Es wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird – Bundesgerichtshof präzisiert neues Unterhaltsrecht

22.07.2008, Autor: Herr Andreas Jäger / Lesedauer ca. 2 Min. (3158 mal gelesen)
Die Freude einiger Männer, durch das neue Unterhaltsrecht vom 01.01.2008 eine Menge Unterhaltszahlungen sparen zu können, dürfte durch das brandaktuelle Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) einen Dämpfer erhalten.

Nachdem die Reform schon fast wie eine Revolution des Unterhaltsrechts angekündigt wurde, dürften sich die Wogen nach dem Urteil des BGH wieder deutlich glätten. Die durch das neue Unterhaltsrecht vergleichsweise geschwächte Position der unterhaltsberechtigten alleinerziehenden Mutter wird durch das Urteil des BGH nun wieder deutlich gestärkt. Auch wenn das für Unterhaltsempfänger vorteilhafte „Altersphasenmodell“ mit der Reform offiziell abgeschafft wurde, geht die neue Rechtsprechung doch wieder deutlich in eine vergleichbare Richtung.

Im Einzelnen ergeben sich aus der Entscheidung folgende Konsequenzen:

Klartext bei Bedarfbemessung
Waren die Partner vor ihrer Trennung verheiratet, richtet sich die Höhe des Unterhaltsanspruchs auch bei der Pflege eines Kindes nach den gemeinsamen Lebensverhältnissen zum Zeitpunkt der Ehe. Trennt sich allerdings ein zuvor unverheiratetes Paar, so war bislang unklar, woran die Höhe des Unterhaltsbedarfs festzumachen war. Teilweise wurde auch für den nichtehelichen Betreuungsunterhalt angenommen, dass die Höhe des Einkommens des nichtehelichen Lebenspartners sich auf den Betreuungsunterhalt auswirken, diesen also erhöhen könnte. Dem ist der BGH jedoch entgegen getreten: Er urteilte, dass sich die Höhe des Unterhaltsanspruchs nur daran orientiere, wie viel der Unterhaltsberechtigte verdienen würde, könnte er voll arbeiten gehen. Der Erwerb einer nachhaltigen Lebensstellung sei nur in der Ehe nicht aber bei nichtehelicher Gemeinschaft möglich.

Dauer des Betreuungsunterhalts: Rückkehr zum „Altersphasenmodell“?
Vor der Reform des Unterhaltsrechts galt das sog. „Altersphasemodell“. Dieses sah vor, dass der betreuende Elternteil bis zum 8. Lebensjahr des Kindes überhaupt nicht, bis zum 15. Lebensjahr nur halbschichtig arbeiten musste. Dies sollte durch die Reform abgeschafft werden. Das neue Unterhaltsrechts sieht daher vor, die Dauer des Betreuungsunterhalts grundsätzlich auf drei Jahre zu begrenzen. Ausnahmen sollen nur in besonderen Härtefällen möglich sein. Der BGH urteilte jetzt, dass auch nach Ablauf der drei Jahre der nacheheliche Betreuungsunterhalt in vollem Umfang weiter zu zahlen ist, wenn eine Vollzeitarbeit nicht zumutbar ist. Diese soll unter Umstände auch dann nicht zumutbar sein, wenn das Kind bspw. den ganzen Tag im Kindergarten betreut wird, da gerade auch noch die Betreuung in den Abendstunden die Vollzeitarbeit unzumutbar machen könnte. Bemerkenswert ist, dass der BGH die Gerichte gleichzeitig dazu anregte, zu überlegen, inwiefern es möglich ist, pauschalierte Altersgruppen festzulegen, in denen vollschichtige Arbeit trotz Vollzeitbetreuung nicht zumutbar ist. Es bleibt nun spannend, ob die Gerichte ihren obergerichtlichen Segen nutzen werden, um damit das alte „Altersphasemodell“ sozusagen durch die Hintertür wieder einzuführen.

Empfehlung für Betroffene
Betroffenen mit schwebenden Unterhaltsverfahren kann daher zur Zeit nur geraten werden, die Entscheidung des Berufungsgerichts – an das der BGH den Rechtsstreit zurückverwiesen hatte – abzuwarten, da hiervon sicherlich eine große Signalwirkung ausgehen wird, die andere Gerichte durchaus beeinflussen kann und wird.

Andreas Jäger
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Familienrecht
Fachanwalt für Erbrecht

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