„Gesichert rechtsextremistisch“: Welche Rechte haben AfD-nahe Beamte?

08.05.2025, Redaktion Anwalt-Suchservice
Beamte,AfD,gesichert,rechtsextremistisch Was bedeutet die AfD-Einstufung © - freepik
Das Wichtigste in Kürze

1. rechtliches Gehör: AfD-nahe Beamte haben Anspruch darauf zu erfahren, worauf sich von ihrem Diensherren gegen sie erhobene Extremismus-Vorwürfe stützen und müssen Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.

2. nachvollziehbare Begründung: Disziplinarmaßnahmen dürfen nicht allein auf geheime Informationen des Verfassungschutzes gestützt werden. Die Vorwürfe müssen konkret und nachprüfbar sein.

3. gerichtliche Überprüfung: Beamte können dienstrechtliche Maßnahmen vor dem Verwaltungsgericht anfechten. Das Gericht prüft die Beweislage, die Verhältnismäßigkeit und Verfassungskonformität der angeordneten Disziplinarmaßnahme.
Der Bundesverfassungsschutz, eine dem Bundesinnenministerium unterstellte Behörde, hat die Partei AfD Anfang Mai 2025 in einem ca. 1.100 Seiten umfassenden Gutachten als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft – allerdings ohne öffentliche Nennung der Gründe. Für Beamte, die der AfD nahestehen oder AfD-Mitglied sind, stellt sich nun die Frage, ob sie deshalb mit dienstrechtlichen Konsequenzen rechnen müssen.

Update 08.05.2025: BfV verzichtet während des Eilverfahrens auf öffentliche Nennung


Im Eilverfahren der AfD gegen ihre Einstufung als „gesichert rechtsextremistische Bestrebung“ hat das Bundesamt für Verfassungsschutz heute vor dem Verwaltungsgericht Köln eine sog. „Stillhaltezusage“ abgegeben. Der Bundesverfassungsschutz hat sich darin verpflichtet, die AfD bis zur Entscheidung öffentlich nicht als „gesichert rechtsextremistische Bestrebung“ zu bezeichnen.

Was bedeuten Verfassungstreue und Neutralitätsgebot für Beamte?


Beamte müssen die Verfassung nicht nur akzeptieren, sondern aktiv für sie eintreten (§ 33 Abs. 1 BeamtStG). Wer sich öffentlich oder innerhalb einer extremistischen Partei gegen die Grundordnung wendet, kann als verfassungsuntreu gelten. Das kann die Eignung für den Staatsdienst in Frage stellen.

Beamte dürfen ihre politische Meinung privat haben, müssen sich im Dienst aber neutral verhalten. Öffentliche Parteinahme für extremistische Positionen – auch in sozialen Medien – kann gegen diese Pflicht verstoßen und disziplinarische Folgen haben (§ 33 Abs. 2 BeamtStG).

Welche rechtlichen Konsequenzen drohen Beamten bei Verstößen?


Bei einem Verstoß gegen die Grundsätze der Verfassungstreue und Neutralitätspflicht, z.B. durch Mitgliedschaft in einer extremistischen Partei oder durch öffentliche extremistische Äußerungen, kann ein Disziplinarverfahren gegen den betreffenden Beamten eingeleitet werden. Mögliche Maßnahmen des Dienstherren sind:

- Verweis (schriftliche Rüge),
- Geldbuße,
- Kürzung der Dienstbezüge,
- Zurückstufung in ein niedrigeres Amt,
- Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (in schwerwiegenden Fällen)

Unter welchen Voraussetzungen drohen Beamten Disziplinarmaßnahmen wegen Extremismus?


