Gestaltung von Vergütungsverträgen bei Verwertungsgesellschaften

Autor: Rechtsanwalt Prof. Dr. Elmar Schuhmacher, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, LLS Lungerich Lenz Schuhmacher, Köln
Aus: IP-Rechtsberater, Heft 03/2015
Die vorbehaltlose Zahlung bzw. Entgegennahme der in einem Gesamtvertrag vereinbarten Vergütung über einen Zeitraum von fast 50 Jahren begründet eine Vermutung dafür, dass die vereinbarte Vergütung nach Auffassung der Vertragsparteien als angemessen gem. § 12 UrhWG anzusehen ist. Begehrt eine Verwertungsgesellschaft eine Erhöhung dieser Vergütung, trägt sie die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die vereinbarte Vergütung von Anfang an unangemessen war. Eine Verwertungsgesellschaft ist nicht verpflichtet, zusammen mit einer anderen Verwertungsgesellschaft und einer Nutzervereinigung über die von beiden Verwertungsgesellschaften wahrgenommenen Rechte und Ansprüche einen gemeinsamen Gesamtvertrag abzuschließen.

BGH, Urt. v. 18.6.2014 - I ZR 215/12

Vorinstanz: OLG München, Urt. v. 27.9.2012 - 6 Sch 13/10 WG

UrhWG §§ 12, 13 Abs. 3 S. 3, 16 Abs. 4 S. 3

Das Problem

Die GVL verlangt von der Bundesvereinigung der Musikveranstalter, einem Zusammenschluss von Verbänden, zu deren Mitgliedern auch etwa 150–200 Tanzschulen gehören, die Festsetzung eines neuen Vergütungsvertrages für die der Nutzung ihres Repertoires in Tanzschulen. Seit 1961 bestand zwischen beiden ein Gesamtvertrag. Danach war für die öffentliche Wiedergabe eine Vergütung i.H.v. 20 % des entsprechenden GEMA-Tarifs zu zahlen. Diesen Vertrag kündigte die GVL und fordert mit der Begründung, dass die Leistungen von Leistungsschutzberechtigten und Urhebern gleichwertig seien, eine Vergütung i.H.v. 100 % des jeweiligen GEMA-Tarifs. Die Bundesvereinigung verlangt demgegenüber den Abschluss eines Gesamtvertrages mit GEMA und GVL, wonach die Gesamtvergütung 120 % des GEMA-Tarifs betragen soll. Nach vorausgegangenem Verfahren vor der Schiedsstelle erkennt das OLG unter Abweisung der weitergehenden Klage und der Widerklage der GVL eine Vergütung i.H.v. 30 % des GEMA-Tarifs zu. Mit der zugelassenen Revision verfolgen die Parteien ihre Forderungen weiter.

Die Entscheidung des Gerichts

Der BGH hebt das Urteil auf, soweit dort auf eine Vergütung i.H.v. 30 % des GEMA-Tarifs erkannt wurde und verweist die Sache zurück an das OLG. Die Revision hinsichtlich der Widerklage weist er zurück.

Festsetzung der Vergütung: Diese erfolge durch das OLG nach billigem Ermessen (§ 16 Abs. 4 S. 3 UrhWG), wobei dem OLG ein weiter Ermessensspielraum eingeräumt sei. Seine Entscheidung unterliege insoweit nur einer Überprüfung auf fehlerfreie Ermessensausübung. Eine solche läge hier allerdings nicht mehr vor.

Vermutung: Eine vorbehaltlose Zahlung bzw. Entgegennahme der vereinbarten Vergütung über einen Zeitraum von fast 50 Jahren bis zur Beendigung dieses Gesamtvertrags begründeten die Vermutung, dass die vereinbarte Vergütung nach der übereinstimmenden Auffassung der Vertragsparteien angemessen gem. § 12 UrhWG war. Dies rechtfertige es, einer Verwertungsgesellschaft, die nach der Beendigung des bisherigen Gesamtvertrags eine Erhöhung der Vergütung begehre, die Darlegungs- und Beweislast für ihre Behauptung aufzuerlegen, die vereinbarte Vergütung sei von Anfang an unangemessen gewesen.

Belastungsgrenze: Eine Vergütung sei auch nicht schon allein deshalb angemessen i.S.v. § 12 UrhWG, weil sie eine Belastungsgrenze nicht überschreite. Vorliegend gelte vielmehr auch für die insgesamt zu zahlende Vergütung, dass sich ihre Angemessenheit nach den bisherigen Vereinbarungen der Parteien beurteile. Wenn es keine Änderung der maßgeblichen Umstände gäbe, könne sich daher die insgesamt zu zahlende Vergütung nicht allein deshalb erhöhen, weil die wirtschaftliche Bedeutung der von der GEMA und der GVL wahrgenommenen Rechte in ihrem Verhältnis zueinander für den hier in Rede stehenden Verwertungsvorgang anders zu beurteilen sei.

Gemeinsamer Gesamtvertrag: Eine Verwertungsgesellschaft sei nach § 12 UrhWG lediglich verpflichtet, mit Vereinigungen, deren Mitglieder nach dem UrhG geschützte Werke oder Leistungen nutzen oder zur Zahlung von Vergütungen nach dem UrhG verpflichtet sind, über die von ihr wahrgenommenen Rechte und Ansprüche Gesamtverträge zu angemessenen Bedingungen abzuschließen, aber – mangels entsprechender Rechtsgrundlage – dagegen nicht verpflichtet, auch gemeinsam mit einer anderen Verwertungsgesellschaft mit einer Nutzervereinigung über die von beiden Verwertungsgesellschaften wahrgenommenen Rechte und Ansprüche Gesamtverträge abzuschließen.


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