LG Berlin II, Urt. 29.1.2025 - 64 S 164/22
Rechte und Pflichten bei Eintritt in ein Mietverhältnis
Autor: Dr. Olaf Riecke, Hamburg
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 10/2025
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 10/2025
1.Wer durch dreiseitige Vereinbarung im Wege des Parteiwechsels als Mieter in ein Wohnungsmietverhältnis eintritt, tritt in alle Rechte und Pflichten des vormaligen Mieters aus dem Mietverhältnis ein, einschließlich derjenigen aus der „Mietpreisbremse“ gem. §§ 556d ff. BGB. Jedenfalls solange die Vertragsparteien anlässlich des Mieterwechsels keine Änderung der Miete vereinbaren, liegt in dem bloßen Austausch der Mietpartei keine Vereinbarungen über die Miete im laufenden Mietverhältnis, die nicht an den Vorschriften der §§ 556d ff. BGB zu messen wäre (Abgrenzung BGH, Urt. v. 28.9.2022 – VIII ZR 300/21, MietRB 2022, 343 [Monschau] = MDR 2023, 95 = ZMR 2023, 190).2. Der Abschluss eines Mietvertrages mit einer gem. §§ 556d ff. BGB unzulässig überhöhten Miete stellt bereits für sich genommen eine schuldhafte Pflichtverletzung der Vermieterin gem. § 280 Abs. 1 BGB dar, die ihre Schadensersatzpflicht für notwendige Kosten vorgerichtlicher Rechtsverfolgung begründet (Anschluss BGH, Urt. v. 27.5.2020 – VIII ZR 45/19, MietRB 2020, 194 [Börstinghaus] = MietRB 2020, 195 [Börstinghaus] = MDR 2020, 845 = ZMR 2020, 629 = BGHZ 225, 352 ff., Rz. 116).
BGB § 157, § 535, §§ 556d ff.
Die streitgegenständliche Wohnung ist in das Mietspiegelfeld F3 einzuordnen. Maßgeblich ist der Mietspiegel 2019, da es insoweit auf die ortsübliche Vergleichsmiete zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietverhältnisses am 20.12.2018 (Mietbeginn am 21.12.2018) ankommt, in das die jetzige Mieterin eingetreten ist. Der Mietspiegel 2019 bildet eine hinreichende Schätzgrundlage. Einschließlich eines Zuschlags von 10 % ergibt sich bei einer Wohnfläche von 41,86 m² eine zulässige Nettokaltmiete von 312,65 €. Dem steht ein monatlicher Zahlbetrag von 604,75 € gegenüber, die Überzahlung beläuft sich somit auf 292,10 €. Auf dieses „Vor“-Mietverhältnis vom 20.12.2018 sind die §§ 556d ff. BGB anwendbar und deren Schutzwirkung dauert nach dem Parteiwechsel an. Schon der Wille des Gesetzgebers (BT-Drucks. 18/3121, insb. S. 15 f.) geht nicht dahin, dass § 556d BGB bei Parteiwechsel nicht mehr gelten solle. Bei Vereinbarung einer höheren Miete bei Parteiwechsel beruht diese Miethöhe auf einer vertraglichen Einigung der Parteien und ist fortan wirksam (BGH v. 28.9.2022 – VIII ZR 300/21, MietRB 2022, 343 [Monschau] = MDR 2023, 95 = ZMR 2023, 190 Rz. 12 ff.), während in dem Fall einer unverändert fortgeltenden Miete es an einer solchen Vereinbarung einer Mieterhöhung fehlt.
BGB § 157, § 535, §§ 556d ff.
Das Problem
Die Klägerin/Mieterin begehrt Rückzahlung von Miete. Sie meint, die §§ 556d ff. BGB müssten auch im Falle des Austauschs der Mietpartei anwendbar sein, wenn es sich dabei um ein Umgehungsgeschäft eben gerade zur Vermeidung der Anwendbarkeit der Mietpreisbremse handele. Insbesondere dürfe ein Umgehungsgeschäft nicht mit der Begründung verneint werden, eine Rechtsmissbräuchlichkeit des gewählten Vorgehens sei bereits ausgeschlossen, sobald ein sachlicher Grund für die Entscheidung für einen Parteiwechsel denkbar sei. Die Klägerin hätte einen Nachteil daraus, dass die Beklagten/Vermieter mit der Vormieterin keine Einigung über Schönheitsreparaturen pp. getroffen haben. Ohne auf den Eintritt in das Mietverhältnis ganz verzichten zu müssen, hätte ihr keine Alternative zur Verfügung gestanden.Die Entscheidung des Gerichts
Der erhobene Rückzahlungsanspruch überzahlter Miete für den Monat August 2021 gem. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, § 556d BGB ist in voller Höhe von 292,10 € begründet.Die streitgegenständliche Wohnung ist in das Mietspiegelfeld F3 einzuordnen. Maßgeblich ist der Mietspiegel 2019, da es insoweit auf die ortsübliche Vergleichsmiete zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietverhältnisses am 20.12.2018 (Mietbeginn am 21.12.2018) ankommt, in das die jetzige Mieterin eingetreten ist. Der Mietspiegel 2019 bildet eine hinreichende Schätzgrundlage. Einschließlich eines Zuschlags von 10 % ergibt sich bei einer Wohnfläche von 41,86 m² eine zulässige Nettokaltmiete von 312,65 €. Dem steht ein monatlicher Zahlbetrag von 604,75 € gegenüber, die Überzahlung beläuft sich somit auf 292,10 €. Auf dieses „Vor“-Mietverhältnis vom 20.12.2018 sind die §§ 556d ff. BGB anwendbar und deren Schutzwirkung dauert nach dem Parteiwechsel an. Schon der Wille des Gesetzgebers (BT-Drucks. 18/3121, insb. S. 15 f.) geht nicht dahin, dass § 556d BGB bei Parteiwechsel nicht mehr gelten solle. Bei Vereinbarung einer höheren Miete bei Parteiwechsel beruht diese Miethöhe auf einer vertraglichen Einigung der Parteien und ist fortan wirksam (BGH v. 28.9.2022 – VIII ZR 300/21, MietRB 2022, 343 [Monschau] = MDR 2023, 95 = ZMR 2023, 190 Rz. 12 ff.), während in dem Fall einer unverändert fortgeltenden Miete es an einer solchen Vereinbarung einer Mieterhöhung fehlt.