EuG (Neunte Kammer), Urt. 13.10.2021 - T-733/20

Keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei versäumter Kontrolle der fristgerechten Zahlungsausführung der Markenverlängerungsgebühr

Autor: RA Dr. Geert Johann Seelig, Fachanwalt für gewerblichen RechtsschutzLuther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Hamburg
Aus: IP-Rechtsberater, Heft 03/2022
Ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Art. 104 Abs. 1 UMV hat u.a. nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn der Antragsteller mit der unter den gegebenen Umständen gebotene Sorgfalt gehandelt hat. Der Sorgfaltsmaßstab ist dabei hoch anzusetzen, da Art. 104 Abs. 1 UMV nach ständiger Rechtsprechung insgesamt eng auszulegen ist. Der Markeninhaber handelt bei der Verlängerung seiner Unionsmarke nicht mit der gebotenen Sorgfalt, wenn er sich nicht vergewissert, dass die Zahlung innerhalb der gesetzten Frist ausgeführt wird.

UMV Art. 53, Art. 104 Abs. 1

Das Problem

Der Kläger war Inhaber der Unionsmarke „BANDIT“ (Wortmarke) mit Schutz für Waren der Klassen 9, 18, 25 und 28. Die Marke wurde am 10.6.1999 beim EUIPO angemeldet.

Am 12.11.2018 informierte das EUIPO den Kläger, dass die Eintragung der Marke bis zum 10.6.2019 verlängert werden müsse. Danach stehe ihm noch eine zweite Frist bis zum 10.12.2019 zur Verfügung.

Nach Ablauf der zweiten Frist teilte das EUIPO dem Kläger mit, dass die Unionsmarke gelöscht worden sei, da er innerhalb der obenstehenden Fristen keine Verlängerung beantragt und keine Verlängerungsgebühr gezahlt hätte.

Im Februar 2020 stellte der Kläger einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit der Begründung, er hätte die Verlängerungsgebühr am 5.12.2019 online überwiesen und sei sodann auf die Philippinen gereist. Er habe erst nach seiner Rückkehr nach Deutschland im Januar 2020 bemerkt, dass die Überweisung entgegen seiner Annahme nicht ausgeführt worden sei.

Diesen Antrag wies das EUIPO zurück; die vor der Fünften Beschwerdekammer des EUIPO eingereichte Beschwerde im Oktober 2020 hatte keinen Erfolg. Die Kammer führte aus, dass die Umstände, auf die sich der Kläger zur Rechtfertigung seines Wiedereinsetzungsantrags berufe, weder unvorhersehbar noch außergewöhnlich gewesen seien. Er hätte diesen Umständen bei Beachtung der erforderlichen Sorgfalt abhelfen können.

Die Entscheidung des Gerichts

Das EuG hat die Klage auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen.

Grundsätze zur Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand:

Gemäß Art. 104 Abs. 1 UMV werde dem Anmelder, dem Inhaber einer Unionsmarke oder jedem anderen an einem Verfahren vor dem EUIPO Beteiligten, der trotz Beachtung aller nach den gegebenen Umständen gebotenen Sorgfalt verhindert worden sei, gegenüber dem EUIPO eine Frist einzuhalten, auf Antrag Widereinsetzung in den vorigen Stand gewährt, wenn die Verhinderung nach der UMV den Verlust eines Rechts oder eines Rechtsbehelfs zur unmittelbaren Folge hätte.

Damit diese gebotene Sorgfalt gewahrt werden könne, bedürfe es der Einrichtung eines Systems zur internen Kontrolle und Überwachung der Fristen, das das unbeabsichtigte Versäumnis von Fristen generell ausschließe.

Art. 104 Abs. 1 UMV sei dabei nach ständiger Rechtsprechung eng auszulegen. Denn das Erfordernis der Rechtssicherheit und die Notwendigkeit, jegliche Diskriminierung oder willkürliche Behandlung bei der Rechtspflege zu verhindern, geböten eine strikte Anwendung unionsrechtlicher Vorschriften zu Verfahrensfristen. Von diesen Vorschriften könne allerdings nur unter ganz außergewöhnlichen Umständen abgewichen werden. Diese Umstände enthielten auch ein subjektives Merkmal. Dies hänge mit der Verpflichtung des gutgläubigen Rechtsbürgers, Wachsamkeit und Sorgfalt walten zu lassen, zusammen, um den Verfahrensablauf zu überwachen und vorgesehene Fristen einzuhalten.

Keine Beachtung der gebotenen Sorgfalt:

Es sei unstreitig, dass das EUIPO die Verlängerungsgebühr nicht erhalten habe. Die Behauptung des Klägers, dass es ihm hinsichtlich der Einhaltung der Fristen für die Verlängerung der Eintragung seiner Marke an Wachsamkeit und Sorgfalt nicht gefehlt habe, greife nicht durch. Denn die Sorgfaltspflicht obliege in erster Linie dem Markeninhaber.

Ein Fehler bei der Übermittlung der Daten an die Bank bzw. ein Fehler der Bank bei der Ausführung der Überweisung sei weder selten noch unwahrscheinlich und sei daher nicht als außergewöhnlich und unvorhersehbar anzusehen. Der Kläger hätte diese Umstände vorhersehen und die erforderliche Vorsorge treffen müsse, um sich zu vergewissern, dass die Zahlung innerhalb der vom EUIPO gesetzten Frist ausgeführt werde. Dies gelte erst Recht, wenn es sich um einen bedeutsamen Vorgang – nämlich die Verlängerung der Eintragung einer Marke – handele und die erste Frist bereits versäumt worden sei. Ein wirksames System zur internen Kontrolle und Überwachung der Einhaltung von Fristen hätte eine solche Prüfung umfassen müssen.

Der Umstand, dass sich der Kläger ab dem 6.12.2019 auf den Philippinen befand, stelle zudem keine hinreichende Entschuldigung dar. Denn ausweislich der Dokumente, die der Kläger der Fünften Beschwerdekammer vorgelegt habe, habe er auf den Philippinen Zugriff auf seine Konten gehabt.

Daher könne sich der Kläger nicht auf einen außergewöhnlichen und unvorhersehbaren Umstand, wie Zufall, höhere Gewalt oder einen entschuldbaren Irrtum, berufen.

Selbst wenn mit dem Klägervortrag bewiesen sei, dass er den Überweisungsauftrag ordnungsgemäß vor Ablauf der Frist für die Zahlung der Verlängerungsgebühr erteilt habe, so ändere sich nichts am Ausgang des Verfahrens. Denn die vorgelegten Beweise könnten nicht belegen, dass der Kläger mit aller gebotenen Sorgfalt gehandelt habe, damit die Zahlung der Gebühr fristgerecht beim EUIPO eingegangen sei.

Mit Ablauf der Frist ohne Entrichtung der Verlängerungsgebühren habe das EUIPO daher i.S.d. Art. 58 Abs. 8 UMV rechtmäßig festgestellt und dem Kläger mitgeteilt, dass die Eintragung abgelaufen sei und das Amt daher die Marke im Register lösche.


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