OLG Frankfurt, Urt. 9.5.2017 - 11 U 153/16

Bundesländer haftet für Urheberrechtsverletzungen ihrer Lehrer

Autor: RA Dr. Ilja Czernik, SKW Schwarz Rechtsanwälte, Berlin
Aus: IP-Rechtsberater, Heft 04/2018
Für Urheberrechtsverletzungen eines im Dienst des Landes stehenden Lehrers, auf einer Schulhomepage haftet das Land gem. § 99 UrhG. Die inhaltliche Ausgestaltung einer Homepage unterfällt dem Bereich des staatlichen Bildungsauftrags. Der in einem schulischen Umfeld erfolgte Urheberrechtsverstoß begründet allein die Vermutung der Wiederholung für gleichgelagerte, ebenfalls in einem schulischen Umfeld erfolgende Verstöße, nicht dagegen Verstöße in allen Behörden des beklagten Landes. Der auf die Verletzungshandlung bezogene „insbesondere”-Zusatz kann keine notwendige Konkretisierung eines Verbots herbeiführen. Ein solcher „insbesondere”-Zusatz ist lediglich eine Auslegungshilfe für den abstrakt formulierten Antrag, führt aber nicht zu dessen Einschränkung.

OLG Frankfurt, Urt. v. 9.5.2017 - 11 U 153/16

Vorinstanz: LG Frankfurt/M., Urt. v. 30.11.2016 - 2-6 O 175/16

UrhG § 99; HSchG § 92;

Das Problem

Die Homepage der A-Schule in O1 bot einen E-card-Service an. Hierüber konnte ein Cartoon, an dem die Klägerin die ausschließlichen Nutzungsrechte hielt, ausgewählt und versendet werden. Träger der Schule ist der Landkreis Y. Ein an der Schule tätiger, im Dienst des beklagten Landes stehender Lehrer hatte hierfür den Cartoon hochgeladen und so der Öffentlichkeit über die Homepage zugänglich gemacht.

Die Klägerin nahm das Land auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz i.H.v. € 1.200 sowie Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten i.H.v. € 1.239,40 in Anspruch. Der Unterlassungsantrag richtete sich dabei gegen alle zukünftigen Internetveröffentlichungen der dem beklagten Land zuzurechnenden Behörden und lautete

„Das beklagte Land wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft oder der Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, den in Anlage K 1 abgebildeten Cartoon von ABC öffentlich zugänglich zu machen, insbesondere wenn dies geschieht wie am 22.12.2015 unter http://www.”.

Diesem Verlangen gab das LG Frankfurt im Wesentlichen statt. Es beschränkte lediglich den Schadenersatzanspruch auf € 750,00.

Gegen dieses Urteil legte das beklagte Land Berufung ein, beschränkte diese jedoch auf das Vorgehen gegen den tenorierten Unterlassungsantrag sowie die Verurteilung zur Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten soweit diese einen Betrag von € 169,50 überstiegen.

Die Entscheidung des Gerichts

Das OLG Frankfurt gab der Berufung teilweise statt.

Nach seiner Auffassung bestehe ein Unterlassungsanspruch nur wegen der öffentlichen Zugänglichmachung des streitgegenständlichen Cartoons auf schulischen Homepages. Soweit die Klägerin darüber hinausgehend den Unterlassungsanspruch auf alle Internetveröffentlichungen des beklagten Landes gerichtet habe, sei das Urteil aufzuheben gewesen. Wegen dieser Einschränkung des tenorierten Unterlassungsantrags sei korrespondierend eine Reduzierung der Abmahngebühr gerechtfertigt.

In der Folge bestünde zunächst grundsätzlich ein Unterlassungsanspruchsgegenüber dem beklagten Land. Dieses und nicht etwa der Landkreis Y als Schulträger hafte nach § 99 UrhG für die Handlung des in seinem Dienst stehenden Lehrers. § 99 UrhG bestimme, dass der Verletzte die Ansprüche aus § 97 Abs. 1 UrhG auch gegen den Inhaber des Unternehmens geltend machen könne, soweit seine Rechte durch einem in dem Unternehmen beschäftigen Arbeitnehmer widerrechtlich verletzt worden seien. Hiervon sei im streitgegenständlichen Fall auszugehen. Der Begriff des Unternehmens i.S.d. § 99 UrhG sei weit zu verstehen, weswegen auch das beklagte Land als juristische Personen des öffentlichen Rechts vom persönlichen Anwendungsbereich des § 99 UrhG erfasst sei. Zudem habe der Lehrer im für den sachlichen Anwendungsbereich des § 99 UrhG notwendigen Einflussbereich des beklagten Landes und nicht etwa im Aufgabenbereich des Landeskreises als Schulträger gehandelt. Denn vorliegend sei es um die inhaltliche Ausgestaltung einer Schulhomepage gegangen, die nach § 92 HSchG dem, vom beklagten Land wahrzunehmenden, staatlichen Bildungsauftrags zuzurechnen sei. Bei dem Internetauftritt einer Schule gehe es maßgeblich um die Vermittlung der inhaltliche Ausrichtung, der vorhandenen pädagogischen Schwerpunkte sowie der besonderen schulischen Angebote. Ob sich dieser pädagogische Auftrag auch im Rahmen des E-card-Services widerspiegele, sei dabei irrelevant, da es für den pädagogischen Bezug allein auf die Gesamtbetrachtung des schulischen Internetauftritts ankomme.

Die Haftungsfolge aus § 99 UrhG sei jedoch allein auf die schulische Nutzung beschränkt. Deswegen sei der Unterlassungsantrag der Klägerin, soweit er sich gegen sämtliche behördlichen Handlungen gerichtet habe, zu weitgehend gewesen. Hierfür fehle nämlich wegen des explizit schulbezogenen Inhalts des Cartoons sowie der streitgegenständlichen Verletzungshandlung im Rahmen einer schulischen Homepage die Wiederholungsgefahr. Der Unterlassungsantrag sei auch nicht bloß auf die schulische Handlungen gerichtet gewesen. Zwar würden diese Handlungen im Rahmen eines „insbesondere”-Zusatz benannt. Für die notwendige Konkretisierung des Verbots reiche dies aber nicht aus, da ein „insbesondere”-Zusatz lediglich eine Auslegungshilfe aber keine Einschränkung sei.

Wegen der Einschränkung des Unterlassungsanspruchs wäre korrespondierend eine Beschränkung des Anspruchs auf Erstattung vorprozessualer Rechtsanwaltskosten gerechtfertigt gewesen.


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