Genehmigung von Windkraftanlagen: Was ist erlaubt?

07.01.2022, Redaktion Anwalt-Suchservice
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Windräder,Autobahn Windräder: Nicht immer sauber genehmigt. © Rh - Anwalt-Suchservice

Windkraft ist eine umweltfreundliche Energieform. Der Bau von Windrotoren setzt ein Genehmigungsverfahren voraus. Läuft dabei etwas schief, sind die Genehmigungen nicht rechtssicher.

Im Rahmen der Energiewende ist Windkraft ein großes Thema. Durch den geplanten Kohleausstieg sind andere Energieformen dringend notwendig. Allerdings kommt der Ausbau der Windenergie an Land derzeit kaum voran. Denn: Windräder sind auch umstritten. Nicht jeder Anwohner möchte sie in seiner unmittelbaren Nachbarschaft haben. Dies gilt freilich ebenso für rauchende Kraftwerksschlote oder Atommülldeponien.
Manchmal beschäftigen die Genehmigungsverfahren auch die Verwaltungsgerichte - zum Beispiel in zwei Fällen in Baden-Württemberg, in denen Gerichte die Rodung von Waldgebieten für Windparks verboten haben. Ob es unserer CO2-Bilanz dient, Wälder zu roden, um dort Windkraftanlagen zu errichten, mag sich jeder selbst ausrechnen. Aber: Wovon hängt es nun in rechtlicher Hinsicht ab, ob irgendwo Windkraftanlagen errichtet werden dürfen?

Was regeln Bebauungspläne?


Es kommt bei Windkraftanlagen darauf an, ob diese im Innenbereich oder im Außenbereich einer Gemeinde gebaut werden sollen. Windräder zählen im nicht durch einen Bebauungsplan geregelten Außenbereich zu den sogenannten "privilegierten Vorhaben". Das bedeutet: Windkraftanlagen können dort gebaut werden, solange dem keine öffentlichen Belange entgegenstehen und die ausreichende Erschließung gesichert ist. Wenn die sonstigen Voraussetzungen für eine Genehmigung erfüllt sind, muss diese auch erteilt werden.

In Flächennutzungsplänen oder Regionalplänen können jedoch sogenannte Planvorbehalte regeln, wo Windkraftanlagen gebaut werden dürfen und wo nicht. Dem Plan muss dafür ein schlüssiges Gesamtkonzept zugrunde liegen.
Einen Bebauungsplan gibt es meist im Innenbereich einer Gemeinde. Nach diesem richtet es sich dann auch, ob dort Windräder erlaubt sind.

Wie läuft das Genehmigungsverfahren?


Nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz richtet sich das eigentliche Genehmigungsverfahren für Windkraftanlagen über 50 Meter Höhe. Eine Genehmigung nach diesem Gesetz besitzt eine sogenannte Konzentrationswirkung. Das bedeutet, sie schließt alle Genehmigungen mit ein, die zusätzlich noch fällig sein würden, wie etwa eine Baugenehmigung. Das Genehmigungsverfahren beginnt mit einem schriftlichen Antrag. Sein weiterer Verlauf richtet sich danach, ob im konkreten Fall das vereinfachte oder das förmliche Genehmigungsverfahren angewendet wird. Dies hängt wiederum von der Anzahl der geplanten Windräder ab. Sollen mehr als 19 Windenergieanlagen errichtet werden, ist ein förmliches Verfahren vorgeschrieben. Geregelt ist auch, wann eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) erforderlich ist.

Was unterscheidet einfaches und förmliches Verfahren?


Der wichtigste Unterschied liegt darin, dass beim vereinfachten Verfahren keine Öffentlichkeitsbeteiligung vorgeschrieben ist. Diese ist beim förmlichen Verfahren Pflicht. Folge ist, dass das Vorhaben öffentlich bekannt gemacht werden muss. Der Antrag und die dazugehörigen Unterlagen müssen einen Monat lang öffentlich ausgelegt werden. Während dieser Zeit und zwei Wochen darüber hinaus kann die Öffentlichkeit gegenüber der Behörde Einwände vorbringen. Dann entscheidet die Behörde, ob es einen Erörterungstermin gibt, bei dem die Betreffenden ihre Einwände näher erläutern können. Nach Durchführung dieses Termins und nach der Beteiligung weiterer betroffener Behörden fällt dann die Entscheidung über den Genehmigungsantrag. Diese ist wieder zu veröffentlichen.

Wann ist eine UVP erforderlich?


Eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) muss durchgeführt werden, wenn eine Windfarm mit mindestens 20 Anlagen gebaut werden soll. Von einer Windfarm spricht das UVP-Gesetz bei Windkraftanlagen mit über 50 m Höhe, deren Einwirkungsbereiche sich überschneiden und die in einem funktionalen Zusammenhang stehen. Die Anlagen müssen nicht alle den gleichen Betreiber haben.

