Angemessenheit eines Nachtarbeitszuschlags

Autor: RA FAArbR Werner M. Mues, CBH – Cornelius Bartenbach Haesemann & Partner, Köln
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 03/2016
Ein Zuschlag von 25 % auf den jeweiligen Bruttostundenlohn oder die Gewährung einer entsprechenden Anzahl bezahlter freier Tage stellt regelmäßig einen angemessenen Ausgleich für geleistete Nachtarbeit gem. § 6 Abs. 5 ArbZG dar. Bei dauerhafter Nachtarbeit beträgt ein angemessener Zuschlag regelmäßig 30 % des Bruttostundenlohns. Die mit der Nachtarbeit hinsichtlich Art und Umfang der Tätigkeit konkret verbundene Belastung kann zu einem höheren oder geringeren Zuschlag führen.

BAG, Urt. v. 9.12.2015 - 10 AZR 423/14

Vorinstanz: LAG Hamburg - 6 Sa 106/13

ArbZG §§ 6 Abs. 5, 2 Abs. 3 bis 5

Das Problem

Die Parteien streiten um die Höhe eines Nachtarbeitszuschlags für die Tätigkeit des Klägers als Lkw-Fahrer im Liniendienst einer weltweit operierenden Unternehmensgruppe für Logistik und Paketdienstleistung. Der Kläger ist überwiegend in der Zeit zwischen 20 Uhr und 6 Uhr eingesetzt und erhält von der Beklagten für die Zeit von 21 Uhr bis 6 Uhr einen Zuschlag von 20 % seines Bruttostundenlohns. Für die Zeit von 23 Uhr bis 6 Uhr begehrte er die Gewährung eines Zuschlags von 30 %. Dem hat das Arbeitsgericht entsprochen, während das LAG den Zuschlag auf 25 % reduziert hat.

Die Entscheidung des Gerichts

Das BAG spricht dem Kläger den Zuschlag von 30 % zu. Nachtarbeit ist nach § 2 Abs. 4 ArbZG jede Arbeit, die mehr als zwei Stunden der Nachtzeit von 23 Uhr bis 6 Uhr, umfasst. Als Anspruchsgrundlage für einen Nachtarbeitszuschlag kommt allein § 6 Abs. 5 ArbZG in Betracht. Hiernach hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer bei Fehlen einer tariflichen Regelung für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren. Zwischen diesen Alternativen besteht nach dem Wortlaut des Gesetzes kein Rangverhältnis. Der Arbeitgeber kann also wählen, ob er den Anspruch des Arbeitnehmers durch Zahlung von Geld, durch bezahlte Freistellung oder auch durch eine Kombination von beidem erfüllt.

Bei der Bemessung der Höhe des vom Arbeitgeber geschuldeten „angemessenen” Zuschlags ist außerhalb der Tarifbindung nicht ohne weiteres von den Festlegungen in dem einschlägigen Tarifvertrag auszugehen. Diese können allerdings als Orientierungshilfe dienen (BAG, Urt. v. 5.9.2002 – 9 AZR 202/01, MDR 2003, 636 = ArbRB 2003, 134 [Ohle], ArbRB online). Unter Berücksichtigung der – über alle Branchen gesehen – bestehenden Üblichkeiten im Arbeitsleben wird in ständiger Rechtsprechung ein Nachtarbeitszuschlag von 25 % des Bruttostundenlohns regelmäßig als angemessen gem. § 6 Abs. 5 ArbZG angesehen. Die Höhe des Zuschlags kann sich erhöhen, wenn die Belastung durch die Nachtarbeit unter qualitativen (Art der Tätigkeit) oder quantitativen (Umfang der Nachtarbeit) Aspekten die normalerweise mit der Nachtarbeit verbundene Belastung übersteigt. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn ein Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber dauerhaft in Nachtarbeit tätig wird. Bei einer solchen „Dauernachtarbeit” ist deshalb regelmäßig ein Nachtarbeitszuschlag von. 30 % als angemessen anzusehen.


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