LG Lüneburg, Urt. 2.4.2025 - 6 S 4/25

„Kaffeesatzleserei“ ist als Gutachtengrundlage zur Mieterhöhung nicht ausreichend

Autor: RA FAMuWR Philipp M. Bettenhausen, Kanzlei sjs Schneehain John Suchfort PartmbB, Göttingen
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 08/2025
Wenn der Vermieter zur Begründung eines Mieterhöhungsverlangens auf ein Gutachten nach § 558a Abs. 2 Nr. 3 BGB zurückgreift, muss dieses in für den Mieter nachvollziehbarer Weise darstellen, wie der Sachverständige zu seiner Wertfeststellung gelangt ist.

BGB § 580, § 580a

Das Problem

Nachdem die Mieter der vom Vermieter geforderten Mieterhöhung, die dieser mittels eines Sachverständigengutachtens zu begründen versuchte, nicht zustimmten, erhob er Klage, die erstinstanzlich abgewiesen wurde. Das AG sah die Voraussetzungen des Erhöhungsverlangens als nicht erfüllt an, da das Gutachten die Mindestanforderungen des § 558a Abs. 2 Nr. 3 BGB nicht erfülle. Die hiergegen geführte Berufung des Vermieters blieb erfolglos.

Die Entscheidung des Gerichts

Das LG schloss sich im Wesentlichen den Ausführungen des erstinstanzlichen Gerichts an. Erforderlich sei sowohl vom Sinn als auch vom Zweck der Vorschrift, dass der Sachverständige in für den Mieter nachvollziehbarer Weise mitteilen müsse, wie er zu seiner Wertfeststellung gelangt sei. Dies umfasse die Mitteilung von Tatsachen, aus denen die geforderte Mieterhöhung hergeleitet werde, so u.a. eine Aussage über die tatsächliche ortsübliche Vergleichsmiete sowie die Einordnung der zu beurteilenden Wohnung in das örtliche Preisgefüge. Zentraler Maßstab hierbei bleibe die Nachprüfbarkeit des Mieters.

Diese Anforderungen seien nicht erfüllt, da sich aus dem Gutachten nicht entnehmen lasse, wie die ausgewiesenen Mietspannen ermittelt worden seien. Es enthalte keine Angaben, wie viele Datensätze zugrunde gelegt worden seien. Zudem lasse sich nicht erkennen, wie viele Mietverträge aus welcher Kategorie (Neu- oder Bestandsmieten) eingeflossen seien. Eine konkrete Gewichtung zwischen Neu- und Altvermietung habe sich ebenfalls nicht erkennen lassen. Es sei für den Mieter außerdem nicht erkennbar, ob sich die angegebenen durchschnittlichen Mieten für die jeweilige Wohnungskategorie allein aus den zugrunde gelegten Mietverträgen oder aus den anvisierten Miethöhen eines Internetportals ergeben habe. Letztlich sei insbesondere problematisch, dass die Kammer aus eigener Erfahrung wisse, dass aufgrund der Vorgaben der DSGVO sich bereits für die im Gerichtsbezirk ansässigen Sachverständigen keine ausreichenden Datenmengen für die Feststellung der Ortsüblichkeit ermitteln lasse. Das Fehlen der Einordnung, was der Sachverständige unter einfacher oder mittlerer Ausstattung des Badezimmers verstehe, lasse das gesamte Gutachten letztlich wie „Kaffeesatzleserei“ wirken. Einziger Unterschied zur erstinstanzlichen Entscheidung war demzufolge lediglich, dass das Berufungsgericht die Klage bereits als unzulässig – und nicht als unbegründet – abwies.


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