Steuerhinterziehung durch Besitz geschmuggelter Zigaretten?

20.09.2019, Autor: Herr Wolf-Dietrich Glockner / Lesedauer ca. 2 Min. (2148 mal gelesen)
Der erst nach Beendigung des Verbringungsvorgangs erlangte Besitz an unversteuerten Tabakwaren führt nicht zur Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung (BGH, Urt. v. 24.04.2019 - 1 StR 81/18)

Wer macht sich wegen Hinterziehung der Tabaksteuer strafbar?

Wegen Hinterziehung der Tabaksteuer macht sich derjenige nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 2 und 3 Tabaksteuergesetz (TabStG) strafbar, der vorsätzlich seine Verpflichtung, eine Steuererklärung über ins Steuergebiet verbrachte oder versandte Tabakwaren abzugeben, verletzt und hierdurch Steuern verkürzt.

Wann entsteht die Tabaksteuer?

Werden unversteuerte Tabakwaren aus dem steuerrechtlich freien Verkehr eines anderen Mitgliedstaats in das Steuergebiet verbracht entsteht die Tabaksteuer, wenn die Tabakwaren erstmals zu gewerblichen Zwecken in Besitz gehalten werden, § 23 Abs. 1 Satz 1 TabStG.

Wer ist Steuerschuldner und verpflichtet eine Steuererklärung abzugeben?

Steuerschuldner, und damit gem. § 23 Abs. 1 Satz 3 TabStG verpflichtet, eine Steuererklärung abzugeben, ist gem. § 23 Abs. 1 Satz 2 TabStG, wer die Lieferung vornimmt oder die Tabakwaren in Besitz hält und der Empfänger, sobald er Besitz an den Tabakwaren erlangt hat.

Ist jeder Besitzer Steuerschuldner?

Die Frage, ob jeder Besitzer der unversteuerten Tabakwaren Steuerschuldner ist und sich damit wegen Hinterziehung der Tabaksteuer strafbar macht, wird von den obersten Gerichten unterschiedlich beantwortet.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH, Urt. v. 3.7.2014 - C-165/13 Rn. 25 zu § 19 TabStG aF) und ihm folgend der Bundesfinanzhof (BFH, Urt. v. 11.11.2014 - VII R 44/11 Rn. 13 ff. , BFHE 248, 271, 275 ff.) legen den Begriff weit aus. Danach ist jeder Besitzer der unversteuerten Tabakwaren Steuerschuldner und Hinterzieher der Tabaksteuer.

Im Gegensatz hierzu legt der für Strafsachen zuständige Bundesgerichtshof (BGH) in seinem Urteil vom 24.4.2019 (1 StR 81/18) den Begriff des Besitzers erneut eng aus. Als Steuerschuldner - und daher ohne unverzügliche Abgabe einer Steuererklärung über die Tabakwaren als strafbar wegen Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 2 und 3 TabStG) - ist danach neben dem Lieferanten der Tabakwaren nur derjenige anzusehen, der vor Beendigung des Verbringungsvorgangs Besitz an den Tabakwaren erlangt hat. Der erst nach Beendigung des Verbringungsvorgangs erlangte Besitz an unversteuerten Tabakwaren führt dagegen nicht zur Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung. Bereits zu der bis März 2010 geltenden Vorgängerregelung des § 23 Abs. 1 Satz 2 TabStG in § 19 Satz 2 TabStG aF hatte der BGH entschieden (BGH, Urt. v. 2.2.2010 - 1 StR 635/09 Rn. 7 ff.), dass nur derjenige Besitz an Tabakwaren die Steuerschuldnerschaft begründet, der erlangt wurde, bevor der Verbringungs- bzw. Versendungsvorgang beendet ist, bevor also die Tabakwaren in Sicherheit gebracht und "zur Ruhe gekommen" sind.

Macht der spätere Besitzer sich nicht strafbar?

Nach der Entscheidung des BGH ist der erst nach Beendigung des Verbringungsvorgangs erlangte Besitz an unversteuerten Tabakwaren über den Straftatbestand der Steuerhehlerei gemäß § 374 Abs. 1 AO strafrechtlich sanktioniert.

https://www.gsg-partner.de/steuerstrafrecht-keine-steuerhinterziehung-durch-besitz-geschmuggelter-zigaretten-bgh-urt-v-24-4-2019-1-str-81-18/


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