OLG Stuttgart, Beschl. 10.2.2025 - 11 UF 123/24

Zugewinnausgleich: Beginn der Verjährung bei Ausschluss des Ehegattenerbrechts

Autor: Notar a.D. Prof. Dr. Dr. Herbert Grziwotz, Regen/München
Aus: Familien-Rechtsberater, Heft 05/2025
Wird der Güterstand durch Tod eines Ehegatten beendet und ist das Ehegattenerbrecht ausgeschlossen, so beginnt die Verjährung güterrechtlicher Ansprüche nach § 1371 Abs. 2, § 1378 BGB nicht erst mit Kenntnis von der fehlenden Erbenstellung; die grob fahrlässige Unkenntnis der den Anspruch begründenden Umstände genügt.

BGB § 195, § 199, § 214 Abs. 1, § 1371 Abs. 1 u. 2, § 1378, § 1933

Das Problem

Die Ehegatten haben am 1.6.2001 Ehe geschlossen; sie haben keine Kinder. Ab 2005 lebten sie getrennt. Am 7.4.2017 stellte der Ehemann einen Scheidungsantrag. Zwischen dem 4.8. und 5.8.2017 verstarb er ohne Hinterlassung einer letztwilligen Verfügung. Der Bruder des Ehemanns stellte am 25.1.2018 einen Erbscheinsantrag auf sich als Alleinerben, dem die Ehefrau entgegentrat. Das Nachlassgericht erließ am 25.1.2018 einen Feststellungsbeschluss, mit dem es dem Antrag stattgab. Am 30.10.2019 verstarb die Ehefrau. Die gegen den Feststellungsbeschluss noch von ihr eingelegte Beschwerde wurde zurückgewiesen. Am 30.9.2020 wurde der Erbschein erteilt. Die Schwester der Ehefrau beantragte am 29.12.2023 mit Stufenantrag Auskunftserteilung durch Vorlage eines systematischen Bestandsverzeichnisses über den Zugewinnausgleich. Nachweise durch Belege, eine Wertermittlung, eine Versicherung an Eides Statt und die Zahlung des Ausgleichs. Das Familiengericht hat die Anträge aufgrund Verjährung und Verwirkung zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Alleinerbin der Ehefrau.

Die Entscheidung des Gerichts

Die Beschwerde hat keinen Erfolg, da sowohl der Auskunfts- als auch der Zugewinnausgleichsanspruch verjährt sind. Der Anspruch auf Zugewinnausgleich nach § 1371 Abs. 2, § 1378 BGB entsteht mit Beendigung des Güterstandes und ist ab diesem Zeitpunkt auch vererblich (§ 1378 Abs. 3 S. 1 BGB). Auch der Auskunftsanspruch entsteht mit Beendigung des Güterstandes. Der Güterstand wurde durch den Tod des Ehemannes am 5.8.2017 beendet. Der Anspruch auf Zugewinnausgleich und der Auskunftsanspruch sind mit Ablauf des Jahres 2022 verjährt.

Für die Verjährung gelten die allgemeinen Vorschriften der §§ 195 ff. BGB. Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre (§ 195 BGB). Sie beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und die Ehefrau als Gläubigerin Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Auskunftsbegründende Umstände sind der Tod des Ehemanns und der Ausschluss des Erbrechts der Ehefrau nach § 1933 BGB. Hinsichtlich der groben Fahrlässigkeit muss der Ehefrau ein schwerer Obliegenheitsverstoß in ihrer eigenen Angelegenheit der Anspruchsverfolgung vorgeworfen werden können. Dabei bezieht sich die grob fahrlässige Unkenntnis auf alle Merkmale der Anspruchsgrundlage. Grundsätzlich nicht vorausgesetzt wird, dass die Ehefrau hieraus die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht. Ausreichend ist, wenn ihr hätte zugemutet werden können, zur Durchsetzung ihrer Ansprüche aussichtsreich, wenn auch nicht risikolos, Klage zu erheben. Diese Voraussetzungen lagen spätestens zum Zeitpunkt der nachlassgerichtlichen Entscheidung vom 26.3.2019 vor, so dass die Verjährung mit Ende des Jahres 2019 zu laufen begann. Auf den Abschluss des Erbscheinsverfahrens kommt es dagegen nicht an.


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