Wann kann die Prolongation eines Darlehens widerrufen werden?

21.03.2018, Autor: Herr Karsten Eckhardt / Lesedauer ca. 3 Min. (101 mal gelesen)
Länger laufende Immobilienfinanzierungen sind oftmals noch heute widerrufbar, da die Banken bei Prolongationen die Erfordernisse des Fernabsatzes nicht beachtet haben.

Für viele Darlehensnehmer stellt sich - gerade bei höheren Kreditsummen, wie sie etwa bei der Baufinanzierung anfallen - das Problem, dass die Darlehensschuld nicht innerhalb der meist 10- 15jährigen Zinsbindungsfrist vollständig zurückgezahlt werden kann. Es verbleibt eine Restschuld, die vom Darlehensnehmer neu finanziert werden muss.

Vor diesem Hintergrund wenden sich Banken - meist schon vor Ablauf der Zinsbindungsfrist - an den Kunden, um ihm eine Prolongation, d.h. eine Verlängerung des Darlehensvertrags, zu neuen Zinskonditionen, anzubieten.

Für den Kunden hat dies den Vorteil, dass er ohne großen Aufwand seine Finanzierung verlängern kann. Neuerliche Bonitätsprüfungen, Änderungen im Grundbuch oder die Suche nach einem neuen Finanzierer entfallen.

Aufgrund der Entwicklung der Zinsen in den letzten Jahren stellt sich für viele Darlehensnehmer jedoch das Problem, dass sie an Verträge mit – angesichts der aktuellen Niedrigzinsphase - deutlich überhöhten Zinssätzen gebunden sind.

Da zudem in der Vergangenheit viele Kreditinstitute ihren Belehrungspflichten nicht oder nur unzureichend nachgekommen sind, haben bereits zahlreiche Verbraucher von Ihrem Widerrufsrecht Gebrauch gemacht und ihre alten Darlehensverträge rückabgewickelt.

Wie verhält es sich aber nun mit dem Widerruf von Prolongationen, d.h. Verträgen, die bereits einmal durch den Verbraucher verlängert wurden? Ist auch hier noch ein Widerruf möglich?
Hinsichtlich dieser Frage ist es von entscheidender Bedeutung, auf welchem Wege die Prolongation zustande kam:

I. Die Bank hat den Verbraucher nach dem Gesetz grundsätzlich dann über sein 14-tägiges Widerrufsrecht zu belehren, wenn sie ihm ein neues und eigenständiges Kapitalnutzungsrecht einräumt.
Dies ist bei Abschluss eines neuen Darlehensvertrags der Fall. Durch den Darlehensvertrag wird dem Kunden ein Kapitalnutzungsrecht an der Darlehensvaluta eingeräumt, das dem Verbraucher vor Abschluss des Darlehensvertrag noch nicht zustand.

Für den Fall der Prolongation hat der Bundesgerichtshof jedoch entschieden, dass dem Verbraucher durch die bloße Verlängerung des bereits bestehenden Vertrags – auch wenn neue Konditionen vereinbart werden – kein neues Kapitalnutzungsrecht eingeräumt wird.
Vielmehr wird die Prolongation nur aufgrund des bereits bestehenden Vertragsverhältnisses geschlossen. Gleiches gilt, wenn eine Forward-Vereinbarung mit Bezug auf die bereits bestehende Finanzierung abgeschlossen wird. Die Bank möchte nach der Argumentation des BGH in diesen Fällen dem Kunden kein neues Kapitalnutzungsrecht einräumen, sondern nur auf dem bestehenden Darlehensvertrag aufbauen.

Dies hat zur Folge, dass Banken bei einer Prolongation grundsätzlich nicht über ein Widerrufsrecht belehren müssen, weil ein solches dem Kunden gar nicht zusteht.
Selbst wenn der Prolongation aber doch eine (fehlerhafte) Belehrung beigefügt wurde, geht dies nach der herrschenden Rechtsprechung nicht zum Nachteil der Bank.
Der Verbraucher hat also grundsätzlich keine Möglichkeit, eine Prolongation zu widerrufen.

II. Hiervon gibt es jedoch eine Ausnahme:
Ein Widerruf kann dann möglich sein, wenn die Prolongation im Wege des Fernabsatzes, d.h. unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln (Telefon, Brief, E-Mail etc.), geschlossen wurde.

Für im Wege des Fernabsatzes geschlossenen Verträge besteht nämlich ganz allgemein ein gesondertes, vom Darlehensvertrag unabhängiges Widerrufsrecht, über das die Bank belehren muss. Gerade weil die persönliche Beratung beim Fernabsatz fehlt, soll der Verbraucher in besonderer Weise bei dieser Art des Vertragsabschlusses geschützt werden.

Tatsächlich kommt es in der Praxis recht häufig vor, dass Prolongationen im Fernabsatz, z.B. postalisch, abgeschlossen werden.
Hat die Bank es in diesem Fall unterlassen, den Kunden über sein Widerrufsrecht im Rahmen von Fernabsatzverträgen zu belehren, kann auch noch Jahre nach Abschluss der Prolongation ein Widerruf in Betracht kommen. Dies hat etwa das Landgericht Nürnberg-Fürth ausdrücklich bestätigt (6 O 3699/14).

Allerdings bedeutet der Widerruf der Prolongation nicht, dass auch der ursprüngliche Darlehensvertrag damit zu Fall gebracht wäre. Widerruft der Kunde die Prolongation, ist nur diese rückabzuwickeln. An Stelle der Verlängerung lebt der alte, ursprüngliche Darlehensvertrag wieder auf.
Da die Zinsbindungsfrist in Bezug auf den ursprünglichen Vertrag aber bereits abgelaufen ist, kann dieser nach Widerruf der Prolongation vom Darlehensnehmer ordentlich gekündigt und zurückgezahlt werden, § 489 BGB.
Der Darlehensnehmer spart sich hier die Zahlung eines Vorfälligkeitsentgelts und kann die bestehende Restschuld zu aktuellen Zinsen neu finanzieren.

III. Der Widerruf einer Prolongation kann sich also unter Umständen rechnen, gerade angesichts der derzeit günstigen Zinsen.
In Betracht kommt ein Widerruf allerdings nur dann, wenn die Prolongation im Wege des Fernabsatzes, d.h. unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmittel abgeschlossen wurde.
In allen anderen Fällen musste die Bank den Kunden nicht über ein Widerrufsrecht informieren, sodass dem Kunden bei Verlängerungen, die im Rahmen eines persönlichen Kontakts mit der Bank zustande gekommen sind, kein Widerrufsrecht zusteht.
In diesen Fällen kann nur im Einzelfall geprüft werden, ob der ursprüngliche Darlehensvertrag noch widerrufbar ist. Hierbei ist zu beachten, dass Darlehensverträge, die vor dem 11.06.2010 geschlossen wurden, aufgrund einer Gesetzesänderung nur bis zum 21.06.2016 widerrufbar waren.


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Karsten Eckhardt

WiBaR-Kanzlei für Wirtschafts- und Bankrecht

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