Rezeptsammelstelle

Autor: Dr. Claudia Böhm/FAin für GewRS, von BOETTICHER Rechtsanwälte, München
Aus: IP-Rechtsberater, Heft 09/2015
Wird in einer Rezeptsammelstelle die Bestellung verschreibungspflichtiger Arzneimittel ermöglicht, die vom Kunden in der (Präsenz-)Apotheke abgeholt oder – alternativ – an den Kunden durch Boten der Apotheke ausgeliefert werden, besteht eine Unterlassungspflicht wegen Verstoßes gegen § 24 Abs. 1 ApoBetrO, wenn die Rezeptsammelstelle ohne behördliche Erlaubnis unterhalten wird.

OLG Hamm, Urt. v. 12.5.2015 - 4 U 53/15

Vorinstanz: LG Bochum, Urt. v. 28.1.2015 - 13 O 9/15

UWG §§ 3, 4 Nr. 11; ApoBetrO § 24 Abs. 1, 2

Das Problem

Die Betreiberin mehrerer Präsenzapotheken, die zugleich über eine Erlaubnis zum Versand apothekenpflichtiger Arzneimittel verfügt, stellte im Einvernehmen mit dem Betreiber eines Supermarktes im Eingangsbereich des Supermarktes eine Werbetafel mit integrierten Regalfächern auf, die die Möglichkeit bot, darüber verschreibungspflichtige Arzneimittel sowie sonstige Artikel aus dem Sortiment der Apothekenbetreiberin zu bestellen. Dies konnte mittels eines Bestellscheins erfolgen, auf dem anzugeben war, ob der Besteller die Produkte selbst in der Apotheke abholen wolle oder diese an eine vom Besteller anzugebende Lieferadresse auszuliefern seien, wobei in diesem Fall die bestellten Produkte durch einen Boten der Apotheke an den Besteller ausgeliefert würden. Eine behördliche Erlaubnis für dieses Sammeln von Verschreibungen lag nicht vor.

Die Entscheidung des Gerichts

Das OLG Hamm erlässt auf die Berufung gegen das Urteil des LG eine einstweilige Verfügung, mit der der Betreiberin der Präsenzapotheken untersagt wird, ohne Erlaubnis in dem Eingangsbereich des Supermarktes eine Einrichtung zum Sammeln von Verschreibungen für verschreibungspflichtige Arzneimittel, die sodann entweder vom Kunden in der Apotheke der Betreiberin der Präsenzapotheken abgeholt oder an den Kunden durch einen Boten der Apotheke ausgeliefert werden sollen, zu unterhalten und/oder zu bewerben.

Es könne dahin stehen, ob die Auffassung des BVerwG (BVerwG, Urt. v. 13.3.2008 – 3 C 27.07, BVerwGE 131, 1–10), die Regelungen in § 24 ApoBetrO seien für die Entgegennahme von Arzneimittelbestellungen im Versandhandel nicht einschlägig, noch Geltung beanspruchen könne, nachdem die ApoBetrO mit Vierter Verordnung zur Änderung der ApoBetrO geändert worden sei. § 24 ApoBetrO sei jedenfalls anwendbar, wenn durch eine Rezeptsammelstelle die Bestellung verschreibungspflichtiger Arzneimittel mit der Maßgabe ermöglicht wird, dass diese sodann von dem Kunden in der (Präsenz-)Apotheke abgeholt oder – alternativ hierzu – an den Kunden durch Boten der Apotheke ausgeliefert werden.

Durch die Neufassung des Wortlautes von § 24 Abs. 4 Satz 2 ApoBetrO habe der Verordnungsgeber den Bereich, auf den § 24 ApoBetrO jedenfalls anwendbar ist, benannt. In § 24 Abs. 4 Satz 2 ApoBetrO habe er nämlich bestimmt, dass bei Rezeptsammelstellen i.S.v. § 24 ApoBetrO die bestellten Arzneimittel entweder in der Apotheke abgeholt werden oder im Wege der Botenzustellung nach § 17 Abs. 2 ApoBetrO ausgeliefert werden müssen, d.h. durch eigene Boten der Apotheke. Da nach dem Konzept der im vorliegenden Fall betriebenen Rezeptsammelstelle die bestellten Arzneimittel entweder von dem Kunden in der Apotheke abzuholen oder aber im Wege der Botenzustellung durch Boten der Apotheke zu überbringen seien, sei auf diese Rezeptsammelstelle § 24 ApoBetrO jedenfalls anwendbar. Neben dem Verstoß gegen § 24 Abs. 1 Satz 1 ApoBetrO wegen Fehlens einer behördlichen Erlaubnis für diese Rezeptsammelstelle liege ein Verstoß gegen § 24 Abs. 2 ApoBetrO vor, weil die im Eingangsbereich des Supermarktes untergebrachte Sammelstelle der Vorschrift zuwider in einem Gewerbebetrieb liege.

Die Regeln in § 24 Abs. 1 und Abs. 2 ApoBetrO seien Marktverhaltensregeln i.S.v. § 4 Nr. 11 UWG. Die Anwendung von § 4 Nr. 11 UWG sei auch europarechtlich unbedenklich, weil es sich beim Beruf des Apothekers um einen „reglementierten Beruf” nach Art. 3 Abs. 8 i.V.m. Art. 2 lit. l) der UGP-Richtlinie handele und die Anwendung von § 4 Nr. 11 UWG auf unionsrechtskonforme Marktverhaltensregelungen für gesetzlich geregelte Berufe mit der UGP-Richtlinie vereinbar sei.


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