Schwiegereltern: Geschenke zurück nach Scheidung?

01.09.2021, Redaktion Anwalt-Suchservice
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Haus,Geschenk,Schwiegereltern,Scheidung Hauskauf mit Hilfe der Schwiegereltern: Bei Scheidung Rückgabeanspruch? © Ma - Anwalt-Suchservice

Gründet ein junges Paar eine Familie und baut oder kauft ein Haus, helfen die Eltern oft mit Geldgeschenken oder zinslosen Darlehen. Nach einer Scheidung machen Ex-Schwiegereltern oft Rückzahlungsansprüche geltend.

Eine Familiengründung kostet viel Geld. Schließlich will auch das traute Heim finanziert werden. Selbst, wenn man eine fertige Immobilie kauft, muss diese häufig umgebaut, saniert oder renoviert werden. Nicht selten hilft die Familie dabei mit – der eine mit Handwerksleistungen, der andere mit Geldgeschenken, der dritte leiht dem jungen Paar Geld ohne Zinsen. Wenn es dann allerdings zu einer Scheidung kommt, ist Streit vorprogrammiert. Dem Ex-Schwiegerkind möchte man schließlich keine finanziellen Vorteile lassen, die im Vertrauen auf das Weiterbestehen der Ehe gegeben wurden. Schnell werden dann Arbeitsstunden ausgerechnet, Geldgeschenke zurückgefordert und auch Darlehen umgehend zurückverlangt. Aber: Schwiegereltern haben nicht in jedem Fall Anspruch auf Rückgewähr sämtlicher Leistungen.

Geschenkt ist geschenkt?


Die ältere Rechtsprechung der Gerichte gab Schwiegereltern schlechte Karten, wenn sie nach einer Scheidung Geldgeschenke zurückverlangen wollten. Dies galt insbesondere dann, wenn das junge Paar wie üblich im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt hatte. Dann war es grundsätzlich nicht möglich, Geldzuwendungen zurückzuverlangen. Aber: Der Bundesgerichtshof hat vor einigen Jahren in diesem Punkt seine Rechtsprechung mit einem wichtigen Grundsatzurteil geändert.

Was sagt der BGH zur Rückforderung von Geldgeschenken?


Der Bundesgerichtshof betrachtete die Zuwendung als eine normale Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches. Dort gehört eine Schenkung zu den gegenseitigen Verträgen. Bei ihr ist - wie bei anderen Verträgen auch - ein nachträglicher "Wegfall der Geschäftsgrundlage" möglich. Das bedeutet: Schenkt jemand einer anderen Person etwas aufgrund einer besonderen Situation, die dann später wegfällt, ist damit auch die Grundlage für das Geschenk entfallen.

Ist also die eheliche Gemeinschaft nicht mehr vorhanden, die eigentlich gerade der Grund für die Schenkung war, kann diese auch zurückverlangt werden – jedenfalls teilweise. Nicht mehr entscheidend ist dabei, ob die Ehepartner in Zugewinngemeinschaft gelebt haben (Bundesgerichtshof, Urteil vom 3.2.2010, Az. XII ZR 189/06). Als weitere Voraussetzung muss dazukommen, dass ein Festhalten an der Schenkung für die Schwiegereltern nicht zumutbar ist.

Wodurch wird der Rückzahlungsanspruch eingeschränkt?


Allerdings kann der Rückzahlungsanspruch auch eingeschränkt sein. Zum Beispiel dadurch, dass das eigene Kind des "Schenkers" zeitweise von dem Geschenk profitiert hat. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn es mietfrei in dem durch die Eltern mitfinanzierten Haus leben konnte. In solchen Fällen kann vom Schwiegerkind nicht verlangt werden, nach der Scheidung den kompletten Betrag der "Finanzhilfe" zurückzuzahlen. Denn auch das Kind der großzügigen Spender hat ja davon profitiert. Oft kann aus diesem Grund nur ein Anteil, zum Beispiel die Hälfte des Geldgeschenks, zurückgefordert werden.

Welche Verjährungsfrist gilt?


Bei Zahlungsansprüchen gibt es eine dreijährige Verjährungsfrist. Anders ist es bei Grundstücken (s.u.).

