Corona-Impfschäden: Wann haftet der Staat für Impfnebenwirkungen?

21.07.2022, Redaktion Anwalt-Suchservice
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Impfschaden,Mann,Herzschmerzen,Pfleger Schwere Impfschäden nach Corona-Impfung: Haftet der Staat? © - freepik

Vermehrt befassen sich Medienberichte mit teils schweren Impfschäden und erheblichen Impfnebenwirkungen durch die Corona-Impfung. Gibt es eine Chance auf Entschädigung?

Lange war das Thema tabu. Im Juni 2022 hat Gesundheitsminister Lauterbach per Twitter und in einem Video seines Ministeriums grundsätzlich zugegeben, dass die Corona-Impfung auch zu ernsthaften Impfschäden und Nebenwirkungen führen kann. Dies steht in deutlichem Widerspruch zu seinen bisherigen Aussagen. Berichte auch öffentlich-rechtlicher Medien beschäftigen sich zunehmend mit Fällen von Impfschäden bzw. schweren Nebenwirkungen. Es gibt durchaus Fälle, bei denen sich Impfnebenwirkungen nicht nur auf ein paar Tage Fieber oder einen juckenden Oberarm beschränken, sondern zu ernsthaften Autoimmunerkrankungen, Thrombosen, Allergien, dem Guillain-Barre-Syndrom oder Herzerkrankungen führen. Für die Betroffenen ist ein normales Leben oftmals nicht mehr möglich. Und leider gab es auch aufgrund der Impfung Verstorbene.

Corona-Impfung: Wie viele Impfschäden gibt es?


Ärzte sind verpflichtet, dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI) Impfnebenwirkungen zu melden. Berichte von Betroffenen zeigen jedoch, dass dies mitunter nur zögerlich erfolgt. Hier gibt es mehrere Probleme: Impfschäden führen oft zu neuartigen Krankheitsbildern, die nur durch aufwändige Untersuchungen als Folge einer Impfung identifiziert werden können. Und: Eine einzige Meldung an das Paul-Ehrlich-Institut nimmt etwa 45 Minuten in Anspruch - Zeit, die ein niedergelassener Arzt im Praxisalltag kaum hat. Auch mag die Befürchtung, als Querdenker und Impfgegner angesehen zu werden, die Bereitschaft dämpfen, sich näher mit diesem Thema zu befassen. So berichten manche Betroffene in Interviews von einem langwierigen Arztmarathon ohne klare Diagnose.

Das PEI geht bisher davon aus, dass bei 0,02 Prozent der Fälle schwere Nebenwirkungen auftreten, also in zwei von 10.000 Fällen. Diese Zahl bezieht sich jedoch nicht auf geimpfte Personen (mit zwei oder drei Impfungen), sondern auf die einzelnen Impfdosen (Quelle: Website des PEI). Bei 10.000 Personen, die jeweils drei Mal geimpft wurden, gibt es also nicht zwei Fälle schwerer Nebenwirkungen, sondern sechs.

Es gibt Studien und auch Schätzwerte aus der Versicherungsbranche, die von höheren Zahlen ausgehen, jedoch von der Methodik her umstritten sind. Ob Zahlenmaterial in diesem Bereich seriös ist, ist schwer einzuschätzen. Ohne ein Impfregister, das wirklich alle Fälle erfasst, ist eine exakte Feststellung der Fallzahlen kaum möglich. Dass es bei der bisherigen Meldepraxis eine deutliche Dunkelziffer gibt, ist jedoch wahrscheinlich.

Den Betroffenen ist damit nicht geholfen: Sie erleben zum Teil einen langen Spießrutenlauf, bis überhaupt ein Arzt bereit ist, sich ihrer Problematik anzunehmen. In der Presse wird aber auch über mögliche Schadensersatzansprüche gegen den Staat berichtet und über Anwälte, die bereits hunderte Fälle betreuen.

Welche Ansprüche gibt es bei schweren Impfnebenwirkungen?


