Verpflichtung zur Grundpreisangabe bei Pizzalieferserviceanbietern

Autor: RA Dr. Kay Oelschlägel, Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Hamburg
Aus: IP-Rechtsberater, Heft 02/2013
Ein Lieferdienst, der neben der Lieferung von Speisen, die noch zubereitet werden müssen, z.B. Pizza, auch die Lieferung anderer, in Fertigpackungen verpackter Waren, z.B. Bier, Wein oder Eiscreme, zu einem bestimmten Preis anbietet, muss in seinen Preislisten und in der Werbung für diese Angebote neben dem Endpreis auch den Grundpreis dieser Waren angeben.

BGH, Urt. v. 28.6.2012 - I ZR 110/11

Vorinstanz: OLG Köln, Urt. v. 1.6.2011 - 6 O 220/10
Vorinstanz: LG Köln, Urt. v. 14.12.2010 - 33 O 196/10

UWG §§ 3, 4 Nr. 11; PAngV §§ 2 Abs. 1, 9 Abs. 4 Nr. 2, Nr. 4

Das Problem:

Ein zu einem Franchise-System zählender Anbieter bietet die Lieferung frisch zubereiteter Speisen wie Pizza, Pasta, Salate und Aufläufe sowie von verpackten Getränken und Desserts an, wobei die Speisen und Getränke auch von den Kunden abgeholt werden können. Der Anbieter warb auf einem als Postwurfsendung verteilten Faltblatt u.a. für die Getränke „5-Liter-Fass Bitburger Premium Pils solo” und „Cianti, Lambrusco, Soave 0,75 l” sowie die Eiscreme „Cookie Caramel Brownie Cup 500 ml” unter Angabe der jeweiligen Endpreise, aber ohne Angabe der entsprechenden Grundpreise. Hiergegen ist der Anbieter von dem „Verein gegen Unwesen in Handel und Gewerbe Köln” in Anspruch genommen worden, und zwar wegen eines Verstoßes gegen die Pflicht zur Angabe des Grundpreises gem. § 2 Abs. 1 PAngV.

Die Entscheidung des Gerichts:

Der BGH hat den Klageanspruch des Vereins gegen Unwesen in Handel und Gewerbe Köln bestätigt und die Revision des Lieferserviceanbieters zurückgewiesen.

Verpflichtung zur Grundpreisangabe: Die beanstandete Werbung des Lieferserviceanbieters erfülle die Voraussetzungen, unter denen ein gewerbsmäßiger Anbieter von Waren in Fertigpackungen nach § 2 Abs. 1 PAngV grundsätzlich neben dem Endpreis auch den Grundpreis anzugeben habe. Bei der vorgenannten Vorschrift handele es sich um eine Marktverhaltensregelung. Die Biere, der Wein und die Eiscreme werden in Fertigpackungen angeboten.

Kein Ausschluss nach § 9 Abs. 4 Nr. 4 PAngV: § 9 Abs. 4 Nr. 4 PAngV bestimme, dass § 2 Abs. 1 PAngV nicht auf Waren anzuwenden sei, die im Rahmen einer Dienstleistung angeboten werden. Soweit der Lieferserviceanbieter jedoch Getränke und Eiscreme in Fertigverpackungen gesondert zu einem eigenen Preis und nicht in Kombination mit Speisen anbiete und bewerbe, greife die Ausnahmeregelung des § 9 Abs. 4 Nr. 4 PAngV nicht ein. Allein der Umstand, dass der Lieferserviceanbieter anbiete, die Waren dem Kunden nach Hause zu liefern, führe nicht dazu, dass das Angebot i.S.v. § 9 Abs. 4 Nr. 4 PAngV „im Rahmen einer Dienstleistung erfolge”. Die Transportdienstleistung trete in diesem Fall gegenüber der Lieferung der Waren zurück. Dem Wortlaut der unionsrechtlichen Regelung, auf die § 9 Abs. 4 Nr. 4 PAngV basiere, hier Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 98/6/EG, sei nichts anderes zu entnehmen. Danach treffe die Ausnahmeregelung nur ein, wenn das Angebot von der Dienstleistung und nicht von der Warenlieferung geprägt werde. Dies sei vorliegend nicht der Fall, da im Vordergrund die Warenlieferung stünde. Nichts anderes gelte durch den Umstand, dass der Wein, das Bier und die Eiscreme im Zusammenhang mit der Lieferung von Speisen angeboten werden, die erst noch zubereitet werden müssten. Sofern Lebensmittel in Fertigpackungen neben den zubereiteten Speisen nach Hause geliefert würden, stünde die Warenlieferung ähnlich wie beim Straßenverkauf durch eine Gaststätte im Vordergrund, mit der Folge, dass die Ausnahmeregelung hierauf ebenfalls keine Anwendung finde. Dass die Abgabe der angebotenen Waren von der Erreichung eines Mindestbestellwertes abhängig gemacht werde und insofern neben den Fertigpackungen immer auch noch zubereitete Speisen bestellt werden müssten, führe zu keinem anderen Ergebnis. Der Umstand, dass der Abschluss eines Geschäfts vom gleichzeitigen Zustandekommen eines weiteren Geschäfts zwischen den Parteien abhängig gemacht werde, steht der Annahme eines Angebots, das der Grundpreisangabe nach § 2 Abs. 1 PAngV unterfalle, nicht entgegen.


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