Corona: Verstoßen die Maßnahmen gegen Grundrechte?

13.10.2021, Redaktion Anwalt-Suchservice
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Grundgesetz In Zeiten von Corona werden manche Grundrechte eingeschränkt. © Bu - Anwalt-Suchservice

Oft ist zu hören, dass die Ausgangsbeschränkungen und anderen Einschränkungen des täglichen Lebens wegen Corona gegen Grundrechte verstoßen. Entspricht das der Wahrheit?

Nie hätte man erwartet, dass es in Deutschland einmal längerfristige Ausgangsbeschränkungen geben würde, dass Unternehmen einfach von staatlicher Seite geschlossen werden, dass gar Privatleuten vorgeschrieben wird, dass sie ihre Großeltern nicht mehr im Altenheim besuchen und in der Öffentlichkeit keinen Kontakt zu anderen Menschen mehr haben dürfen. Natürlich ist ohne solche Maßnahmen keine wirksame Verlangsamung der Ausbreitung des Virus möglich. Inzwischen gibt es Impfstoffe und Testcenter. Viele Einschränkungen wurden aufgehoben. Trotzdem sind Abstand und Masken weiterhin wichtige Mittel, um Ansteckungen zu vermeiden. Aber: Viele der Einschränkungen in die persönliche Freiheit waren sehr weitgehend. Sind sie als verfassungsgemäß anzusehen und was kann man für die Zukunft daraus lernen?

Welche Grundrechte sind betroffen?


Ausgangsbeschränkungen und Kontaktsperren greifen in das Recht auf persönliche Freiheit aus Artikel 2 des Grundgesetzes ein. Art. 2 Abs. 1 gibt jedem das Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit. Art. 2 Abs. 2 hält fest, dass die Freiheit der Person unverletzlich ist.

Auch in das Grundrecht der Versammlungsfreiheit aus Artikel 8 des Grundgesetzes wurde eingegriffen. So wurden zeitweise Versammlungen in jeglicher Form durch die bundesweite Kontaktsperre unterbunden und Demonstrationen nicht genehmigt. Manche Demonstrationen wurden von der Polizei aufgelöst. Allerdings wurden in vielen Fällen auch Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen trotz bestehenden Kontaktbeschränkungen zugelassen.

Freizügigkeit im gesamten Bundesgebiet gewährt Artikel 11 allen Deutschen. Das heißt: Man darf sich in Deutschland überall frei bewegen und auch wohnen, wo man möchte. Lange war dies jedoch nicht möglich.

Auch die Tätigkeit von Unternehmen wurde vielfach eingeschränkt oder untersagt. Dadurch ist die Berufsfreiheit betroffen. Diese ist in Artikel 12 des Grundgesetzes verankert.

Auch Artikel 14 des Grundgesetzes ist betroffen. Dieser schützt das Eigentum. Einige der Einschränkungen haben dazu geführt, dass man sein Eigentum zeitweise nicht nutzen konnte, wie man wollte - etwa durch die Vermietung einer Ferienwohnung oder die Nutzung einer eigenen Zweitwohnung in einem anderen Bundesland.

Corona: Wie dürfen Grundrechte eingeschränkt werden?


Grundrechte dürfen durchaus durch ein Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes eingeschränkt werden, soweit das Grundgesetz dies erlaubt. Dafür gibt es jedoch klare Voraussetzungen. Ein solches Grundrechte einschränkendes Gesetz muss nach Art. 19 Grundgesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Auch muss es das eingeschränkte Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen. Ferner ist es unzulässig, ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt anzutasten.
Und auch dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz muss das Gesetz genügen. Das bedeutet: Es muss für den beabsichtigten Zweck geeignet, erforderlich und angemessen sein.

Was gilt für die hier betroffenen Grundrechte?


Das Freiheitsrecht nach Art. 2 Grundgesetz darf durch ein Gesetz eingeschränkt werden. Dies geht aus Art. 2 Abs. 2 hervor. Dies gilt genauso für die Versammlungsfreiheit nach Art. 8 und die Freizügigkeit nach Art. 11 (dort wird sogar ausdrücklich auf den Seuchenfall verwiesen). Einschränkungen sind auch bei der Freiheit der Berufsausübung nach Art. 12 und dem Eigentum nach Art. 14 Grundgesetz möglich.

