OLG Hamm, Urt. 16.11.2016 - 12 U 52/16

Zur Beschränkung eines Internetangebots auf Gewerbetreibende

Autor: RA Martin Boden, LL.M., FA für Gewerblichen Rechtsschutz, FA für Urheber- und Medienrecht, BODEN RECHTSANWÄLTE, www.boden-rechtsanwaelte.de
Aus: IP-Rechtsberater, Heft 03/2017
Die Beschränkung eines Internetangebots auf Gewerbetreibende ist grundsätzlich möglich. Es muss jedoch deutlich darauf hingewiesen und sichergestellt werden, dass ein Vertragsschluss mit Verbrauchern nicht möglich ist. Für die Bestätigung der Gewerbetätigkeit durch den Nutzer reicht eine Bezugnahme auf die allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht aus.

OLG Hamm, Urt. v. 16.11.2016 - 12 U 52/16

BGB §§ 312g, 312i, 312j; EGBGB Art. 246a § 1; UKlaG §§ 2, 3, 4, 5; UWG § 12

Das Problem

Eine gewerbliche Anbieterin betreibt die Internetseite profi-kochrezepte.de, auf welcher sie für 19,90 € monatlich bei einer Mindestvertragslaufzeit von zwei Jahren Zugang zu ihrer Datenbank mit über 20.000 Kochrezepten anbietet.

Rechts auf der Internetseite befindet ein Textfeld mit der Überschrift „Informationen”.

Darin heißt es:

„Die Nutzung des Angebots ist ausschließlich für Firmen, Gewerbetreibende, Vereine, Handwerksbetriebe, Behörden oder selbständige Freiberufler i.S.d. § 14 BGB zulässig. Durch Drücken des Buttons auf „Jetzt anmelden” entstehen Ihnen Kosten von 238,80 EURO zzgl. MwSt. pro Jahr (12 Monate zu je 19,90 EURO) bei einer Vertragslaufzeit von 2 Jahren.”

Ein gleichlautender Text befindet sich auf allen Unterseiten der Domain jeweils am linken unteren Seitenrand unter der Überschrift „Hinweis”.

Auf der Unterseite „*Internetadresse*/-register” können sich Nutzer unter Angabe ihrer Kontaktdaten anmelden. Dort befinden sich auszufüllende Textfelder für Anrede, Vorname, Nachname, Firma, Straße und Hausnummer, Postleitzahl und Ort, Land und E?Mail-Adresse, wobei alle Angaben, mit Ausnahme der Angabe einer Firma, Pflichtangaben sind, ohne deren Angabe der Anmeldevorgang nicht abgeschlossen werden kann.

Auf dieser Unterseite befindet sich am rechten Bildrand ein Textfeld mit der Überschrift „Informationen” und dem oben zitierten Text.

Ferner befindet sich auf der Unterseite über dem Button „Jetzt anmelden” eine Auswahl mit dem Text: „Ich akzeptiere die Allgemeinen Geschäftsbedingungen und bestätige ausdrücklich meinen gewerblichen Nutzungsstatus.”. Klickt man diesen Button im Rahmen der Anmeldung nicht an, erfolgt der Hinweis: „Bitte bestätigen Sie die AGBs”.

In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten heißt es unter § 1:

„Die Anbieterin schließt Verträge ausschließlich mit Vertragspartnern, die die von der Anbieterin angebotenen Leistungen zum Zwecke ihrer selbständigen beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit oder im Rahmen ihrer behördlichen oder dienstlichen Tätigkeit bestellen und/oder verwenden. Verbraucher i.S.v. § 13 BGB sind von der Nutzung der angebotenen Leistung ausgeschlossen.”

Die Verbraucherzentrale NRW macht geltend, die Internetseite richte sich nach ihrem Gesamteindruck auch an Verbraucher. Es werde bewusst nicht transparent hervorgehoben, dass sich das Angebot ausschließlich an Unternehmer richten solle. Das Angebot sei wegen des Fehlens der den Verbrauchern zu erteilenden Pflichtinformationen gem. § 312j BGB, u.a. der Widerrufsbelehrung wie auch des Buttons „Zahlungspflichtig bestellen” verbraucherrechtswidrig.

Die Seitenbetreiberin führt aus, auf der Internetseite sei hinreichend klargestellt, dass ein Vertragsschluss mit Verbrauchern nicht beabsichtigt ist. Insbesondere der anzuklickende Button, mit dem der Nutzer die AGB und seinen gewerblichen Nutzungsstatus bestätigt, sei in seiner Kürze und Klarheit von jedem durchschnittlichen Verbraucher zu erfassen. Klicke ein Verbraucher diesen Button dennoch, mache er bewusst wahrheitswidrige Angaben und könne sich nicht anschließend auf Verbraucherrechte berufen.

