LG Köln, Urt. 2.12.2016 - 10 S 99/16

Keine erneute Fristsetzung bei Bestreiten der Pflichtverletzung

Autor: RiLG Dr.jur.Dr.phil. Andrik Abramenko, Idstein
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 07/2017
Das über mehrere Jahre hinweg trotz vielfacher Beanstandungen fortgesetzte Abstellen von Gegenständen im Treppenhaus berechtigt zur ordentlichen Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Kündigt der Vermieter zunächst eine mildere Maßnahme wie etwa eine Unterlassungsklage an, ist die Räumungsklage ohne erneute Abmahnung oder Setzung einer Abhilfefrist rechtsmissbräuchlich. Das gilt aber nicht, wenn eine erneute Fristsetzung ohnehin entbehrlich wäre, weil der Mieter die Pflichtverletzung bestreitet.

LG Köln, Urt. v. 2.12.2016 - 10 S 99/16

Vorinstanz: AG Köln - 213 C 193/15

BGB § 573 Abs. 2 Nr. 1

Das Problem

Die Parteien streiten um die Räumung von Wohnraum. Die Mieterin stellte trotz entgegenstehender Aufforderungen ihrer Vermieterin v. 24.11.2008, 15.3.2010, 23.1.2013, 4.9.2013, 6.3.2015, 17.4.2014, 14.4.2015 und zuletzt v. 30.4.2015 seit Jahren Gegenstände wie Kartons, ein Schuhregal und 5-Litergefäße im Treppenhaus des Mehrfamilienhauses ab. Hierzu hielt sie sich zuletzt deswegen für berechtigt, weil es in der Wohnung ihrer Mutter zu Wasserschäden gekommen war. Durch dieses Abstellen von Gegenständen wurde der Hausfrieden in nicht näher mitgeteilter Weise gestört. Die Vermieterin setzte ihr mit Schreiben v. 30.4.2015 eine Frist zur Beseitigung der abgestellten Gegenstände und kündigte für den Fall der Zuwiderhandlung eine „Klage auf Unterlassung der Nutzung des Hausflurbereichs” an. Die Mieterin vertrat weiterhin den Standpunkt, zu der beanstandeten Nutzung des Treppenhauses berechtigt zu sein. Hierauf kündigte die Vermieterin mit Schreiben v. 11.8.2015 außerordentlich, hilfsweise ordentlich. Das AG wies die Räumungsklage der Vermieterin ab. Hiergegen richtet sich deren Berufung.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Rechtsmittel hatte Erfolg. Das Abstellen von Gegenständen im Treppenhaus ist eine erhebliche Pflichtverletzung, die jedenfalls zur ordentlichen Kündigung berechtigt. Denn eine Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist nicht erst dann gegeben, wenn Gründe vorliegen, die auch zu einer fristlosen Kündigung berechtigt hätten. Insbesondere ist nicht zu verlangen, dass dem Vermieter bereits die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum nächstmöglichen ordentlichen Kündigungstermin unzumutbar ist. Nach diesen Maßstäben ist die ordentliche Kündigung hier berechtigt. Denn die Mieterin widersetzte sich über Jahre dem vielfach wiederholten Beseitigungsverlangen ihrer Vermieterin. Daher ist eine ordentliche Kündigung bei Abwägung der beiderseitigen Interessen berechtigt. Denn das Treppenhaus ist im Brandfall ein Fluchtweg. Der Vermieter ist daher schon aus Gründen des Brandschutzes gehalten, dieses freizuhalten.

Die Kündigung ist auch nicht deswegen rechtsmissbräuchlich, weil die Vermieterin zunächst nur eine Unterlassungsklage angekündigt hat. Zwar kann die Kündigung grundsätzlich nicht sofort erfolgen, wenn zunächst unter Fristsetzung nur eine mildere Maßnahme angekündigt war. Dann muss erst eine erneute Abhilfefrist gesetzt werden. Das gilt aber nicht, wenn eine neue Fristsetzung ohnehin entbehrlich wäre. Das ist hier der Fall, da die Mieterin die Pflichtverletzung bis in den Räumungsprozess bestritten hat. Dann ist die Kündigung selbst in Fällen widersprüchlichen Verhaltens ohne erneute Abmahnung bzw. Fristsetzung zulässig (BGH, Urt. v. 13.6.2007 – VIII ZR 281/06, MietRB 2007, 257 f. = MDR 2007, 1182 f. = ZMR 2007, 687).


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