Hier ist zunächst einmal zu unterscheiden: Es gibt einerseits Ansprüche nach dem Infektionsschutzgesetz und es gibt andererseits sogenannte Amtshaftungsansprüche. Während sich das Infektionsschutzgesetz speziell mit den Folgen von Impfungen, also Impfschäden befasst, besteht ein Anspruch aus Amtshaftung immer dann, wenn eine Person bei ihrem Handeln in staatlichem Auftrag einen Fehler gemacht hat, durch den jemand geschädigt wurde.

Welche Entschädigung sieht das Infektionsschutzgesetz vor?


Eine Entschädigung im eigentlichen Sinne - also einen Schadensersatz oder ein Schmerzensgeld - sieht das Infektionsschutzgesetz für Impfschäden nicht vor. Stattdessen gesteht § 60 InfSG Betroffenen eine "Versorgung" im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes zu. Diese kann die Kosten einer Heilbehandlung bzw. Krankenbehandlung umfassen, aber auch Beschädigtenrente, Versorgungskrankengeld, Pflegezulage, Bestattungsgeld, Hinterbliebenenrente. Unter Umständen ist auch ein "persönliches Budget" nach dem neunten Sozialgesetzbuch möglich, das zum Beispiel Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben umfasst. Gewährt werden diese Leistungen nur auf Antrag. Viele Anträge werden abgelehnt, nur sehr wenigen Anspruchsbegehren wird stattgegeben.

Voraussetzung für diese Versorgungsleistungen ist: Die Impfung muss öffentlich empfohlen, gesetzlich angeordnet oder vorgeschrieben oder aufgrund internationaler Gesundheitsvorschriften durchgeführt worden sein. Durch diese Impfung muss es zu einem gesundheitlichen Schaden gekommen sein. Hier genügt bereits die Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs. Das bedeutet: Es müssen mehr Umstände für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen. Nicht ausreichend ist die bloße Möglichkeit. Lehnt die Behörde ab, kann der Rechtsweg zu den Sozialgerichten beschritten werden.

In jedem Bundesland gibt es unterschiedliche Stellen, die für derartige Anträge zuständig sind. Für ganz Niedersachsen wäre dies zum Beispiel die Außenstelle Oldenburg des Landesamtes für Soziales, Jugend und Familie.

Näheres zur Entschädigung nach dem InfSG finden Sie hier:
Impfschaden: Haben Geimpfte Anspruch auf Entschädigung?

Schadensersatz vom Staat: Was ist die Amtshaftung?


Die sogenannte Amtshaftung beruht auf § 839 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) in Verbindung mit Art. 34 Grundgesetz. Amtshaftung meint folgendes: Wenn jemand in hoheitlichem, staatlichem Auftrag tätig wird und dabei eine Amtspflicht verletzt, haftet dafür seine Anstellungskörperschaft, zum Beispiel das jeweilige Bundesland. Insoweit ist es im Übrigen egal, ob die Pflichtverletzung als Arbeiter, Angestellter oder Beamter begangen wird.

Die Voraussetzungen für eine solche Amtshaftung sind:

- Es muss eine Amtspflicht verletzt worden sein.
- Diese muss den Zweck gehabt haben, Dritte vor Schäden zu schützen.
- Bei Ausübung der Amtspflicht muss es ein schuldhaftes Fehlverhalten gegeben haben.
- Dieses muss für den entstandenen Schaden ursächlich geworden sein.

Gerichtsurteile zur Amtshaftung im Zusammenhang mit der Corona-Impfung gibt es noch nicht.

Wie wahrscheinlich ist ein Schadensersatz für einen Impfschaden?


Es gibt verschiedene Fälle, in denen durchaus gute Chancen auf eine Entschädigung bestehen: Wenn nämlich der Impfarzt eindeutig einen Fehler gemacht hat.

Solche Fehler können zum Beispiel sein:

- Mangelnde Aufklärung über mögliche Nebenwirkungen und Impfreaktionen,
- vergessene Nachfrage zu Allergien oder Medikamenten-Unverträglichkeiten,
- fehlende Überwachung des Patienten nach der Impfung wegen möglicher Komplikationen,
- Impfstoffqualität zu schlecht, Kühlkette gestört.
- Arbeitsschritt vergessen, etwa Desinfektion der Impfstelle.