Die bloße Mitgliedschaft in oder Nähe zu einer extremistischen Partei führt nicht automatisch zu dienstrechtlichen Konsequenzen. Entscheidend sind vielmehr:

- Art und Umfang des Engagements,
- Funktion innerhalb der extremistischen Partei,
- konkrete Äußerungen oder Handlungen in der Eigenschaft als Beamter,
- die dienstliche Stellung des Beamten

Diese Merkmale sind mit Blick auf die Einhaltung der Verfassungstreue und des Neutralitätsgebotes des betreffenden AfD-nahen Beamten im konkreten Einzelfall zu prüfen.

Drohen wegen der Einstufung „gesichert rechtsextremistisch“ automatisch dienstrechtliche Konsequenzen?


Nein, die Einstufung der AfD durch den Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextremistisch“ ist für Behörden nicht rechtlich bindend. Sie reicht deshalb nicht dafür aus, dass eine Behörde automatisch gegen einen Beamten dienstrechtlich vorgehen kann – etwa ihn zu entlassen oder zu disziplinieren. Eine Partei gilt erst dann als extremistisch gesichert eingestuft, wenn dies durch das Bundesverfassungsgericht in einem Urteil festgestellt wurde.

Welche Rolle spielt es, dass die Begründung geheim ist?


Wenn die Begründung für die extremistische Einstufung wie im Fall der AfD nicht veröffentlicht wurde, dürfen daraus keine dienstrechtlichen Nachteile für einen Beamten abgeleitet werden. Das gebietet das Grundrecht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz). Jeder Beamte muss die Möglichkeit haben, sich zu verteidigen und die Argumente seines Dienstherrn nachzuvollziehen.

Wie können sich Beamte gegen Disziplinarmaßnahmen wehren?


Beamte können sich auf mehreren Wegen gegen Disziplinarmaßnahmen ihres Dienstherren wehren. Dabei gelten klare rechtliche Regeln und Fristen:

1. Anhörung im Disziplinarverfahren
Bevor eine Disziplinarmaßnahme verhängt wird, muss der Beamte angehört werden. Er hat das Recht die Umstände zu erfahren, die Grundlage des Disziplinarverfahrens gegen ihn sind. Er hat das Recht, sich zu äußern und entlastende Umstände vorzutragen. Geht es um Extremismusvorwürfe, sollte unbedingt auch ein Rechtsbeistand eingeschaltet werden.

2. Widerspruch einlegen
Wenn eine Disziplinarmaßnahme erlassen wird (z. B. Verweis oder Kürzung der Bezüge), kann der Beamte schriftlich Widerspruch einlegen – in der Regel innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe.

3. Klage vor dem Verwaltungsgericht
Wird der Widerspruch abgelehnt oder gibt es keine Widerspruchsmöglichkeit (z. B. bei schwereren Maßnahmen wie Entfernung aus dem Dienst), kann der Beamte Klage beim Verwaltungsgericht einreichen.

4. Eilrechtsschutz
Bei besonders schweren Maßnahmen (z. B. sofortige Suspendierung) kann der betroffene Beamte vorläufigen Rechtsschutz beantragen, um die Maßnahme vorläufig zu stoppen, bis das Gericht in der Hauptsache entscheidet.

Fazit


Die Einstufung einer Partei durch den Verfassungsschutz als extremistisch allein reicht nicht aus, um Beamte zu sanktionieren. Dies gilt erst recht, wenn die Begründung geheim bleibt. Behörden und die ggf. angerufenen Gerichte müssen in jedem Einzelfall prüfen, ob das Verhalten eines Beamten tatsächlich Zweifel an seiner Verfassungstreue begründet. Nur auf dieser Basis sind dienstrechtliche Maßnahmen rechtlich haltbar.

Praxistipp zu Beamtenrechten bei Extremismusvorwurf


Sie sind Beamter und Ihr Dienstherr hat eine Disziplinarmaßnahme wegen politischem Extremismus gegen Sie eingeleitet? Dann empfiehlt es sich dringend, einen im Beamtenrecht spezialisierten Anwalt zur Beratung und Vertretung aufzusuchen.

(Bu)


 Stephan Buch
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