BAG, Urt. 19.2.2019 - 9 AZR 541/15

Rechtsprechungsänderung zum Verfall von Urlaubsansprüchen – Obliegenheiten des Arbeitgebers

Autor: RA FAArbR Dr. Sascha Schewiola, Heuking Kühn Lüer Wojtek, Köln
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 03/2019
Den Arbeitgeber trifft die Initiativlast zur Gewährung von Urlaub nach § 7 BUrlG. Der Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub erlischt deshalb grds. nur dann am Ende des Kalenderjahres, wenn der Arbeitgeber ihn zuvor über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat.

BAG, Urt. v. 19.2.2019 - 9 AZR 541/15

Vorinstanz: LAG München - 8 Sa 982/14

BUrlG § 7; RL 2003/88/EG (Arbeitszeitrichtlinie) Art. 7 Abs. 1

Das Problem

Seit den Entscheidungen des EuGH vom 6.11.2018 (EuGH, Urt. v. 6.11.2018 – C-684/16 – Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften, ArbRB online; s. hierzu auch Oberthür, ArbRB 2019, 13 ff.; EuGH, Urt. v. 6.11.2018 – C-619/16 – Kreuziger, MDR 2018, 1445 = ArbRB 2018, 359 [Grimm]) treibt die Praxis die Frage um, welche Anstrengungen ein Arbeitgeber wann zu unternehmen hat, damit ein vom Arbeitnehmer schlicht nicht genommener Jahresurlaub am Ende eines Kalenderjahres oder jedenfalls zum Ende des Übertragungszeitraums ersatzlos erlischt.

Die Entscheidung des Gerichts

Der 9. Senat des BAG ändert zunächst seine langjährige Rechtsprechung und schließt sich der Rechtsauffassung des EuGH an. Unter Beachtung von Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG (Arbeitszeitrichtlinie) treffe den Arbeitgeber die Initiativlast für die Verwirklichung des Urlaubsanspruchs. Der Arbeitgeber sei gehalten, „konkret und in völliger Transparenz dafür zu sorgen, dass der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage ist, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, indem er ihn – erforderlichenfalls förmlich – auffordert, dies zu tun”. Der Arbeitgeber habe dafür klar und rechtzeitig mitzuteilen, dass der Urlaub am Ende des Bezugs- und Übertragungszeitraums verfalle, wenn der Arbeitnehmer ihn nicht nehme.

Da vorliegend die Sache nicht entscheidungsreif war, verweist das BAG den Rechtsstreit zur erneuten Entscheidung an das LAG München zurück mit dem Auftrag, aufzuklären, ob der Arbeitgeber seinen Obliegenheiten nachgekommen ist.


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