Kaskoschaden: Falschangaben in der Schadensanzeige führen zu Leistungsfreiheit der Versicherung

31.03.2010, Autor: Herr Sven Skana / Lesedauer ca. 3 Min. (3883 mal gelesen)
Vorliegend verlangte der Versicherungsnehmer aus der Vollkaskoversicherung von der Versicherung Entschädigung wegen eines Unfallschadens an seinem Pkw. Nach einem Überholmanöver verlor der VN die Kontrolle über sein Fahrzeug und schleuderte über die gesamte Fahrbahn. Beim Ausfüllen des Schadensformulars der Versicherung gab er wahrheitswidrig eine Geschwindigkeit von 70 km/h an. Ein Sachverständigengutachten stellte eine Geschwindigkeit von 95 km/h unstreitig fest. Auf Grund dieser falschen Angabe hat die Versicherung die Leistungen des VN abgelehnt.

Die Versicherung ist wegen vorsätzlicher Obliegenheitsverletzung durch die Falschangabe in der Schadenanzeige leistungsfrei. Bei der Angabe über die Geschwindigkeitsangabe zum Zeitpunkt des Unfalls handelt es sich nicht um eine circa-Angabe. Die vorliegende Abweichung fällt zudem aus dem hinnehmbaren Toleranzbereich heraus. Die Frage nach der Geschwindigkeit betrifft den zum Schaden führenden Kausalverlauf und ist somit sachdienlich. Der VN wusste zudem, dass er 25 km/h zu schnell gefahren ist. Nach § 6 Abs. 3 S.1 VVG a.F. muss der VN beweisen, dass die Falschangabe nicht vorsätzlich erfolgt ist. Hier ist die Versicherung nach § 6 Abs.3 S.1 VVG a.F. leistungsfrei.

Auch für Fälle, in denen das neue VVG einschlägig ist (bei Abschluss eines Neuvertrags ab 01.01.2008 oder Vorliegen eines Versicherungsfall bei Altverträgen ab 01.01.2009), muss der VR beweisen, dass der VN die Unwahrheit seiner Angabe, hier 70 km/h, genannt hat.
Geändert hat sich aber, dass es die Vorsatzvermutung des § 6 Abs. 3 S.1. VVG a.F. nicht mehr gibt. Nach § 28 Abs. 2 S.1. VVG n.F. trägt jetzt der VR die Beweislast für Vorsatz des VN. Die Leistungsfreiheit entfällt nach neuem Recht also, wenn der VN den Kausalitätsgegenbeweis führen kann. Das heißt sie entfällt dann, wenn die Obliegenheitsverletzung weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalls noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des VR ursächlich ist.
Wenn der VN aber durch Falschangaben die Versicherungsleistung erlangen und verhindern will, dass sich der VR bei wahren Angaben auf Leistungsfreiheit berufen könnte, nützt ihm der Kausalitätsbeweis nichts.
Die Leistungsfreiheit setzt nach neuem Recht eine schriftliche Rechtsbelehrung des VR voraus.

Bei grob fahrlässiger Herbeiführung eines Versicherungsfalls durch den VN tritt nicht mehr, wie nach altem Recht, Leistungsfreiheit des VR ein, wenn der VR den Verzicht auf den Einwand der grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalls nicht erklärt hat. Der VR kann nur je nach der Schwere des Verschuldens des VN die Leistung kürzen. Die „Kürzung auf Null“ ist jedoch nicht mehr möglich, da der grob fahrlässig handelnde VN sonst mit einem Vorsatztäter gleichgestellt werden würde.

(OLG Saarbrücken 19.11.2008, 5 U 78/08)

Hinweis:
Bitte beachten Sie, dass das oben geschilderte Urteil nicht verallgemeinerungsfähig ist. Vielmehr bedarf es einer genauen Prüfung des Einzelfalls, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung. Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gern im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

Der Autor Sven Skana ist Fachanwalt für Verkehrsrecht, Spezialist für Verkehrs-Unfallrecht sowie Spezialist für Führerscheinangelegenheiten im Betäubungsmittelrecht. Er ist Partner in der Kanzlei Roscher, Johlige & Partner in Berlin-Charlottenburg, Kurfürstendamm 28, 10 719 Berlin, Tel: 030/886 81 505.