Update: Ehescheidung: Wer bekommt die Wohnung?

12.03.2021, Redaktion Anwalt-Suchservice / Lesedauer ca. 5 Min. (1309 mal gelesen)
Scheidung,Trennung,Ehewohnung,Wohnungszuweisung,Getrenntleben Wer in der Wohnung bleiben darf, wird oft von einem Gericht entschieden. © Rh - Anwalt-Suchservice

Bei einer Scheidung stellt sich schnell die Frage, wer die bisherige gemeinsame Wohnung bekommt. Ein Ehepartner kann unter bestimmten Umständen Anspruch auf Zuweisung der Ehewohnung haben.

Als Ehewohnung bezeichnet man rechtlich die Wohnräume, in denen die Ehepartner während der Dauer der Ehe gemeinsam leben und ihren gemeinsamen Wohnsitz haben. Dies muss nicht unbedingt eine Wohnung im eigentlichen Sinn sein, auch ein Einfamilienhaus oder ein Wohnwagen können als Ehewohnung gelten. Allerdings dürfen die Räume nicht ausschließlich für gewerbliche oder berufliche Zwecke genutzt werden. Wichtig ist auch, dass die Ehewohnung regelmäßig genutzt wird.

Wer darf die Wohnung nutzen?


Gilt eine Wohnung nach diesen Kriterien als Ehewohnung, dürfen sie beide Ehepartner gleichermaßen nutzen. Einer der beiden kann also nicht einfach den anderen aus der Wohnung aussperren – nicht einmal dann, wenn er selbst Wohnungseigentümer ist und der andere nicht. Wenn die Beziehung auseinandergeht, ist zwischen der Phase der Trennung (vor der Scheidung) und der nach der eigentlichen Scheidung zu unterscheiden, denn für beide gelten unterschiedliche Regeln.

Trennung: Mietvertrag läuft weiter


Ein Mietvertrag bindet in der Regel die Personen, die darin als Mieter und Vermieter erwähnt werden und die ihn unterschrieben haben. Hat ein Ehepaar (dies gilt auch für eingetragene Lebenspartner) eine Wohnung gemeinsam gemietet, kann nicht einer der Partner den Vertrag allein kündigen. Auch ein Auszug aus der Wohnung befreit ihn oder sie nicht von der Pflicht, auf Anforderung des Vermieters die gesamte Miete zu zahlen – denn beide sind sogenannte Gesamtschuldner, und der Vermieter kann sich aussuchen, von wem er sein Geld fordert. Muss der aus der Wohnung ausgezogene Partner weiterhin die Miete zahlen, kann er diese allerdings vom Partner als Nutzungsentschädigung wieder einfordern.

Beste Lösung: Gemeinsames Vorgehen


Die sauberste (und billigste) Lösung liegt darin, sich zu einigen, wer die Mietwohnung übernehmen und wer ausziehen soll. Gelingt dies, können die Ex-Partner mit dem Vermieter eine Absprache treffen, nach der dieser das Mietverhältnis mit einem der Partner beendet und mit dem anderen fortsetzt. Dies sollte unbedingt schriftlich festgehalten werden. Können sich beide die bisherige Wohnung nicht allein leisten, bleibt nur die gemeinsame Kündigung.
Eine Vertragsänderung ist (bis zur rechtskräftigen Scheidung) eine reine Kulanz des Vermieters. Denn er ist zunächst nicht gezwungen, sich darauf einzulassen.

Was gilt bei Trennung mit Härtefall?


Wenn es zu einer Trennung kommt, kann ein Ehepartner unter gewissen Voraussetzungen verlangen, dass ihm die Wohnung gerichtlich zur alleinigen Nutzung zugewiesen wird. Diese Möglichkeit gewährt § 1361b des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), wenn eine Zuweisung der Wohnung auch bei Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten notwendig ist, um eine sogenannte unbillige Härte zu vermeiden. Von einem solchen nicht mehr zumutbaren Härtefall geht man beispielsweise aus, wenn das Wohl im Haushalt lebender Kinder durch Dauerstreit und fliegendes Geschirr gefährdet ist. Natürlich werden dabei auch immer die Belange des anderen Ehegatten gewürdigt. Falls dieser Alleineigentümer der Wohnung ist, wird dies vom Gericht auch berücksichtigt. Liegt jedoch wirklich ein Härtefall vor, ändert dies in der Regel wenig.
Aber: Durch eine Wohnungszuweisung werden keine endgültigen Regelungen getroffen oder Eigentumsverhältnisse geändert.

Trennung und Gewalt


Härtere Regeln kommen zur Geltung, wenn ein Ehepartner gegenüber dem anderen gewalttätig geworden ist bzw. ihn, wie es im Gesetz heißt, „vorsätzlich an Körper, Gesundheit oder Freiheit verletzt“ oder ihm mit einer solchen Verletzung gedroht hat. In diesem Fall muss er dem Verletzten regelmäßig die gesamte Wohnung zur alleinigen Nutzung überlassen. Ausgeschlossen ist dies nur dann, wenn weitere Verletzungen oder Drohungen nicht mehr zu befürchten sind. War die Tat allerdings so erheblich, dass dem anderen Partner kein Zusammenleben mit dem gewalttätigen Ex-Partner mehr zuzumuten ist, bekommt der Verletzte die Wohnung trotzdem vom Gericht zur alleinigen Nutzung zugewiesen.

Wie lange dauert eine Wohnungszuweisung?


