Corona: Abmahnungen für Mundschutz-Bastler?

07.04.2020, Redaktion Anwalt-Suchservice
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Frau mit Mundschutz Mundschutz: Gibt es eine Abmahnwelle? © Bu - Anwalt-Suchservice

Im Internet verbreitet sich die Nachricht, dass Mundschutz-Bastler Abmahnungen durch Anwälte ausgesetzt sind. Was davon stimmt und wie ist die echte Rechtslage für Basteln und Verkauf von Masken?

In der Coronakrise sind auch Mundschutz-Masken zum begehrten Gut geworden. Gerade wurde in Jena ihr Tragen in Bussen, Bahnen und Geschäften zur Pflicht gemacht. Auch die Bundesregierung empfiehlt inzwischen das Tragen. Da professionelle Masken allerdings flächendeckend ausverkauft sind, werden immer öfter von Privatleuten oder Nicht-Fachfirmen hergestellte Masken angeboten. Im Internet kursieren Bastel-Anleitungen. Manch einer betätigt sich hier zum Wohle der Allgemeinheit, manch anderer möchte sich in der Krise etwas dazuverdienen. Und nun kommen offenbar böse "Abmahn-Anwälte", die diese Situation nutzen, um viel Geld zu verdienen und die dringend erforderliche Maskenproduktion damit lahmzulegen. Aber: Was stimmt und was ist Fake-News und Hysterie?

Mund- und Nasenschutz: Was bringt es?


Über die Nützlichkeit eines Mundschutzes wurde in den vergangenen Wochen immer wieder viel diskutiert. Die meisten Virologen vertreten die Ansicht, dass der Mundschutz hauptsächlich erkrankte Personen davon abhält, andere anzustecken. Chirurgische Gesichtsmasken haben den Zweck, den Patienten auf dem OP-Tisch vor möglicherweise infektiösen Tröpfchen aus dem Atemtrakt des Chirurgen oder der Krankenschwestern zu schützen.
Andererseits können Atemschutzmasken durchaus Tröpfchen abfangen, wenn man von einem anderen Menschen zum Beispiel angehustet oder angeniest wird. Sie verhindern auch, dass sich der Träger mit schmutzigen Händen an Mund und Nase fasst. Sie bieten jedoch niemals hundertprozentigen Schutz. Insbesondere dann nicht, wenn ein mit Krankheitserregern durchsetztes Aerosol in der Luft hängt. Und natürlich hängt der Grad des Schutzes auch von der Art der Maske ab. Dazu später mehr.

Selbstgefertigte Masken: Wo sind die Abmahn-Anwälte?


Offenbar hatte ein Twitter-User behauptet, dass es in Bayern zu Abmahnungen von Näherinnen gekommen sei, die selbst gefertigte Masken abgegeben hätten. Diese "Meldung" rief große Entrüstung hervor und wurde schnell auch von Seiten wie T-Online übernommen. Der Account ist mittlerweile gelöscht, der Fall nicht belegbar.

Auch ein Anwalt hatte offenbar in den sozialen Medien darauf hingewiesen, dass einige Anwaltskollegen bereits über mögliche Abmahnrisiken bei der Werbung für selbst hergestellte Schutzmasken informiert hätten. Daraus zog er offenbar den Schluss, dass dies die teils privaten Hersteller derselben nun abschrecken könnte. Von tatsächlich stattgefundenen Abmahnungen sprach er jedoch nicht.
Das Posting führte schnell zu diversen Artikeln, falschen Darstellungen, pressewirksamem Mitleid mit armen viel Aufregung in den sozialen Medien. Schnell schlug der Hass gegen die "Abmahn-Anwälte" hohe Wellen.

Fakt ist: Es ist kein einziger belegter Fall bekannt, in dem wirklich ein Näher oder Heim-Hersteller von Schutzmasken abgemahnt worden wäre. Dass es eine theoretische Möglichkeit für etwas gibt, heißt noch lange nicht, dass so etwas auch gleich stattfindet.

Selbstgefertigte Masken: Wo ist die Abmahngefahr?


In Deutschland haben wir ein Medizinprodukte-Gesetz, das den Vertrieb von medizinischen Produkten reglementiert. Werden Atemschutzmasken als medizinisches Produkt vermarktet, muss vor ihrer Markteinführung eine medizinische Leistungsbewertung stattfinden. Auch eine CE-Kennzeichnung ist Pflicht, die natürlich nur vorgenommen wird, wenn das Produkt bestimmte Standards erfüllt. Auch dürfen Medizinprodukte nicht mit Eigenschaften beworben werden, die sie nicht haben.