Welche gesetzlichen Grundlagen gibt es für die Einschränkungen?


Hier ist in erster Linie das Infektionsschutzgesetz (InfSG) zu nennen. Am 22. April 2021 sind wichtige Änderungen dieses Gesetzes in Kraft getreten.

Nach § 5 Abs. 2 InfSG kann der Bundestag für jeweils drei Monate eine epidemische Lage von nationaler Tragweite ausrufen. Wenn dies geschieht, darf das Bundesgesundheitsministerium ohne Zustimmung des Bundesrates Rechtsverordnungen erlassen. Diese beziehen sich zum einen auf Themen der Arzneimittelversorgung und andere Bereiche der medizinischen Versorgung der Bevölkerung. Zwar erlaubt diese Regelung prinzipiell auch Einschränkungen der körperlichen Unversehrtheit. Dies wäre zum Beispiel ein Impfzwang, etwa für Mitarbeiter im Gesundheitswesen. Einen solchen gibt es aber nach wie vor nicht.

§ 16 InfSG erlaubt Behörden bei Auftreten einer übertragbaren Krankheit, "die notwendigen Maßnahmen zur Abwendung der dem Einzelnen oder der Allgemeinheit hierdurch drohenden Gefahren" einzuleiten.

Konkreter wird § 28 Absatz 1 Satz 2 des Gesetzes: Danach ist die zuständige Behörde dazu berechtigt, Personen zu verpflichten, "den Ort, an dem sie sich befinden, nicht zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte nicht zu betreten, bis die notwendigen Schutzmaßnahmen durchgeführt worden sind." Die Behörde darf also bestimmen, wo sich Personen aufhalten dürfen - und wo nicht. Auch darf sie Veranstaltungen oder andere Ansammlungen von Menschen einschränken oder verbieten sowie Badeanstalten oder Gemeinschaftseinrichtungen oder Teile davon schließen. Ausdrücklich nicht anordnen darf sie eine Heilbehandlung.

Durch diese Regelung werden ausdrücklich mehrere Grundrechte eingeschränkt:

- Die körperliche Unversehrtheit (Artikel 2 Abs. 2 Grundgesetz),
- die Freiheit der Person (Artikel 2 Abs. 2 Satz 2 Grundgesetz),
- die Versammlungsfreiheit (Artikel 8),
- die Freizügigkeit (Artikel 11 Abs. 1 Grundgesetz),
- die Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Abs. 1).

Nachdem das Infektionsschutzgesetz wegen mangelnder Bestimmtheit angegriffen worden war, wurde außerdem § 28a hinzugefügt. Dieser konkretisiert die oben genannte Regelung, indem er speziell mit Verweis auf COVID-19 alle bekannten Anti-Corona-Maßnahmen aufzählt - von der Maskenpflicht bis zur Schließung von Betrieben - und diese vom Vorliegen einer vom Bundestag festgestellten epidemischen Lage abhängig macht.

Drei Arten von Einschränkungen sind nur zulässig, wenn trotz Nutzung aller anderen Maßnahmen eine Eindämmung des Virus ohne sie erheblich gefährdet wäre:

- Untersagung von Versammlungen,
- Ausgangsbeschränkungen,
- Untersagung des Betretens / Besuchs von Einrichtungen wie Alten- und Pflegeheimen oder Krankenhäusern.

Eine weitere Regelung war die in § 28b InfSG vorgesehene "Bundes-Notbremse". Diese ist zum 30.6.2021 ausgelaufen. Bundeseinheitliche Corona-Schutzmaßnahmen ab Überschreiten einer 7-Tage-Inzidenz von 100 finden damit nicht mehr statt, hier sind nun wieder die Bundesländer zuständig.

