Solaranlagen: Was passiert, wenn die Anlage Mängel hat?

09.06.2021, Redaktion Anwalt-Suchservice
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Solarzellen,Fotovoltaik,Solarstrom,Mängel Bei Solaranlagen können sehr unterschiedliche Gewährleistungsfristen gelten. © Bu - freepik

Auf vielen privaten und gewerblichen Gebäuden befinden sich heute Fotovoltaikanlagen zur Stromerzeugung oder Solarthermie-Anlagen. Welche Rechte haben deren Eigentümer, wenn Mängel auftreten?

Moderne Solaranlagen sieht man auf immer mehr Dächern. Die erforderliche Technik ist allerdings durchaus kompliziert. Wenn Mängel auftreten, haben die Käufer natürlich Gewährleistungsansprüche. Nur: Richten sich diese nach dem Kaufvertragsrecht, dem Werkvertragsrecht oder den Regeln für Bauwerke? Dementsprechend können unterschiedliche Gewährleistungsfristen zur Anwendung kommen - und oft geht es um viel Geld.

Welche unterschiedlichen Vertragstypen gibt es?


Kauft jemand eine technische Einrichtung und installiert diese selbst, kann er den Verkäufer nur für Mängel haftbar machen, die die Anlage bei der Übergabe bereits hatte. Macht der Kunde bei der Installation Fehler, ist dafür nicht der Verkäufer verantwortlich. Hier richten sich die Ansprüche des Kunden nach dem Kaufvertragsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Geregelt ist dies in den §§ 433 ff.

Eine Fotovoltaikanlage auf einem Hausdach wird allerdings in den seltensten Fällen durch den Käufer selbst installiert. Üblicherweise beauftragt dieser dafür eine Fachfirma oder das Unternehmen, bei dem die Anlage gekauft wurde, übernimmt auch den Aufbau. Hier geht es also nicht mehr um einen reinen Kaufvertrag, sondern auch oder sogar ganz um die Handwerkerarbeiten, also unter Umständen um einen Werkvertrag. Bei diesem richtet sich die Gewährleistung nach dem Werkvertragsrecht, geregelt in den §§ 631 ff. BGB.

Nun kann eine Fotovoltaikanlage jedoch auch schon beim Bau des Hauses mit errichtet werden. Dies kommt immer öfter vor, denn Neubauten müssen heute einen bestimmten Teil ihres Energiebedarfs durch regenerative Energien decken. Dann geht es um einen Bauvertrag, also einen Vertrag über die Errichtung eines Bauwerks. Für diesen gelten wieder andere Regeln. Diese können unter bestimmten Voraussetzungen sogar angewendet werden, wenn etwas nachträglich in ein Bauwerk eingebaut wird.

Welche Auswirkungen hat der Vertragstyp?


Um welchen Vertragstyp es im Einzelfall geht, ist keine theoretische Frage - sondern eine mit vielen Folgen. Zum Beispiel ist bei einem Kaufvertrag der Kaufpreis sofort fällig. Bei einem Werkvertrag gibt es jedoch für den Auftragnehmer erst Geld, wenn der Kunde das fertige Werk abgenommen hat. Die Abnahme ist daher auch bei Bauverträgen ein wichtiger Termin. Mit ihr geht auch die Gefahr, dass dem Bauwerk durch einen dummen Zufall etwas zustößt, auf den Käufer oder Bauherrn über. Beim Kaufvertrag wiederum kommt es zu diesem Gefahrübergang in dem Moment, in dem die Ware dem Käufer übergeben wird.

Welche unterschiedlichen Gewährleistungsfristen gibt es?


Für den Kunden oder Eigentümer der Fotovoltaikanlage (oder auch einer solarthermischen Anlage für die Gebäudeheizung) sind natürlich die unterschiedlichen Abläufe der Gewährleistungsfristen wichtig.

Bei einem Kaufvertrag verjähren die Ansprüche des Käufers wegen Mängeln an beweglichen Sachen innerhalb von zwei Jahren. Aber: Handelt es sich um einen Kaufvertrag über ein Bauwerk oder über Dinge, die in ein Bauwerk eingebaut werden und dann Mängel an diesem auslösen, sind es fünf Jahre. Handelt es sich um einen Grundstückskauf, beginnt die Verjährungsfrist mit der Übergabe zu laufen, ansonsten mit der Ablieferung (§ 438 BGB).

Bei einem Werkvertrag beginnt die Frist mit der Abnahme durch den Auftraggeber zu laufen. Wenn sich der Vertrag auf die Herstellung, Veränderung oder Wartung eines Gegenstandes bezog, beträgt die Verjährungsfrist zwei Jahre. Bei Bauwerken sind es wieder fünf Jahre.

Wovon hängt es nun also in der Praxis ab, ob die fünfjährige Verjährungsfrist für Bauwerke anzuwenden ist? Mit dieser Frage hat sich bereits der Bundesgerichtshof beschäftigt.

