Arzthaftung: Thrombose behandlungsfehlerhaft nicht erkannt

25.05.2020, Autor: Herr Christoph Kleinherne / Lesedauer ca. 2 Min. (1466 mal gelesen)
Bei Verdacht auf eine Thrombose müssen weitere Befunde erhoben werden, um diese positiv auszuschließen.

Eine akute tiefe Bein- und Beckenvenenthrombose (TVT), also die partielle oder vollständige Verlegung der Leit- und/oder Muskelvenen durch Blutgerinnsel, ist dringend behandlungsbedürftig, weil die Blutgerinnsel bei fortbestehendem Risiko wachsen und in die Lunge „embolisieren“ können.

Neben dem daraus resultierenden lebensbedrohlichen Risiko der Lungenembolie kann sich ein „postthrombotisches Syndrom“ ausbilden, also eine dauerhafte Schädigung am tiefen Venensystem.

Eine frühzeitige Diagnose und Therapie der TVT ist daher immens wichtig, weil hierdurch das Wachstum des Thrombus reduziert und die Gefahr von Lungenembolien und die Schwere des „postthrombotisches Syndroms“ reduziert werden können.

In der Praxis kommt es immer wieder zu Fällen, in denen vom Behandler eine TVT übersehen bzw. nicht (rechtzeitig) diagnostiziert worden ist. Nicht selten wird dabei die TVT als „kleiner Muskelfaserriss“ fehlinterpretiert. Es stellt sich dann die Frage, ob dies haftungsrechtlich relevant ist, dem Behandler also ein zum Schadensersatz verpflichtender Fehler zum Vorwurf gemacht werden kann:

Ohne Anhaltspunkte auf ein „trombothisches Geschehen“ wird ein dahingehender Behandlungsfehlervorwurf selbstverständlich kaum zu führen sein. Anders sieht es hingegen aus, wenn vom Patienten typische, auf eine TVT hindeutende Symptome (bspw. Schmerz/Verhärtung entlang der tiefen Venen) geschildert werden, weitere Anzeichen (bspw. Schwellung) vorhanden sind oder sich aus der Vorgeschichte (bspw. bereits vorangegangene Thrombose, längere Immobilisation der Beine) Verdachtsmomente ergeben.

Es entspricht dann dem ärztlichen Standard, weitere Befunde zu erheben, um eine TVT positiv auszuschließen, und zwar – neben weiteren Maßnahmen – insbesondere die Untersuchung mittels Duplex-Sonographie. Werden derartige medizinisch gebotene Befunde nicht erhoben, kann der Behandler wegen eines „Befunderhebungsfehlers“ (Arzthaftung: Umkehr der Beweislast bei einem Befunderhebungsfehler) in Anspruch genommen werden.

Weil in der ärztlichen Dokumentation nicht selten Eintragungen zu den vom Patienten geschilderten Symptomen oder dessen Angaben zur Vorgeschichte fehlen, empfiehlt es sich dringend, hierüber ein „Gedächtnisprotokoll“ zu fertigen, auf welches der Patient dann bspw. anlässlich einer gerichtlichen Anhörung zurückgreifen kann.


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