Zusätzlich ist eine UVP ausnahmsweise erforderlich, wenn bei 6 bis 19 Anlagen eine allgemeine oder bei 3 bis 5 Anlagen eine standortbezogene Vorprüfung zu dem Ergebnis gekommen ist, dass das Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann. Allerdings ist solch ein Ergebnis eher selten.

Wenn eine UVP durchgeführt werden muss, besteht immer auch die Pflicht zur Öffentlichkeitsbeteiligung.

Wie funktioniert eine Umweltverträglichkeitsprüfung?


Der Vorhabenträger muss im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung einen Bericht erstellen, in dem er unter anderem sein Vorhaben beschreibt und die voraussichtlichen erheblichen Umweltauswirkungen seines Projekts darstellt. Dieser Bericht soll es der Behörde ermöglichen, die Umweltauswirkungen zu prüfen.
Die Genehmigungsbehörde muss Stellungnahmen von allen anderen betroffenen Behörden einholen und auch die Öffentlichkeit beteiligen.

Auf eigenen UVP-Portalen werden Vorhaben der Öffentlichkeit online vorgestellt. Etwa hier:
https://www.uvp-portal.de/

Warum wurden in Baden-Württemberg Baustopps verfügt?


Der Verwaltungsgerichtshof von Baden-Württemberg hat einen Baustopp für die Windparks Länge und Blumberg sowie ein Rodungsverbot für den Wald am Standort Blumberg ausgesprochen.

Beide Verfahren gingen auf Eilanträge eines Naturschutzvereins zurück. Beide Vorhaben waren bereits genehmigt worden. Der Verwaltungsgerichtshof meinte jedoch, dass alle drei Genehmigungen rechtswidrig erteilt worden waren.

So seien alle drei Bescheide nicht öffentlich bekannt gemacht worden. Aus diesem Grund hätten die Rechtsmittelfristen gar nicht erst zu laufen begonnen. Auch die Genehmigung der "Umwandlung" des Waldes an den Anlagenstandorten sei rechtswidrig: Sie sei "von einer unzuständigen Behörde, nicht im richtigen Genehmigungsverfahren sowie ohne die hierfür erforderliche Rechtsgrundlage erteilt worden."

Voraussichtlich seien auch die Genehmigungen für die Windkraftanlagen nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz rechtswidrig. In das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren sei auch die "Waldumwandlung" einbezogen worden. Aus diesem Grund hätte hier eine Öffentlichkeitsbeteiligung stattfinden müssen. Dies sei jedoch nicht passiert. Obendrein habe man bei beiden Windkraftgenehmigungen keine Ausgleichsmaßnahme für die Waldrodung eingeplant (Beschlüsse vom 19.12.2019, Az. 10 S 566/19 und 10 S 823/19).

Welche Abstände müssen Windräder zur Wohnbebauung einhalten?


In den alten Vereinbarungen der großen Regierungskoalition zum Klimapaket war zunächst vorgesehen gewesen, dass Windräder nur in einem Mindestabstand von 1.000 Metern zu Wohnbebauung errichtet werden dürften. Wohnbebauung war so definiert worden, dass bereits fünf Häuser dafür ausreichten. Allerdings hätte eine solche Regelung den Windkraftausbau noch weiter ausgebremst. Sie wurde daher aus dem letzten Entwurf des Kohleausstiegsgesetzes gestrichen.

Zunächst gelten also die unterschiedlichen Regelungen der Bundesländer. In mehreren Bundesländern ist der 1.000-Meter Abstand üblich (Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt), in Hamburg sind es 500 Meter. In anderen Bundesländern entscheidet man nach Einzelfall (Baden-Württemberg, Saarland) und in wieder anderen ist allein die Anlagenhöhe maßgeblich - die zehnfache Höhe ist in Bayern der Mindestabstand zur Wohnbebauung. Abweichende Abstände können in Regionalplänen und ähnlichen Plänen festgelegt werden.

Die neue Regierungskoalition will den Windkraftausbau weiter vorantreiben. Hier ist noch offen, welche Rechtsänderungen zu erwarten sind.

Praxistipp


Manchmal werden bei der Genehmigung von Windenergieanlagen erhebliche Fehler gemacht. Die dargestellten Urteile zeigen, dass es besonders bei einer Waldrodung für Windparks nicht ohne Öffentlichkeitsbeteiligung geht. Kommt es zu einem Rechtsstreit um die Genehmigung von Windkraftanlagen, ist ein Fachanwalt für Verwaltungsrecht der kompetenteste Ansprechpartner.

(Ma)


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 Ulf Matzen
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