Fall: Mängel an Fotovoltaikanlage auf Hallendach


Der Eigentümer einer Tennishalle hatte ein Unternehmen damit beauftragt, auf dem Dach der Halle eine große Fotovoltaikanlage mit 335 Modulen zu errichten. Dafür war zunächst eine Unterkonstruktion erforderlich, unter der natürlich die Statik der Halle und die Wasserdichtigkeit des Daches nicht leiden durften. Insgesamt wurden dabei 500 Meter Kabel verlegt, die die Module mit den in der Halle installierten Wechselrichtern verbanden. Erforderlich waren auch Stromleitungen zum nächsten Zählerkasten, welche größere Erdarbeiten mit sich brachten. Im Inneren der Halle installierten die Handwerker eine Kontroll- und Steueranlage, die verkabelt und programmiert werden musste. Am Ende war jedoch der Auftraggeber unzufrieden: Die Fotovoltaikanlage produzierte zu wenig Strom. Daher verlangte er nachträglich eine Minderung der vereinbarten Nettovergütung um 25 Prozent.

Hier lag nun eindeutig ein Werkvertrag vor. Trotzdem war unklar, ob nun die Verjährungsfrist für normale Handwerkerarbeiten oder für Bauwerke anwendbar war. Hier wäre die zweijährige Verjährungsfrist für erstere bereits abgelaufen gewesen, somit hätte der Kunde nichts bekommen.

Wie hat der Bundesgerichtshof entschieden?


Nach dem Bundesgerichtshof ist die fünfjährige Verjährungsfrist für "Bauwerke" anzuwenden, wenn die vereinbarte Leistung in der Errichtung oder grundlegenden Erneuerung eines Gebäudes besteht oder das Werk in das Gebäude fest eingefügt wird und dessen Zweck dient. Hier waren diese Voraussetzungen erfüllt: Die Fotovoltaikanlage war durch die Vielzahl ihrer Bauteile so stark mit der Tennishalle verbunden worden, dass man sie nur mit sehr großem Aufwand wieder hätte davon trennen können. Die Tennishalle selbst sei durch den Einbau der Solaranlage so erheblich verändert worden, dass es praktisch einer Neuerrichtung gleichkomme. Der Zweck der Tennishalle habe sich verändert: Es sei nun keine reine Halle zum Tennisspielen mehr, sondern sie diene auch der Erzeugung von Solarstrom. Diesem Zweck diene wiederum die Solaranlage.

Damit sei hier die fünfjährige Verjährungsfrist nach § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB anzuwenden. Diese war hier noch nicht abgelaufen. Damit konnte der Auftraggeber seinen Anspruch auf Minderung des Kaufpreises geltend machen (Urteil vom 2.6.2016, Az. VII ZR 348/13).

Fall: Solarthermie-Anlage auf Wohnhaus


Anders ging ein Fall aus, mit dem sich das Oberlandesgericht Saarbrücken beschäftigt hat. Der Eigentümer eines Wohnhauses hatte eine Solarthermie-Anlage zur Warmwassererzeugung und Unterstützung der Heizanlage bei einer Firma bestellt, die diese auch gleich montieren sollte. Etwas über zwei Jahre später kam es zu starken Schneefällen. Als das Tauwetter einsetzte, bekam der Hausbesitzer nasse Füße: Sein Dach war undicht. Ursache war die unsachgemäß montierte Solaranlage. Er klagte auf Schadensersatz und begründete dies mit den Ansprüchen bei Sachmängeln im Rahmen eines Kaufvertrages. Aus Sicht des Käufers war hier die fünfjährige Verjährungsfrist für Bauwerke einschlägig.

Das Oberlandesgericht wies die Klage ab: Die Verjährungsfrist betrage hier zwei Jahre und sei abgelaufen.

Um einen Kaufvertrag handelte es sich, weil

- der Preis für die Teile den Arbeitslohn für die Montage bei Weitem überstieg,
- keine individuell angefertigten, sondern Standardteile installiert wurden,
- keine maßgeblichen Planungsarbeiten zu erbringen waren.

Auch beim Kaufvertrag kommt eine fünfjährige Verjährungsfrist in Betracht, wenn

- es sich um ein Bauwerk handelt,
- die Kaufsache für ein Bauwerk verwendet worden ist und dessen Mangelhaftigkeit verursacht hat.

Hier kam der zweite Punkt in Frage. Das Gericht war jedoch der Meinung, dass die Solaranlage gerade nicht die Mangelhaftigkeit des Bauwerks verursacht hatte. Die gelieferten Teile waren nämlich einwandfrei gewesen. Die Ursache des Schadens waren Montagefehler und nicht Sachmängel der Kaufsache.

Deshalb sei hier die zweijährige Verjährungsfrist anzuwenden (Az. 1 U 51/15, Urteil vom 11.11.2015).

Praxistipp


Bei Mängelhaftungsansprüchen für fehlerhafte oder fehlerhaft installierte Solaranlagen kommt es oft auf die Details an. Hauseigentümer sollten Ansprüche, wenn möglich, vor Ablauf von zwei Jahren geltend machen, um auf der sicheren Seite zu sein. Ist dies nicht möglich, lassen sich unter Umständen Gründe für eine Anwendung der längeren Verjährungsfrist finden. Hier empfiehlt sich eine Beratung durch einen Rechtsanwalt für Zivilrecht.

(Ma)


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 Ulf Matzen
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