Eine gerichtliche Zuweisung der Wohnung während der Phase der Trennung erfolgt befristet. Der bisherige Mietvertrag läuft unverändert weiter. Dies gilt sogar, wenn ihn nur derjenige Partner unterschrieben hat, der nun vom Gericht zum Auszug verurteilt wurde. Die Miete muss derjenige bezahlen, der den Vertrag unterschrieben hat. Unter Umständen muss also der eigentliche Mieter der Wohnung diese verlassen, obwohl er weiter die Miete zu zahlen hat.
Hier gilt wieder: Haben beide den Mietvertrag unterschrieben, sind sie Gesamtschuldner. Der Vermieter kann sich die Miete von dem holen, der zahlungskräftiger ist. Die Ehepartner können untereinander Ausgleichsansprüche geltend machen. Der ausgezogene Partner, der trotzdem die Miete zahlt, kann also Anspruch auf eine Nutzungsentschädigung gegen den noch in der Wohnung wohnenden Partner haben.

Was ändert sich durch die Scheidung?


Im Scheidungsfall gibt § 1568a BGB einen Anspruch auf Überlassung der Wohnung an einen der bisherigen Eheleute. Diesen Anspruch kann derjenige geltend machen, der die Wohnung deutlich dringender benötigt oder der einfach darauf angewiesen ist. Wenn die Kinder bei dem Partner leben, der in der Wohnung bleiben möchte, ist dies ein starkes Argument. Bei einer Eigentumswohnung kann eine Überlassung an den Nicht-Eigentümer nur zur Vermeidung eines Härtefalls erfolgen. Auch hier sind interne Ausgleichsansprüche zwischen den Ex-Partnern möglich.

Was ändert sich für den Mietvertrag nach der Scheidung?


Wird die Ehewohnung nach der Scheidung gerichtlich an einen der Ex-Partner überlassen, wird dieser per Gesetz alleiniger Mieter und Vertragspartner des Vermieters. Dies gilt sogar, wenn er zuvor den Mietvertrag nicht mit unterschrieben hatte. Waren bisher beide laut Vertrag Mieter, erlischt nun das Mietverhältnis mit dem, der auszieht (§ 1568a Abs. 3 BGB). Dieser „Vertragswechsel“ tritt in dem Moment in Kraft, in dem entweder die Eheleute dem Vermieter die Überlassung an einen von ihnen mitteilen oder in dem das Gericht eine endgültige Wohnungszuweisung durchführt. Der Vermieter muss allerdings einen solchen Vertragswechsel nicht immer akzeptieren: Wenn er wichtige sachliche Einwände gegen den verbleibenden Ehepartner als Mieter hat, steht ihm ein Sonderkündigungsrecht zu.

Der Anspruch auf Eintritt in das Mietverhältnis erlischt ein Jahr nach Rechtskraft der Scheidung, wenn er bis dahin nicht klageweise geltend gemacht worden ist.

Urteil: Beide als Mieter – einer zieht aus


Das Amtsgericht Tübingen beschäftigte sich mit einem Fall, in dem beide Eheleute eine Wohnung gemeinsam gemietet hatten. Die Ehefrau zog aus. Ihr Mann bekam ALG II. Der Mann weigerte sich, den Mietvertrag gemeinsam mit seiner Frau zu kündigen. Geschieden war die Ehe noch nicht. Die Vermieterin forderte die Miete von der Frau. Das Gericht verurteilte den Ehemann zur Mitwirkung an der Kündigung. Diese müssten beide Mieter gemeinsam vornehmen. Man könne der Klägerin, die selbst kaum genug Geld für die Zahlung einer Miete habe, nicht zumuten, auch noch die Miete der ehemaligen Ehewohnung zu bezahlen (Urteil vom 7. Oktober 2005, Az. 11 C 435/05).

Update 12.03.2021: Was gilt bei einer Eigentumswohnung?


Wie erwähnt erlischt der Anspruch auf Wohnungsüberlassung ein Jahr nach der rechtskräftigen Scheidung, wenn er bis dahin nicht geltend gemacht wurde. Der Gesetzestext des § 1568a Abs. 6 BGB bezieht sich dabei nur auf das Mietverhältnis. Aber: Laut Bundesgerichtshof gilt diese Regelung genauso für Eigentumswohnungen. Bewohnt also die Ehefrau allein die Wohnung und ist der Ehemann, dem die Wohnung allein gehört, ausgezogen, kann die Frau innerhalb der Jahresfrist eine Wohnungsüberlassung gerichtlich geltend machen. Der Ehemann bleibt natürlich Eigentümer und es muss ein Mietvertrag abgeschlossen werden (§ 1568a Abs. 5 BGB). Im verhandelten Fall musste die Exfrau ausziehen, da sie den Anspruch nicht rechtzeitig geltend gemacht hatte (BGH, Beschluss vom 10.03.2021, Az. XII ZB 243/20).

Praxistipp


Wie bei vielen Streitfragen im Zusammenhang mit der Scheidung gilt auch hier: Eine einvernehmliche Lösung ist die günstigste Variante. Oft lässt sich der Gang vor das Gericht jedoch nicht vermeiden. Ein Fachanwalt für Familienrecht kann helfen, eine gütliche Einigung auszuhandeln, oder Betroffene vor Gericht vertreten.

(Ma)


Sie benötigen Hilfe bei Ihrer Suche nach dem richtigen Anwalt? Dann schreiben Sie uns über unser Kontaktformular. Wir helfen Ihnen kostenlos und unverbindlich.


 Ulf Matzen
Anwalt-Suchservice
Juristische Redaktion
E-Mail schreiben Juristische Redaktion
 Ulf Matzen
Anwalt-Suchservice
Juristische Redaktion
E-Mail schreiben Juristische Redaktion