Kommt es zu einer nachweisbaren gesundheitlichen Schädigung des Patienten wegen solcher Fehler des Impfpersonals, kann durchaus ein Anspruch auf Schadensersatz oder Schmerzensgeld im Wege der Amtshaftung durchgesetzt werden. Insbesondere bei den Massenimpfungen in Impfzentren muss man sich fragen, ob die Impflinge tatsächlich sachgerecht über die Risiken der lediglich mit einer Notzulassung in Verkehr gebrachten, nicht ausgetesteten Impfstoffe aufgeklärt wurden.

Ist die Corona-Impfung generell eine Pflichtverletzung?


Bei der Diskussion über Impfschäden geht es jedoch meist um eine andere Frage. Nämlich: Kann die Corona-Impfung an sich als Amtspflichtverletzung des Impfpersonals angesehen werden, wenn - auch bei korrekter Durchführung und bei kerngesunden Personen - generell schwere Nebenwirkungen möglich sind?

Problematisch ist hier, dass für eine Amtshaftung zunächst eine schuldhafte Pflichtverletzung des Impfpersonals notwendig ist, die für den jeweiligen Schaden ursächlich war. Das Impfpersonal hat die Amtspflicht, die Impfung inklusive Aufklärung und Anamnesegespräch korrekt durchzuführen, so dass sich die zu impfende Person des Impfrisikos hinreichend bewusst ist. Wenn jemand aufgrund eines generellen Risikos der Impfung einen Schaden erleidet, liegt jedoch grundsätzlich kein Fehlverhalten des Impfpersonals vor. Anders gestaltet sich die Lage, wenn der Impfarzt konkrete Anhaltspunkte dafür hatte, dass die Impfung ein erhöhtes Risiko schwerer Nebenwirkungen und Imfschäden mit sich bringt.

Fazit: Ist eine schwere Impfnebenwirkung auf einen Fehler des Impfpersonals zurückzuführen, kann ein Amtshaftungsanspruch Aussicht auf Erfolg haben. Verwirklicht sich ohne konkretes Fehlverhalten lediglich ein allgemeines Impfrisiko, sind die Chancen vor Gericht gering.

Bestehen Ansprüche gegen andere staatliche Stellen?


Nun stellt sich noch die Frage, ob es auch ohne Verschulden des Impfpersonals eine Amtshaftung für Impfschäden geben kann. Etwa gegen Behördenvertreter oder Vertreter des PEI, weil diese unzutreffende Versprechungen über die Sicherheit der Impfung gemacht haben. Für einen Amtshaftungsanspruch müsste man hier einen konkreten Amtsträger benennen können, dessen Fehlverhalten für den konkreten Impfschaden des Klägers ursächlich geworden ist, und dessen Amtspflichten einen "drittschützenden" Charakter haben, also den Schutz anderer Personen vor Schäden beinhalten. Solche Ansprüche sind zwar nicht ganz auszuschließen. Es könnte jedoch schwierig sein, die entsprechende Ursachenkette herzustellen. Auch ist zu bedenken, dass die Gerichte den Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis zur Zeit der Impfung zugrunde legen werden - mögliche neue Erkenntnisse fließen dabei nicht ein.

Schadensersatz vom Impfstoffhersteller?


Aussichtsreicher erscheinen Ansprüche gegen die Impfstoffhersteller, etwa aufgrund einer Produkthaftung. In diesem Bereich laufen bereits erste Klagen. Wichtig zu wissen ist in diesem Zusammenhang, dass die Kaufverträge zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Herstellern zwar Gewährleistungsansprüche ausschließen. Dies betrifft jedoch nicht Ansprüche von geimpften Personen wegen Impfnebenwirkungen.

Praxistipp zur Haftung des Staates für Impfschäden


Sind Sie selbst von schweren Impfnebenwirkungen oder einem Impfschaden betroffen und möchten prüfen lassen, welche Ansprüche Ihnen zustehen? In diesem Fall ist ein Fachanwalt für Medizinrecht der beste Ansprechpartner.

(Bu)


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