Hersteller müssen darüber hinaus Medizinprodukte auch mit einer Gebrauchsanweisung sowie mit ihrem Namen und ihrer Anschrift versehen. Wer Medizinprodukte verkaufen will, muss dies außerdem der zuständigen Behörde melden. Fazit: Es kann nicht jeder Laie beliebig medizinische Produkte in Heimarbeit herstellen und dann via Internet verkaufen.

Nun wird jedem klar sein, dass eine einfache Mund- und Nasenmaske aus alten T-Shirts oder Baumwollstoff sicherlich nicht den gleichen Schutz bietet, wie ein professionell hergestelltes medizinisches Produkt. Der gesunde Menschenverstand sagt hier schon: Hier ist eine gewisse Absicherung beabsichtigt, die besser als nichts ist - insbesondere zum Schutz anderer Personen vor möglichen Viren des Maskenträgers. Um mehr geht es nicht.

Eine Abmahnung ist theoretisch möglich, wenn einfache Masken als etwas beworben werden, was sie nicht sind - nämlich als medizinisches Produkt. Dadurch würde gegen das Wettbewerbsrecht verstoßen (irreführende Werbung), so dass eine Abmahnung durch Konkurrenten, Verbraucherschutzverbände oder Wettbewerbsvereine möglich wäre.

Zur Klarstellung: Die Abmahnung könnte sich nur gegen gewerbliche Mundschutz-Verkäufer richten und nicht gegen private Spender. Sie kann auch nicht von irgendeinem Anwalt in eigenem Namen geschickt werden, sondern ein anderer Mundschutz-Hersteller müsste den Anwalt beauftragen.

Mit welchen Tipps ist man auf der sicheren Seite?


Wer selbstgefertigte Masken öffentlich bewerben will, muss lediglich darauf achten, nicht Wörter wie "medizinisch" zu verwenden. Auch das Wort "Infektionsschutz" oder auch nur "Schutz" legt eine Eigenschaft nahe, die nicht nachweislich vorhanden ist. Wer also rechtlich auf der sicheren Seite sein will, sollte schlicht und einfach Begriffe wie "Mund- und Nasenmaske", "Gesichtsmaske" oder "Behelfsmaske" verwenden.
Abzuraten ist von fantasievollen Haftungsausschlüssen. Diese binden höchstens den einzelnen Vertragspartner, ändern aber nichts an der eventuell unzulässigen öffentlichen Bewerbung des Angebots.

Warum die Aufregung um selbstgefertigte Masken?


Und noch einmal: All dies ist Theorie. Nach bisherigem Kenntnisstand gibt es KEINE Abmahnungen von Masken-Nähern wegen der falschen Bezeichnung. Natürlich ist nicht ausgeschlossen, dass es irgendwann dazu kommt. Die große Aufregung über dieses Thema ist jedoch derzeit vollkommen ohne Grundlage.

Welche Corona-Masken schützen?


Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin hat eine Tabelle veröffentlicht, aus der hervorgeht, welche Maske für welchen Zweck geeignet ist. Daraus ergibt sich, dass einfache Behelfsmasken für medizinisches Personal im Umgang mit Patienten nicht empfohlen und für den Umgang mit positiv getesteten Covid-19-Patienten ungeeignet sind. Dies gilt genauso für Papiermasken. Erst ab der Schutzstufe FFP 2 sind Masken demnach für so etwas geeignet. Bei Tätigkeiten mit hohem Infektionsrisiko, wie einer Bronchoskopie, ist allerdings mindestens FFP 3 angesagt. Solche Masken schützen dann auch den Träger. Das Robert-Koch-Institut räumt allerdings ein, dass im Umgang mit Patienten ein Mund-Nasen-Schutz getragen werden kann, wenn es nichts anderes gibt (allerdings nicht bei Intubation oder Bronchoskopie). Auch mit dem Mund-Nasen-Schutz (MNS) in diesem Zusammenhang ist jedoch keine von Laien gefertigte Baumwollmaske gemeint, sondern ein zertifiziertes Medizinprodukt im Sinne einer einfacheren OP-Maske.
Wichtig ist, dass die Masken kein Ausatem-Ventil haben - denn dann können andere infiziert werden. Dies betrifft zum Beispiel Arbeitsmasken aus dem Baumarkt.
Natürlich sind diese Regeln wenig hilfreich, wenn es für das medizinische Personal eben keine vorschriftsmäßigen Masken gibt.

Praxistipp zur Abmahnung wegen selbstgefertigter Masken


Generell gilt: Wer abgemahnt wird, sollte sich an einen Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz wenden. So manche Abmahnung kann nämlich abgeschmettert oder doch durch das Umformulieren der verlangten Unterlassungserklärung deutlich entschärft werden.

(Bu)


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 Stephan Buch
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