Auskunftsanspruch des Scheinvaters zur Vorbereitung des Unterhaltsregresses

Autor: RiOLG Dr. Alexander Schwonberg, Celle
Aus: Familien-Rechtsberater, Heft 02/2012
Die Mutter eines Kindes ist dem früheren rechtlichen Vater, der auf ihre Veranlassung die Vaterschaft anerkannt hat, aus Treu und Glauben grundsätzlich zur Auskunft über die Person des mutmaßlichen Vaters ihres Kindes verpflichtet. Der damit verbundene Eingriff in ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht wirkt in der Regel nicht stärker als der Anspruch des Mannes auf effektiven Rechtsschutz zur Durchsetzung seines Unterhaltsregresses. Die Rechtsausübungssperre des § 1600d Abs. 4 BGB kann im Regressverfahren des Scheinvaters in besonders gelagerten Einzelfällen auf die Weise durchbrochen werden, dass die Vaterschaft inzident festgestellt wird.

BGH, Urt. v. 9.11.2011 - XII ZR 136/09

Vorinstanz: OLG Schleswig - 8 UF 16/09

BGB §§ 242, 1600d Abs. 4, 1607 Abs. 3

Das Problem:

Bis Frühjahr 2006 lebten die Parteien in nichtehelicher Lebensgemeinschaft zusammen. Auf Verlangen der Beklagten erkannte der Kläger die Vaterschaft für den im Januar 2007 geborenen Sohn der Beklagten an. Nach dem (negativen) Ergebnis eines außergerichtlichen Vaterschaftsgutachtens hat der Kläger seine Vaterschaft erfolgreich angefochten und will nunmehr den leiblichen Vater wegen der Aufwendungen für das Kind in Regress nehmen. Da ihm der biologische Vater nicht bekannt ist, nimmt er die Beklagte auf Auskunft in Anspruch, die von jenem monatlichen Kindesunterhalt erhält. Das AG hat der Klage stattgegeben und das OLG die Berufung zurückgewiesen.

Die Entscheidung des Gerichts:

Die Revision hatte keinen Erfolg, weil die Beklagte dem Kläger gem. § 242 BGB zur Auskunft über die Person, mit der sie in der Empfängniszeit eine intime Beziehung hatte, verpflichtet ist.

Eine Auskunftspflicht ergebe sich nach dem BGH nicht aus §§ 1605, 1615l Abs. 3 Satz 1 BGB, weil sich die Auskunft allein auf die Grundlagen der Einkommensermittlung, d.h. die Einkommens- und Vermögensverhältnissen bezieht. Über die gesetzlich ausdrücklich geregelten Auskunftsansprüche hinaus folge aus Treu und Glauben bei einer bestehenden Rechtsbeziehung eine Auskunftspflicht, wenn der Berechtigte in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang eines Rechts im Ungewissen sei und der Verpflichtete die erforderlichen Auskünfte unschwer erteilen könne (BGH v. 6.2.2007 – X ZR 117/04, NJW 2007, 1806; v. 2.6.2010 – XII ZR 124/08, FamRZ 2011, 21 = FamRB 2011, 4). Die erforderliche Rechtsbeziehung bestehe aufgrund der Anerkennung der Vaterschaft, durch die die Eltern in vielfältiger Weise verbunden seien. Hieraus folge eine wechselseitige Auskunftspflicht über die Voraussetzungen der Vaterschaft. Diese Auskunftspflicht bestehe auch dann fort, wenn die Vaterschaft nachträglich wirksam angefochten worden sei. Auch wenn die Auskunft regelmäßig vom Schuldner des über die Auskunft durchzusetzenden Hauptanspruchs zu erbringen sei, könne auch ein Dritter zur Auskunft verpflichtet sein.

Die erforderliche familienrechtliche Sonderverbindung gründe auf dem Verhalten der Beklagten, die den Kläger zur Anerkennung der Vaterschaft aufgefordert und dieser selbst zugestimmt hatte. Die Auskunftspflicht dürfe jedoch nicht den unantastbaren Bereich des Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 GG) verletzen (BGH v. 3.7.2008 – I ZB 87/06, FamRZ 2008, 1751 = FamRB 2008, 298). Ein solcher Eingriff sei nicht gegeben, weil die Beklagte durch ihre Aufforderung zur Anerkennung der Vaterschaft zum Ausdruck gebracht habe, dass kein anderer Mann als Vater in Betracht komme. Jedenfalls in diesen Fällen sei ihr die Auskunft nach erfolgreicher Vaterschaftsanfechtung (verneinend vor deren Anfechtung OLG Jena v. 2.11.2010 – 1 WF 353/10, FamRZ 2011, 649) zumutbar. Der Kläger seinerseits sei für seinen effektiven Rechtsschutz auf die Auskunft angewiesen. Da er auch mit der anonymen Erfüllung seiner Zahlungsansprüche einverstanden gewesen sei, gehe es ihm nicht um eine Bloßstellung der Beklagten, sondern um die Durchsetzung seines Regressanspruchs.


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