Gemeinsame Vergütungsregeln für freie hauptberufliche Journalistinnen und Journalisten an Tageszeitungen

Autor: Prof. Dr. Elmar Schuhmacher, RA + FA für Urheber- und Medienrecht, Lungerich Lenz Schuhmacher, Köln
Aus: IP-Rechtsberater, Heft 08/2014
Für die Anwendung der Gemeinsamen Vergütungsregeln ist es unerheblich, ob der Journalist oder die Journalistin hauptberuflich an Tageszeitungen tätig ist. Soweit nach den Gemeinsamen Vergütungsregeln für die Berechnung des Honorars die Höhe der Auflage der Zeitung maßgeblich ist, ist nicht auf die Gesamtauflage abzustellen, sondern auf die Auflagen der Teilausgaben, in denen die Beiträge erschienen sind.

OLG Köln, Urt. v. 31.1.2014 - 6 U 145/13 (nrkr.)

Vorinstanz: LG Köln, Urt. v. 17.7.2013 - 28 O 695/11

UrhG §§ 32 Abs. 2, 36

Das Problem:

Eine Tageszeitung mit einer Gesamtauflage von 90.000 Stück wird von einem selbständigen Journalisten auf Zahlung einer weiteren Vergütung nach § 32 UrhG in Anspruch genommen. Er hatte über 400 Zeitungsbeiträge mit regionalem Bezug verfasst, die in verschiedenen Regionalteilen der Tageszeitung veröffentlicht worden sind. Dafür erhielt er ein Zeilenhonorar von in der Regel 0,25 €. Fahrtkosten wurden ihm nicht erstattet. Er ist der Ansicht, dies stelle keine angemessene Vergütung dar, da die Gemeinsamen Vergütungsregeln für freie hauptberufliche Journalistinnen und Journalisten an Tageszeitungen vom 1.2.2010 in § 3 für „Nachrichten/Berichte” eine Vergütung von 0,73 €–0,79 € pro Zeile mit 34–40 Buchstaben festlegen, sofern der Urheber dem Verlag ein Erstdruckrecht eingeräumt hat und der Zeitungsbeitrag in einem Medium mit einer Auflagenhöhe von 50.000–100.000 Exemplaren erschienen ist. Das LG hat im Wege der Schätzung angenommen, ein Zeilenhonorar von 0,56 € sei angemessen und dem Zahlungsantrag insoweit stattgegeben. Zwar enthielten die Gemeinsamen Vergütungsregeln für den streitgegenständlichen Sachverhalt keine Regelung, aber dennoch seien sie als Ausgangspunkt für eine Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO heranzuziehen. Gegen diese Entscheidung wendet sich die Tageszeitung mit der Berufung. Sie hält das Zeilenhonorar für zu hoch, weil ihr kein ausschließliches Nutzungsrecht eingeräumt worden und die Auflagenhöhe falsch bemessen sei. Der Journalist legt Anschlussberufung ein. Er ist der Ansicht, der durch das LG angesetzte Abschlag und die Nichtgewährung der Fahrtkostenerstattung seien nicht gerechtfertigt.

Die Entscheidung des Gerichts:

Das OLG sieht die Berufung als teilweise begründet an und weist die Anschlussberufung zurück.

Hauptberuflichkeit: Es stellt fest, dass es zu einer Eröffnung des Anwendungsbereichs der Gemeinsamen Vergütungsregeln nicht erforderlich sei, dass der betreffende Journalist hauptberuflich an Tageszeitungen tätig sei. Als Indiz für die Hauptberuflichkeit genüge ein Presseausweis, der Nachweis in der Künstlerversicherung versichert zu sein oder eine vergleichbare Bescheinigung. Es wäre daher wenig konsistent, nun eine weitere Voraussetzung zu fordern, deren Inhalt völlig unklar bliebe und über deren Nachweismöglichkeit in den Gemeinsamen Vergütungsregeln keine Aussage getroffen wird.

Nutzungsrecht: Maßgebend für den zur Anwendung kommenden Tarif sei in erster Linie, ob der Journalist der Tageszeitung ein ausschließliches oder ein einfaches Nutzungsrecht (Erstdruckrecht oder Zweitdruckrecht) eingeräumt habe. Unter Anwendung der Zweckübertragungsregel des § 31 Abs. 5 UrhG sei hier davon auszugehen, dass nur ein einfaches Nutzungsrecht eingeräumt worden sei, da nicht erkennbar sei, dass der Erwerb eines ausschließlichen Nutzungsrechts zur Erreichung des Zwecks des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrags nicht erforderlich gewesen sei. Allein der Umstand, dass ein solches ausschließliches Nutzungsrecht im Interesse der einen oder der anderen Partei gelegen haben könnte, könne nicht begründen, dass in Abweichung von der Regelung des § 38 Abs. 3 Satz 1 UrhG gehandelt wurde, wonach die Einräumung eines einfachen Nutzungsrechtes den Regelfall darstelle. Es sei daher auf die Gemeinsamen Vergütungsregeln den Fall des einfachen Nutzungsrechts abzustellen. Abschläge davon seien nicht gerechtfertigt.

Auflagenhöhe: Gemäß § 2 Abs. 1 der Gemeinsamen Vergütungsregeln ist diese neben dem Umfang der Rechtseinräumung maßgeblich. Aus dem Wortlaut des § 2 Abs. 2 der Gemeinsamen Vergütungsregeln ergäbe sich, dass dabei auf die Auflagen der Teilausgaben, in denen die Beiträge erschienen sind, abzustellen sei. Es komme somit auf die Auflage der konkreten Ausgabe an, in der der Beitrag erschienen ist.

Fahrtkostenerstattung: Dieser Anspruch gem. § 5 der Gemeinsamen Vergütungsregeln sei kein Teil der nach § 32 UrhG geschuldeten angemessenen Vergütung, sondern er regele einen darüber hinausgehenden Anspruch, da er in den Gemeinsamen Vergütungsregeln eine eigenständige Regelung erfahren habe. Für den Zeitraum vor ihrem Inkrafttreten könne ein Anspruch auf Fahrtkosten daher nicht auf § 32 UrhG gestützt werden. 0,30 € pro gefahrenem Kilometer seien dabei als angemessen anzusehen. Auf eine tatsächliche Erstattung des Verlags auf Basis eines niedrigeren Betrages sei nicht abzustellen, solange dies nicht in Verlagsrichtlinien geregelt sei.


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