Das LG Dortmund gab der Klage statt. Hiergegen wendet sich der Seitenbetreiber im Wege der Berufung.

Die Entscheidung des Gerichts

Das OLG Hamm wies die Berufung zurück.

Die von der Seitenbetreiberin erteilten Hinweise seien nicht deutlich genug und damit nicht ausreichend. Die Beschränkung eines Internetangebots ausschließlich auf Gewerbetreibende sei grundsätzlich zulässig und möglich. Erforderlich sei, dass der Wille des Unternehmers, ausschließlich mit Gewerbetreibenden zu kontrahieren, klar und transparent zum Ausdruck gebracht werde. Dieser Wille müsse erkennbar zum Ausdruck kommen und dürfe von einem durchschnittlichen Empfänger nicht etwa übersehen oder missverstanden werden können. Hierfür bedürfe es neben eines deutlichen Hinweises an geeigneter Stelle auch, dass der Ausschluss von Verträgen mit Verbrauchern in erheblichem Maße sichergestellt sei. Zudem sei nach der Literaturmeinung im Zweifel von einem Verbrauchergeschäft auszugehen, wenn angegebene Gewerbe und die Art und Menge des Verkaufsgegenstands keinen eindeutigen Bezug zueinander aufwiesen und das Geschäft somit nicht dem selbständigen Zweck der Vertragspartei zuzuordnen sei. Komme dieser Wille nicht eindeutig zum Tragen und können die Beschränkung auf Gewerbetreibende vom Interessenten übersehen werden, fehle es an einem Täuschungsvorsatz und damit an einem vorwerfbaren treuwidrigen Verhalten des Nutzers.

Das zu beurteilende Internetangebot genüge diesen Anforderungen nicht. Alle auf der Hauptseite vorhandenen Hinweise seien nicht hervorgehoben und aufgrund ihrer Platzierung am Rand der Seite leicht übersehbar. Der auf der Hauptseite und allen Unterseiten jeweils links unten vorhanden Hinweise („Die Nutzung des Angebots ist ausschließlich für Firmen, Gewerbetreibende ... zulässig”) sei bei üblicher Bildschirmeinstellung erst durch Scrollen der Seite zu lesen.

Auch wenn auf der zusätzlich in Fettdruck der Hinweis erfolge: „Die Nutzung der *Internetadresse* Plattform X ist ausschließlich für Firmen, Gewerbetreibende, Handwerksbetriebe, Vereine oder Behörden und selbständige Freiberufler bestimmt.”, stünde im Vordergrund als „Blickfang” der Anmeldebereich mit den in die Eingabefelder einzugebenden Kontaktdaten. Da auf der Anmeldeseite nur das Feld „Firma” kein Pflichtfeld sei, könne die freigestellte Eingabe einer Firma bei einem Verbraucher den Eindruck erwecken, dass eine gewerbliche/berufliche Nutzung nicht Voraussetzung der Anmeldung ist. Die Gestaltung des anzuklickenden Buttons mit „Ich akzeptiere die Allgemeinen Geschäftsbedingungen und bestätige ausdrücklich meinen gewerblichen Nutzungsstatus.” sei ebenso wenig ein deutlicher Hinweis. Üblicherweise rechne ein Verbraucher an dieser Stelle nur mit zu akzeptierenden AGB. Dass zusätzlich der gewerbliche Nutzungsstatus bestätigt werden soll, könne mithin – ohne Hervorhebung – übersehen werden. Da darüber hinaus bei unterbliebenem Anklicken lediglich der Hinweis auf die Bestätigung der AGB, entstünde dadurch der Eindruck, dass der Anmeldevorgang gerade nicht von einem „gewerblichen Nutzungsstatus” abhängig ist. Hieraus ergebe sich zugleich, dass der Ausschluss von Verbrauchergeschäften nicht weiter gesichert sei, weil der Anmeldevorgang ohne Eingabe einer Firma oder einer gleichbedeutenden gewerblichen oder beruflichen Bezeichnung und letztlich auch ohne ausdrückliche Bestätigung des „gewerblichen Nutzungsstatus” abgeschlossen werden könne.

Die mittelbar über das Akzeptieren der AGB abgegebene Bestätigung reiche nicht aus, weil AGB im elektronischen Geschäftsverkehr von Verbrauchern regelmäßig nicht im Einzelnen gelesen würden und mit einer dort enthaltenen Beschränkung auf eine gewerbliche/berufliche Nutzung auch nicht ohne weiteres gerechnet werden müsse. Zudem seien die angebotenen Inhalte in ihrer allgemeinen Art für Unternehmen uninteressant. Dies ergebe sich u.a. aus Inhalten „zum Basiswissen zum Einkaufen” oder der Erläuterung „Kochen als Hobby”. Derartige Hinweise passten nicht zu einem Portal für Kochprofis und seien auch für diese Zielgruppe gänzlich ungeeignet.


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