Was gilt, wenn ein ganzes Haus verschenkt wurde?


Manchmal schenken Eltern dem jungen Paar gleich ein ganzes Haus. Zu diesem Thema hat der Bundesgerichtshof am 3.12.2014 entschieden. Im damaligen Fall ging es um einen Vater, der seiner Tochter und deren Ehemann ein Hausgrundstück jeweils zu hälftigem Miteigentum übertragen hatte. Nach mehreren Jahren trennte sich das Paar. Der Ehemann beantragte die Teilungsversteigerung des Grundstücks. Daraufhin verlangte sein Schwiegervater den Anteil des Schwiegersohnes zurück. Hier sah der BGH einen grundsätzlichen Anspruch auf Rückübertragung des Miteigentumsanteils. Die Verjährung sei hier nicht eingetreten: Für Ansprüche auf die Übertragung des Eigentums an einem Grundstück bzw. auf die Gegenleistung gelte eine zehnjährige Verjährungsfrist (Az. XII ZB 181/13).

Was muss genau zurückgegeben werden?


Der Bundesgerichtshof erwähnte in dieser Entscheidung auch, dass Schwiegerkinder im Falle einer berechtigten Rückforderung in bestimmten Fällen sogenannte "nicht teilbare Gegenstände" wie Hausgrundstücke oder Anteile an Eigentumswohnungen wieder zurückzugeben haben. Dies stellt jedoch eher die Ausnahme dar.

Meist kann der ehemals großzügige Schenker lediglich einen Ausgleich in Geld verlangen und nicht den Gegenstand selbst. Wird beispielsweise ein komplettes Hausgrundstück zurückgegeben, kann wiederum das Schwiegerkind einen Anspruch auf finanziellen Ausgleich haben. Ein Anspruch auf Rückgabe des Gegenstandes selbst – zum Beispiel des Hauses – liegt etwa dann vor, wenn sich die Schwiegereltern ein Wohnrecht in dem Haus vorbehalten hatten, das durch das Scheitern der Ehe und die Scheidung natürlich nun in Gefahr gerät.

BGH 2019: Welche Rolle spielt die Dauer der Ehe?


Der Bundesgerichtshof hat sich 2019 mit einem Fall befasst, in dem Eltern ihrer Tochter und deren Mann rund 100.000 Euro für den Hauskauf zur Verfügung gestellt hatten. Nach weniger als zwei Jahren hatte sich das junge Paar getrennt - die Schwiegereltern verlangten vom Mann nun 50.000 Euro zurück.

Auch hier kam der "Wegfall der Geschäftsgrundlage" zur Anwendung. Diskutiert wurde jedoch auch, wie lange denn die Beziehung dauern müsse, damit ein Geschenk nicht mehr zurückgefordert werden könne. Denn: Auch die Richter stellten klar, dass Beziehungen heute nicht mehr unbedingt lebenslang halten. Dementsprechend müssten Geschenke nach längerer Dauer der Ehe im Fall einer Trennung nicht zurückgegeben werden.

Der Bundesgerichtshof wollte sich nicht klar auf eine Anzahl von Jahren festlegen, nach der Geschenke von Schwiegereltern nicht mehr zurückverlangt werden können. Knapp zwei Jahre waren jedoch nicht genug. Denn: Die Schwiegereltern seien bei dem Geschenk davon ausgegangen, dass das Paar "die Lebensgemeinschaft nicht lediglich für kurze Zeit fortsetzen" werde. Ergebnis also: Der Rückzahlungsanspruch bestand.

Der BGH erteilte in diesem Urteil der Rechtsprechung anderer Gerichte eine Absage, die den Rückzahlungsanspruch je nach Dauer der Ehe quoteln wollten. Ganz oder gar nicht, heißt hier die Devise (Urteil vom 18.6.2019, Az. X ZR 107/16).

Praxistipp


Geldgeschenke oder geschenkte Immobilien können später für Streit sorgen - auch wenn sie zuerst noch so gut gemeint waren. Um einen Verkauf der Immobilie ist schwer herumzukommen, um die Ansprüche zu befriedigen. In einem solchen Fall empfiehlt sich anwaltliche Beratung - etwa durch einen Rechtsanwalt für Zivilrecht.

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