Fahrerflucht und Versicherung: BGH-Urteil schafft Klarheit

17.12.2012, Autor: Herr Frank Brüne / Lesedauer ca. 2 Min. (1893 mal gelesen)
Wer sich vom Unfallort entfernt, ohne dem Unfallgegner oder der Polizei seine Personalien mitzuteilen, riskiert nicht in jedem Fall den Versicherungsschutz für das eigene Fahrzeug.

Wer sich vom Unfallort entfernt, ohne dem Unfallgegner oder der Polizei seine Personalien mitzuteilen, riskiert nicht in jedem Fall den Versicherungsschutz für das eigene Fahrzeug. Dies gilt, wenn der Unfallverursacher zumindest seine Versicherung nachträglich über den Schaden informiert hat, wie der Bundesgerichtshof in Karlsruhe in einem Urteil nun entschieden hat (Az.: IV ZR 97/11).

Halter soll Schaden selbst bezahlen

Im aktuellen Fall war der Halter eines Fahrzeuges gegen 1 Uhr morgens von einer Landstraße abgekommen und gegen einen Baum geprallt. Nach seiner Aussage sei der Unfall unvermeidbar gewesen, da er die Straße querenden Rehen ausweichen musste. Sowohl der Baum als auch das Fahrzeug trugen dabei einen Schaden davon. Der Autofahrer ließ sich daraufhin vom ADAC abschleppen, ohne die Polizei oder das zuständige Straßenbauamt zu informieren.
Kurz darauf – am nächsten Tag – informierte er seine Vollkaskoversicherung über den Schaden und wollte diesen ausgeglichen haben. Die Versicherung jedoch verwies darauf, dass der fahrende Halter sich wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort strafbar gemacht habe, schließlich habe er weder der Polizei noch dem Straßenbauamt den Unfall mitgeteilt oder zumindest seine Personalien nicht rechtzeitig nachgereicht. Laut den Allgemeinen Kaskoversicherungsbedingungen würde dies auch den Versicherungsschutz entfallen lassen, womit der Halter auf seinem Schaden von rund 27.000 € selber sitzen bleiben müsse.

Kein automatischer Verlust der Versicherung

Hiergegen klagte der Halter und verlor vor dem Landgericht und vor dem Oberlandesgericht, die sich jeweils der Argumentation der Versicherung anschlossen. Erst vor dem BGH erhielt der Kläger Recht zugesprochen. Das Gericht war der Auffassung, dass der Halter durch seine unverzügliche Information an die Versicherung den Schutz behalten habe. Die Meldung an die Versicherung zu einem Zeitpunkt, der auch die Strafbarkeit wegen einer „Fahrerflucht“ hätte entfallen lassen, könne ausreichen, um gegenüber der Versicherung – wie gefordert – alles Notwendige zur Aufklärung des Sachverhaltes zu leisten. Zumindest würde der Versicherungsschutz nicht automatisch entfallen, wenn der Unfallverursacher sich nicht beim Unfallgegner oder der Polizei melde.

Unfall unbedingt aufklären, ansonsten Schweigen!

Das Karlsruher Urteil begünstigt Fahrzeughalter gegenüber ihren Kaskoversicherungen ungemein. Im Falle eines Unfalls eröffnet es nun die Möglichkeit, zumindest den Versicherungsschutz nicht zu verlieren. Nichtsdestotrotz ist es keineswegs ein Freibrief für Unfallverursacher. Aus anwaltlicher Sicht sollten Unfallverursacher stets und sofort bei der Polizei oder dem Unfallgegner und auf jeden Fall bei Ihrer Versicherung den Schaden anzeigen. Andererseits sollte man sich keineswegs noch am Unfallort zum Hergang des Unfalls irgendwem gegenüber äußern oder gar eine Schuld eingestehen: Ein Verweis, dass ein Anwalt die Sache regeln wird, kann das eigene Haftungsrisiko in vielen Fällen vermindern.
Von der Entscheidung des BGH ist allein der Versicherungsschutz in der (Voll-)Kaskoversicherung betroffen. Im Rahmen des Haftpflichtversicherungsschutzes muss die Versicherung zwar den Fremdschaden regulieren. Das vorstehende Urteil des BGH schützt den Fahrer/Halter aber nicht vor dem dann folgenden Regress seiner Haftpflichtversicherung.


Frank Brüne

Rechtsanwalt,
Steuerberater