordnung zu beachten etwa zur Durchsuchung von Personen oder Wohnungen. Bei präventivem Handeln sind die Landesgesetze maßgeblich.

Polizeibeamte haben bei ihrer Tätigkeit immer auch das Grundgesetz und damit die Grundrechte der Bürger zu beachten. Dadurch sind ihnen Einschränkungen auferlegt. Ein wichtiger Grundsatz findet sich in Art. 13 Abs. 1 GG des Grundgesetzes: Die Wohnung ist unverletzlich. Weitere Absätze regeln genau, wann eine Durchsuchung der Wohnung stattfinden darf bzw. diese durch Staatsorgane betreten werden kann.

Was darf die Polizei bei Kontrollen in der Öffentlichkeit?


Die Polizei darf bei präventivem Handeln durchaus eine Person in der Öffentlichkeit anhalten und Fragen stellen. Zwar nicht völlig grundlos, ausreichend ist jedoch die Möglichkeit, dass vielleicht eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit vorliegt. Ausnahme ist Bayern, hier gibt es die anlasslose Personenkontrolle. In der Praxis ändert dies nicht viel, denn ein Grund für eine mögliche Gefährdung der öffentlichen Ordnung ist schnell gefunden.

Wer also zum Beispiel in der Fußgängerzone von Polizeibeamten angesprochen und angehalten wird, muss grundsätzlich seine Personalien angeben bzw. sich ausweisen. Außer dem Namen darf er auch nach dem Geburtsdatum oder der Staatsangehörigkeit gefragt werden.

Da hört es dann allerdings bald auch schon auf. Denn: Weitere Fragen, etwa zum Ziel des Fußgängers oder wo dieser gerade herkommt, muss er im Normalfall nicht beantworten. Insbesondere muss er sich nicht selbst belasten.

Beispiel: Die Polizei hält im Rahmen einer allgemeinen Verkehrskontrolle ein Auto an. Das darf sie. Auf dem Rücksitz steht ein Kasten Bier, darauf liegen fünf Tüten Kartoffelchips. Daraus könnte die Polizei den konkreten Verdacht ableiten, dass diese Person zu einer derzeit nicht legalen Party möchte. Der Betreffende muss zwar seine Personalien angeben und wegen der Verkehrskontrolle auch Fahrzeugpapiere und Führerschein vorzeigen, jedoch nicht angeben, wohin er möchte und was dort passieren soll.

Liegt tatsächlich ein konkreter Verdacht auf eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit vor, ist zum Beispiel auch eine Durchsuchung oder Taschenkontrolle möglich. Und auch weitere Maßnahmen kommen in Betracht:

Beispiel: Die Polizei wurde informiert, dass eine unter Quarantäne stehende Person sich in der Fußgängerzone aufhält, um sich dort mit Freunden zu treffen. Wird diese Person dort trotz Quarantäne angetroffen, droht nicht nur ein erhebliches Bußgeld, sondern auch die Ingewahrsamnahme zwecks Überführung in eine Isolierstation.

In einigen Bundesländern (etwa Brandenburg, Schleswig-Holstein, Hamburg und Baden-Württemberg) werden spezielle Isolierstationen in Krankenhäusern oder auch umfunktionierte Jugendgefängnisse für hartnäckige "Quarantänebrecher" bereitgehalten oder sind in Vorbereitung. Hier handelt sich nicht um eine Gefängnisstrafe, sondern um eine Zwangseinweisung für die Dauer der Quarantäne. Erforderlich ist eine richterliche Anordnung, Rechtsgrundlage ist das Infektionsschutzgesetz. Meist erfolgt dieser Schritt erst nach mehrfachen Verstößen und vorheriger Warnung durch die Polizei.

Trifft sich eine unzulässige Anzahl von Personen in der Öffentlichkeit, kann die Polizei diesen auch einen Platzverweis erteilen und damit anordnen, dass sie sich vom entsprechenden Ort zu entfernen haben.

Was ändern nächtliche Ausgangssperren oder die 15-Kilometer-Regel?


Es gibt Gegenden, in denen eine nächtliche Ausgangssperre herrscht (Bayern) oder in denen aufgrund hoher Inzidenzwerte die Regelung gilt, dass man sich nicht mehr als 15 Kilometer von seinem Wohnort entfernen darf. Wird man dann nachts oder außerhalb des erlaubten Aktionsradius angetroffen, kann die Polizei ebenfalls Angaben zu den Personalien verlangen. Zwar muss man sich auch hier nicht selbst belasten und keine darüber hinaus gehenden Angaben machen. Kann man jedoch eine Ausnahme für sich in Anspruch nehmen - etwa, dass man auf dem Weg zur Arbeit ist - sollte man dies natürlich den Beamten mitteilen, um das sonst fällige Bußgeldverfahren zu vermeiden. Auch Beweise können nicht schaden - etwa ein Firmenausweis oder eine schriftliche Bestätigung des Arbeitgebers.

Wann darf die Polizei meine Wohnung betreten?


Kontaktverbote gelten auch im privaten Bereich. Sie sind schwer zu kontrollieren. Aber was gilt, wenn die Polizei dann doch an der Wohnungstür klingelt?

Das Grundgesetz garantiert die Unverletzlichkeit der Wohnung. Trotzdem darf die Polizei eine Wohnung unter Umständen betreten - und zwar im Rahmen von repressiven oder präventiven Maßnahmen. Eine präventive Maßnahme wäre das Betreten nach Art. 13 Abs. 7 Grundgesetz wegen einer Seuchengefahr. Dazu müssten allerdings schon konkrete Hinweise auf eine Seuchengefahr vorliegen, etwa, dass sich eine infizierte Person in der Wohnung aufhält und dort eine Party stattfindet.

Besteht ein konkreter Verdacht auf eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit, kann ein Betreten der Wohnung durch die Polizei unter mehreren Gesichtspunkten gerechtfertigt sein:

- Weil es der Wohnungsinhaber erlaubt,
- mit richterlichem Durchsuchungsbeschluss zur Suche nach Beweismitteln,
- bei Gefahr im Verzug.

Gefahr im Verzug kann beim Verdacht auf eine Ordnungswidrigkeit oder Straftat auch vorliegen, wenn die Gefahr besteht, dass Beweise vernichtet oder beiseite geschafft werden. Allerdings muss es schon konkrete Gründe geben, warum die Polizei vom Vorliegen einer Gefahr ausgeht. Denn: Diese Begründung soll nur im Ausnahmefall angewendet werden; der Regelfall soll der richterliche Durchsuchungsbeschluss sein.
Einen ausreichenden Grund liefern könnte im Hinblick auf die Kontaktbeschränkungen zum Beispiel die Beschwerde eines Nachbarn, dass in der Wohnung eine größere Zahl von Menschen feiert.

Praxistipp


Auch, wenn die Polizei ihren Verdacht nicht begründen kann: Dem Verlangen, die Wohnung zu betreten, sollte man sich nicht mit Gewalt widersetzen. Dies wird die Situation im Regelfall noch verschlimmern und kann auch strafrechtliche Folgen haben. Es empfiehlt sich eher, das Betreten der Räume zuzulassen und sich danach einen Anwalt für Strafrecht zu nehmen, der die Rechtmäßigkeit des Vorgehens prüft - und auch die Verwendbarkeit der vielleicht gewonnenen Beweismittel.

(Bu)


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 Stephan Buch
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