LG Berlin, Beschl. 21.6.2021 - 64 S 219/20

Schadensersatz: Müssen Einbauten stets ausgebaut werden?

Autor: RA FAMuWR Dr. Michael Sommer, Augsburg
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 11/2021
Belässt der Vermieter Einbauten des Mieters im Mietobjekt und überlässt diese dem Nachmieter, so scheidet ein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe der fiktiven Rückbaukosten nach §§ 280, 249 BGB gegen den scheidenden Wohnungsmieter aus.

BGB §§ 249, 280; ZPO §§ 529, 531

Das Problem

Im Zuge der Abwicklung eines beendeten Wohnraummietvertrags kommt es zu einer Mitteilung des Vermieters an den Mieter, wonach der Nachmieter die Einbauten übernehmen würde. Der Mieter müsse nur noch sämtliche Wände der Wohnung streichen. Der Mieter erledigt diese Aufgabe und lässt die Einbauten im Mietobjekt zurück. Der Vermieter überlässt die Wohnung samt Einbauten dem Nachmieter und begehrt nun vom bisherigen Mieter Schadensersatzanspruch auf Zahlung der fiktiven Rückbaukosten.

Die Entscheidung des Gerichts

Ein Anspruch des Vermieters besteht nicht. Der Mieter durfte aufgrund der ausgetauschten Nachrichten und der Mitteilung, die Nachmieter würden die Einbauten übernehmen, darauf vertrauen, dass eine für ihn übernommene Rückbaupflicht entfalle, sofern die Wohnung komplett gestrichen würde. Die Einbauten seien auf Wunsch der Nachmieter in der Wohnung verblieben und von ihnen als wohnwerterhöhend genutzt worden. Ein Schadensersatzanspruch des Vermieters scheitere damit daran, dass ihm ein Vermögensschaden tatsächlich gar nicht entstanden ist. Nach der Rechtsprechung des BGH komme die Liquidation eines bloß fiktiven Schadens nämlich dann nicht in Betracht, wenn ein dem Mieter vorwerfbares Fehlverhalten die Sachsubstanz der Mietsache gar nicht nachteilig verändert hat, sondern lediglich Anlass zu Reparaturmaßnahmen geben kann, die der Vermieter jedoch tatsächlich gar nicht für erforderlich hält und deswegen unterlässt (vgl. BGH v. 5.3.2014 – VIII ZR 205/13, MietRB 2014, 163 [Pfeifer]). Der Umstand, dass der Mieter die Einbauten auf Wunsch der Nachmieter in der Wohnung belassen hat, spreche gegen die Darstellung des Vermieters, dass ihr Verbleib eine Minderung des Verkehrs- oder Wohnwerts der Wohnung bedinge, der auf Grundlage fiktiver Rückbaukosten ausgeglichen werden müsse. Ein Interesse des Vermieters, die Einbauten bis zum Ablauf ihrer Lebensdauer zu nutzen, gegenüber dem Mieter aber die Kosten ihrer erst dann beabsichtigten Entfernung als Schaden zu liquidieren, wäre nicht schützenswert.


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