BAG, Urt. 22.1.2019 - 9 AZR 149/17

Urlaubsabgeltungsanspruch der Erben – Tarifliche Ausschlussfrist

Autor: RAin FAinArbR Dr. Cornelia Marquardt, Norton Rose Fulbright LLP München
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 08/2019
Endet ein Arbeitsverhältnis durch Tod des Arbeitnehmers, geht der Anspruch auf Abgeltung eines offenen Resturlaubs auf seine Erben über. Eine hierauf anwendbare tarifliche Ausschlussfrist gilt auch gegenüber den Erben.

BAG, Urt. v. 22.1.2019 - 9 AZR 149/17

Vorinstanz: LAG Schleswig-Holstein - 5 Sa 55/16

RL 2003/88/EG Art. 7; BUrlG § 1, § 3 Abs. 1, § 7 Abs. 4; BGB § 1922 Abs. 1; TVöD § 26, § 27, § 37 Abs. 1 Satz 1; SGB IX § 125

Das Problem

Mit der Klage macht die Klägerin die Abgeltung von Urlaubsansprüchen ihres verstorbenen Ehemanns aus einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten geltend. Auf das Arbeitsverhältnis fand der TVöD Anwendung, der u.a. eine sechsmonatige Ausschlussfrist ab Fälligkeit vorsieht.

Die Entscheidung des Gerichts

In Übereinstimmung mit den Vorinstanzen weist das BAG die Klage ab, weil der Anspruch auf Abgeltung von Urlaubsansprüchen verfallen ist.

Zwar habe der Urlaubsanspruch des Erblassers sich bei seinem Tod in einen rein finanziellen Abgeltungsanspruch gewandelt, der über § 1922 Abs. 1 BGB auf die Klägerin als Erbin übergegangen sei. Dies folge aus der aufgrund der Rechtsprechung des EuGH (EuGH, Urt. v. 6.11.2018 – C-569/16 und C-570/16, ArbRB 2018, 360 [Hülbach]) erforderlichen richtlinienkonformen Auslegung der §§ 1, 7 Abs. 4 BUrlG. Der Tod eines Arbeitnehmers könne nicht zum vollständigen Verlust seines erworbenen Urlaubsanspruchs führen, da dieser neben dem Anspruch auf Freistellung auch einen Anspruch auf Bezahlung umfasse und insoweit rein vermögensrechtlicher Natur sei. Der in Art. 7 Abs. 2 der RL 2003/88/EG vorgesehene Anspruch auf Abgeltung nicht genommener Urlaubstage habe keine anderen Voraussetzungen als die, dass das Arbeitsverhältnis beendet sein (unabhängig vom Beendigungsgrund) und der Arbeitnehmer den gesamten ihm zustehenden Urlaub noch nicht genommen haben müsse. Dies gelte für den gesetzlichen Mindesturlaub ebenso wie für den Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen und einen tariflichen Mehr- oder Zusatzurlaub.

Allerdings sei der Abgeltungsanspruch infolge der tariflichen Ausschlussfrist erloschen, da die Klägerin die sechsmonatige Frist zur schriftlichen Geltendmachung nicht gewahrt habe. Als reiner Geldanspruch unterliege der Anspruch auf Urlaubsabgeltung der tariflichen Ausschlussfrist, an die auch die Klägerin als Erbin gebunden sei. Zwar habe sie selbst nicht in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten gestanden; aus dem Grundsatz der Universalsukzession (§ 1922 Abs. 1 BGB) folge jedoch, dass sie in die Rechtsverhältnisse des Erblassers in dem Zustand eintrete, in dem diese zum Todeszeitpunkt bestehen.


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