§ 32 des Infektionsschutzgesetzes ermächtigt die Landesregierungen, durch Rechtsverordnungen Gebote und Verbote im Sinne der §§ 28 und 28a zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten zu erlassen. Ausdrücklich eingeschränkt werden dürfen hier die Grundrechte

- der körperlichen Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Grundgesetz),
- der Freiheit der Person (Artikel 2 Abs. 2 Satz 2),
- der Freizügigkeit (Artikel 11 Abs. 1),
- der Versammlungsfreiheit (Artikel 8),
- der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Abs. 1) und
- des Brief- und Postgeheimnisses (Artikel 10 Grundgesetz).

Nach § 31 des Infektionsschutzgesetzes darf die zuständige Behörde auch "Kranken, Krankheitsverdächtigen, Ansteckungsverdächtigen und Ausscheidern die Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten ganz oder teilweise untersagen." Dies gilt auch für sonstige Personen, die irgendwie Krankheitserreger in sich tragen könnten - also eigentlich für alle. Hier ist Artikel 12 GG betroffen (Berufsfreiheit), sowie ggf. das Eigentum (Art. 14 GG). Beide werden in § 31 nicht ausdrücklich genannt. Aber: Diese beiden Grundrechte unterliegen einem sogenannten Regelungsvorbehalt. In sie darf durch ein Gesetz eingegriffen werden, welches den Artikel nicht ausdrücklich erwähnen muss.

Coronavirus: Wo sind die Grenzen für behördliche Maßnahmen?


Schwierig zu beurteilen ist, ob der Wesensgehalt eines Grundrechts angetastet ist. So mancher Bürger wird der Meinung sein, dass der Wesensgehalt seiner persönlichen Freiheit durchaus angetastet ist, wenn er nicht mehr vor die Tür gehen kann, ohne befürchten zu müssen, einem Polizisten Rede und Antwort über die Gründe stehen zu müssen. Fest steht jedoch: Auch im härtesten Lockdown gab es eine Reihe von Ausnahmefällen, in denen man immer noch vor die Tür gehen durfte - zum Beispiel für einen Spaziergang, für die Arbeit oder zum Joggen. Mit einer echten und kompletten Ausgangssperre in einer Diktatur hat das wenig zu tun. Daher gibt es gute Argumente dafür, dass zum Beispiel der Wesensgehalt der persönlichen Freiheit dann doch nicht eingeschränkt wurde.

Wann ist die Verhältnismäßigkeit nicht mehr gewahrt?


Bei der Verhältnismäßigkeit geht es darum, ob eine Regelung geeignet, erforderlich und angemessen ist. Eine Kontaktsperre oder auch die Schließung diverser Einrichtungen ist durchaus geeignet, die Anzahl an Tröpfcheninfektionen zu verringern und so die Ausbreitung einer Seuche zu verlangsamen. Als erforderlich gelten derartige Maßnahmen, seit das Robert-Koch-Institut die Gefahr in Deutschland als "hoch" eingestuft hat.
Zu prüfen ist auch, ob mildere Mittel den gleichen Zweck erreicht hätten. Diese Frage lässt sich aufgrund der Vielzahl unterschiedlicher Regelungen in den Bundesländern hier nicht einheitlich beantworten. Gerichte prüfen immer den konkreten Fall. Eine Vielzahl von Urteilen ist dazu ergangen - mit sehr unterschiedlichem Ergebnis.

Das Thema der Angemessenheit ist schwieriger. Dabei müssen Abwägungen vorgenommen werden zwischen dem Recht, das eingeschränkt wird und dem Recht, das verteidigt werden soll. Verteidigt werden soll hier das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Grundgesetz).

Eine wichtige Rolle spielt auch die Schwere des Eingriffs in Grundrechte. Generell ist davon auszugehen, dass bestimmte vorübergehende Einschränkungen der Bewegungsfreiheit gerechtfertigt sein dürften. Schon enger wird es bei der Frage, wie viele Unternehmenspleiten und vernichtete Existenzen in Kauf genommen werden dürfen.

Aber: Auch hier geht es auf der einen Seite um Geld und auf der anderen um Leben. Was schwerer wiegt, ist abschätzbar. Auch wurden diverse gesetzliche Erleichterungen und finanzielle Hilfen beschlossen, um die Folgen für Unternehmen und Selbstständige abzumildern. Nicht zuletzt sieht das Infektionsschutzgesetz eine Reihe von Entschädigungsansprüchen etwa für Verdienstausfälle vor.

