LG Hamburg, Urt. 9.12.2020 - 308 O 431/17

Zum Urheberrecht an dem bekannten Lied „Hey, Pippi Langstrumpf“

Autor: Dr. Danjel-Philippe Newerla, Kanzlei Dr. Newerla, Bremerhaven
Aus: IP-Rechtsberater, Heft 03/2021
Das LG Hamburg hat den Erben von Astrid Lindgren die Urheberrechte an dem bekannten Pippi Langstrumpf-Lied zugesprochen.

UrhG §§ 2 Abs. 1 Nr. 1, 23, 24; InfoSocRL Art. 5 Abs. 3 k)

Das Problem

Die Klägerin ist eine Gesellschaft schwedischen Rechts, welche die Erbengemeinschaft der schwedischen Autorin Astrid Lindgren repräsentiert. Die Beklagte zu 1. ist ein Musikverlag. Die Beklagte zu 2) war die Ehefrau des Autors Dr. Wolfgang Franke und ist nach seinem Tod Rechtsnachfolgerin geworden. Die Klägerin verlangt von den Beklagten im Wesentlichen Unterlassung, Auskunftserteilung, Rechnungslegung sowie Schadensersatzfeststellung wegen diverser Nutzungen des von Herrn Dr. Wolfgang Franke verfassten Textes des berühmten Pippi Langstrumpf-Liedes („Hey, Pippi Langstrumpf“). Herrn Dr. Wolfgang Franke hat auf Basis der schwedischen Ursprungsfassung des Pippi Langstrumpf-Liedes die verfahrensgegenständliche deutschsprachige Textfassung des Liedes unter dem Titel „Hei, Pippi Langstrumpf“ erstellt. Die Klägerin behauptete, der verfahrensgegenständliche Liedtext „Hey, Pippi Langstrumpf, verletze sowohl ihre Urheberrechte an dem Liedtext „Här kommer Pippi Langstrump“ (schwedische Ursprungsfassung aus dem Jahr 1969 verfasst von Astrid Lindgren) als auch die ihr zustehenden Urheberrechte am Charakter der Figur Pippi Langstrumpf, hilfsweise an der Fabel aus den Pippi Langstrumpf-Romanen. Die Beklagten bestreiten, dass Astrid Lindgren den Liedtext „Här kommer Pippi Langstrump“ verfasst habe. Zusätzlich berufen sich die Beklagten auf eine konkludente Genehmigung seitens Astrid Lindgrens, indem diese 1970 dem Koproduktionsvertrag vom 13.4.1970 für die deutsche Version des Films „Pippi Longstockings on the run“ zugestimmt habe. Hilfsweise argumentieren die Beklagten damit, dass es sich bei dem angegriffenen Liedtext um eine freie Benutzung . S d § 24 UrhG bzw. ein Pastiche i.S.d. Art. 5 Abs. 3 k) InfoSocRL handele.

Die Entscheidung des Gerichts

Das LG Hamburg hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben.

Die deutsche verfahrensgegenständliche Textfassung des Pippi Langstrumpf-Liedes verletze das Urheberrecht der Erben an der literarischen Figur Pippi Langstrumpf. Dabei genieße nach Auffassung der Hamburger Richter die Figur Pippi Langstrumpf Urheberschutz als Sprachwerk i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG, da die Figur der Pippi Langstrumpf die Voraussetzungen für einen isolierten urheberrechtlichen Schutz eines fiktiven Charakters erfülle. Hinzuweisen sei auf die Rechtsprechung des BGH (BGH, Urt. v. 17.7.2013 – I ZR 52/12) mit welcher dieser festgestellt habe, dass der Figur der Pippi Langstrumpf urheberrechtlicher Schutz zuzusprechen ist.

Der angegriffene Liedtext sei eine unfreie Bearbeitung der Figur Pippi Langstrumpf i.S.d. § 23 UrhG. Auch lägen die Voraussetzungen einer freien Benutzung nicht vor, da nicht nur der Name „Pippi Langstrumpf“, sondern auch diverse Charaktereigenschaften dieser fiktiven Figur übernommen worden seien. Eine Verwertung des verfahrensgegenständlichen Pipi Langstrumpf-Liedes sei nur mit Einwilligung der Erben Astrid Lindgrens zulässig.


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