BGH, Urt. 26.3.2025 - VIII ZR 283/23

Mieterhöhung bei energetischer Modernisierung

Autor: RA Dr. Michael Sommer, Augsburg
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 06/2025
Eine Mieterhöhung nach einer energetischen Modernisierung ist möglich, wenn nach dem Abschluss der Arbeiten zum (ex ante-)Zeitpunkt der Abgabe der Mieterhöhungserklärung eine (allein) durch die erfolgte bauliche Veränderung hervorgerufene messbare und dauerhafte Einsparung von Endenergie zu erwarten ist.

BGB a.F. § 559 Abs. 1; BGB § 555b Nr. 1, § 555c Abs. 3, § 559b

Das Problem

Der Vermieter kündigte den Mietern die Modernisierung der in dem Haus befindlichen Heizungsanlage durch den erstmaligen Einbau einer Gaszentralheizung einschließlich zentraler Warmwasseraufbereitung an Stelle der bis dahin in den Wohnungen vorhandenen Einzelöfen (Kombithermen) an und informierte diese u.a. über die Einzelheiten der geplanten Arbeiten. Nach der Durchführung der Arbeiten erklärte der Vermieter den Mietern gegenüber eine Erhöhung der monatlichen Grundmiete. Die Mieter zahlten diesen Erhöhungsbetrag bis zum Ende des Mietverhältnisses. Nach dem Mietende verlangten die Mieter die Erstattung ihrer Ansicht nach wegen der Modernisierungsmieterhöhung zu viel gezahlter Miete.

Die Entscheidung des Gerichts

Den Mietern steht kein Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Mieterhöhungsbeträge gem. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB zu. Die Mieterhöhung war formell und materiell wirksam. Der Aufschlüsselung der für die hier durchgeführte Modernisierungsmaßnahme („Modernisierung der Heizungsanlage“) entstandenen Gesamtkosten in der der Erhöhungserklärung beigefügten, als „Kostenzusammenstellung und Berechnung der Mieterhöhung“ bezeichneten Anlage nach einzelnen Gewerken bedurfte es nicht. Gemäß § 559 Abs. 1 BGB a.F. könne der Vermieter die jährliche Miete um 11 Prozent der für die Wohnung aufgewendeten Kosten erhöhen, wenn er Modernisierungsmaßnahmen i.S.d. § 555b Nr. 1, 3, 4, 5 oder 6 BGB durchgeführt hat. Modernisierungsmaßnahmen im Sinne der Vorschrift des § 555b Nr. 1 BGB [a.F.] seien bauliche Veränderungen, durch die in Bezug auf die Mietsache Endenergie nachhaltig eingespart wird (energetische Modernisierung). Die Beurteilung der Frage, ob eine solche Modernisierungsmaßnahme vorliegt, sei zwar das Ergebnis einer tatrichterlichen Würdigung, die in der Revisionsinstanz nur eingeschränkt darauf überprüft werden kann, ob das Berufungsgericht Rechtsbegriffe verkannt oder sonst unzutreffende rechtliche Maßstäbe angelegt hat, ob es Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze hinreichend beachtet hat oder ob ihm von der Revision gerügte Verfahrensverstöße unterlaufen sind, in dem es etwa wesentliche Tatumstände übersehen oder nicht vollständig gewürdigt hat. Solche Fehler lägen hier jedoch vor. Der erstmalige Einbau einer Gaszentralheizung einschließlich Warmwasseraufbereitung stelle eine bauliche Veränderung i.S.v. § 555b Nr. 1 BGB [aF] dar. Für die Einordnung einer Baumaßnahme als energetische Modernisierung i.S.v. § 555b Nr. 1 BGB und damit für eine nachhaltige Einsparung von Endenergie komme es lediglich darauf an, dass überhaupt eine messbare Einsparung erzielt werde und diese dauerhaft sei, nicht jedoch auf deren Größenordnung.

Falsch sei jedoch die Annahme, eine nachhaltige Einsparung von Endenergie könne allein anhand des tatsächlichen Verbrauchs in dem Gebäude, in welchem sich das Mietobjekt befindet, innerhalb eines Zeitraums von vier bis fünf Jahren vor und nach der von dem Vermieter ergriffenen Maßnahme festgestellt werden. Der Vermieter könne eine Mieterhöhung gem. § 559 Abs. 1 BGB a.F. i.V.m. § 555b Nr. 1 BGB [a.F.] vielmehr bereits dann verlangen, wenn nach dem Abschluss der zu Modernisierungszwecken vorgenommenen Arbeiten zum (ex ante-)Zeitpunkt der Abgabe der Mieterhöhungserklärung eine (allein) durch die erfolgte bauliche Veränderung hervorgerufene messbare und dauerhafte Einsparung von Endenergie zu erwarten ist. Dies hat der Tatrichter unter Berücksichtigung der baulichen Gegebenheiten gegebenenfalls mit sachverständiger Hilfe zu beurteilen, wobei auch auf anerkannte Pauschalwerte zurückgegriffen werden kann. Das ausschließliche Abstellen auf den tatsächlichen Energieverbrauch in dem Gebäude sei fehlerhaft, da nach dem eindeutigen Wortlaut des § 555b Nr. 1 BGB [a.F.] die Endenergieeinsparung „durch“ die bauliche Veränderung herbeigeführt werden müsse, also von dieser verursacht worden sein muss. Vor diesem Hintergrund habe der Gesetzgeber in den unter gesetzessystematischen Gesichtspunkten in den Blick zu nehmenden Vorschriften der § 555c Abs. 3 und § 559b Abs. 1 S. 3 BGB eine Erleichterung hinsichtlich der Darlegung der Energieeinsparung vorgenommen. Er habe bestimmt, dass der Vermieter sowohl bei deren Ankündigung gem. § 555c Abs. 3 BGB als auch im Rahmen der Mieterhöhungserklärung auf anerkannte Pauschalwerte Bezug nehmen kann. Diese Bemühungen um eine Vereinfachung liefen aber ins Leere, wenn für die Bestimmung der Energieeinsparung letztlich doch der tatsächliche Verbrauch herangezogen werden müsste. Diesen anerkannten Pauschalwerten könne deshalb nicht mit Erfolg ein individuelles Nutzerverhalten entgegengesetzt werden.


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