Warum wurde in Bayern geklagt?


Zum Beispiel klagten in Bayern zwei Personen gegen die Ausgangsbeschränkung. Es ging darum, ob diese per Allgemeinverfügung - also als einfacher Verwaltungsakt - erlassen werden durfte. Schließlich war hier in Grundrechte eingegriffen worden. Die Antragsteller waren insoweit erfolgreich, als im Eilverfahren die aufschiebende Wirkung ihrer Klage wieder hergestellt wurde. Sie mussten sich also bis zu einer endgültigen gerichtlichen Entscheidung nicht an die Allgemeinverfügung halten, diese galt jedoch in ganz Bayern weiter. Die bayerische Regierung ersetzte dann die Allgemeinverfügung kurzfristig durch eine gleichlautende Verordnung. Nach dem Verwaltungsgericht München ist genau das der Punkt: Solche Grundrechtseingriffe seien nur durch eine Rechtsnorm (wie eine Verordnung oder ein Gesetz) möglich und nicht durch eine reine Verfügung einer Behörde (VG München, Beschluss vom 24.3.2020, Az. M 26 S 20.1255).

Update 13.10.2021: Wie hat der Bayerische VGH zur Ausgangssperre entschieden?


Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat die in Bayern im März 2020 verhängte Ausgangssperre für rechtswidrig erklärt.

Die entsprechende bayerische Corona-Verordnung beruhte auf den §§ 32 Satz 1 i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 1 Infektionsschutzgesetz. Die Verordnung verstieß dem Urteil zufolge gegen das sogenannte Übermaßverbot, also den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Dies betraf insbesondere die Regelung, dass selbst Einzelpersonen oder Mitglieder des gleichen Haushalts nicht ohne triftigen Grund das Haus verlassen durften. Die Ausnahmen - etwa Sport im Freien - sah das Gericht als zu eng gefasst und nicht ausreichend an.

Im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit sei eine derart strenge Ausgangsbeschränkung zwar geeignet, um Infektionen vorzubeugen. Sie sei jedoch nicht erforderlich, da sich Einzelpersonen und Mitglieder des gleichen Haushalts kaum anstecken könnten, nur weil sie sich im Freien aufhielten. Treffen mit anderen Personen oder gar vielen anderen Personen im Freien könne man nicht einfach unterstellen. Es seien mildere Mittel wie etwa Kontaktbeschränkungen denkbar, mit denen dem Infektionsschutz genauso gut gedient gewesen wäre (Beschluss vom 04.10.2021, Az. 20 N 20.767).

Die bayerische Landesregierung wird jedoch den Fall auch noch vor das Bundesverfassungsgericht bringen, da sie ihre Verordnung nach wie vor als rechtmäßig erachtet.

Update 07.12.2021: Wie hat das Bundesverfassungsgericht zur Bundes-Notbremse entschieden?


Das Bundesverfassungsgericht hat am 30.11.2021 die inzwischen ausgelaufenen Regelungen der sogenannten "Bundes-Notbremse" für verfassungsgemäß erklärt. Dabei ging es um Ausgangsbeschränkungen, Kontaktbeschränkungen und Schulschließungen. Das Eintreten bestimmter Maßnahmen erfolgte automatisch ab bestimmten Inzidenzwerten.

Dem Urteil zufolge sei es nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber mögliche mildere Mittel als Kontaktbeschränkungen - das Gericht nennt hier als Beispiele Impfungen im damals möglichen Rahmen oder andere Maßnahmen zur Ausgestaltung persönlicher Kontakte - nicht als gleich wirksam angesehen habe, wie eben eine Einschränkung der Begegnungen zwischen Menschen.

Der Gesetzgeber habe mit den Kontaktbeschränkungen Gemeinwohlziele von überragender Bedeutung verfolgt, um Leben und Gesundheit zu schützen. Dazu sei der Gesetzgeber nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz verpflichtet.

Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sei gewahrt worden. Der Gesetzgeber habe sich auf tragfähige Erkenntnisse gestützt, die ihm zum damaligen Zeitpunkt zur Verfügung standen (Beschluss vom 19.11.2021, Az. 1 BvR 781/21 und weitere).

Berlin: Die guten Gründe auf dem Prüfstand


In Berlin durfte man zeitweise nur mit gutem Grund auf die Straße. Die Verordnung zur Eindämmung des Coronavirus schrieb unter anderem vor, dass Menschen, die ihre Wohnung verlassen wollten, gegenüber der Polizei und den Ordnungsbehörden glaubhaft zu machen hätten, dass sie dafür gute Gründe besaßen. Als solche zählten auch ein Gang zum Gericht oder zum Rechtsanwalt - aber ausdrücklich nur bei einem "dringend erforderlichen Termin" (§ 14 Abs. 3 SARS-CoV-2-EindV).

Hier wird es nun problematisch. Bei so manchem Anwaltstermin möchte man den genauen Anlass nämlich nicht mit der Polizei besprechen. Denn dies würde genau den Rechtsschutz aushebeln, den man sucht. Dies kann etwa bei einem Strafverfahren der Fall sein - vielleicht bei einer Beratung, ob sich jemand freiwillig stellen möchte. Ein im Asylrecht tätiger Anwalt hatte einen Normenkontrollantrag beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingereicht, um die Rechtmäßigkeit der Regelung prüfen zu lassen: Es sei nicht Zweck der Sache, dass ein von Abschiebung gefährdeter Klient der Polizei erklären müsse, warum er auf dem Weg zum Anwalt sei. Das Gericht lehnte seinen Antrag jedoch ab (30.3.2020, Az. 11 S 13/20). In einem weiteren Verfahren in der Sache wies auch das Verwaltungsgericht Berlin die Klage ab: Die Berufsfreiheit des Anwalts sei hier nicht eingeschränkt worden (2.4.2020, Az. VG 14 L 31.20).

Wie können Bürger gegen Einschränkungen Ihrer Grundrechte vorgehen?


Es gibt hier mehrere Wege. Welcher der richtige ist, hängt unter anderem davon ab, gegen was sich der Bürger konkret wehren möchte.

Eine Anfechtungsklage beim Verwaltungsgericht richtet sich gegen einen Verwaltungsakt (zum Beispiel eine Allgemeinverfügung), der den Kläger persönlich in seinen Rechten beschränkt. Das bedeutet: Ein normaler Bürger kann gegen die ihn betreffende Ausgangsbeschränkung klagen. Er kann aber nicht gegen die Schließung aller Tattoostudios vorgehen (sofern er nicht ein solches betreibt). Erforderlich ist hier ein Eilverfahren, um einstweiligen Rechtsschutz zu erhalten.

Wenn es sich nicht um eine Alllgemeinverfügung handelt, sondern um eine Rechtsnorm (Verordnung oder Gesetz), ist eine Normenkontrollklage möglich. Es besteht auch die Möglichkeit einer Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht. Diese steht ebenfalls nur Personen offen, die sich selbst, gegenwärtig und unmittelbar in ihren Grundrechten verletzt fühlen.
Solche Schritte erfordern die fachkundige Beratung durch einen im Verwaltungsrecht versierten Anwalt, der die Erfolgsaussichten einschätzen und den richtigen Weg finden kann.

Praxistipp


Im Zuge der Coronakrise wurden viele Maßnahmen beschlossen, von denen einige Grundrechte eingeschränkt haben. Dabei war schnelles Handeln gefragt und nicht langwierige Bürokratie. Die Gesetze wurden mehrfach angepasst. Einige Regelungen haben formelle Fehler aufgewiesen oder gingen zumindest in einzelnen Punkten zu weit. Die Gerichte haben dazu eine Vielzahl von Urteilen gefällt und fällen täglich weitere - mit unterschiedlichem Ergebnis. Nicht vergessen sollte man die Möglichkeit, statt gegen die Corona-Maßnahmen selbst später auf eine Entschädigung zu klagen, wenn finanzielle Schäden entstanden sind.

(Bu)


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 Stephan Buch
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