BGH, Beschl. 1.12.2021 - XII ZB 472/20

Umfang der Belegpflicht im Zugewinnausgleichsverfahren

Autor: RA Dr. Walter Kogel, FAFamR, Dr. Kogel & Mast Familienanwälte, Aachen
Aus: Familien-Rechtsberater, Heft 03/2022
Die Verpflichtung zur Belegvorlage beschränkt sich auf die Vorlage vorhandener Nachweise. Eine Pflicht zur Erstellung von Belegen, die über die bloße Reproduktion bereits existierender Unterlagen – etwa durch Ausdruck – hinausgeht und eine eigene schöpferische Leistung erfordert, besteht nicht.

BGB § 1377 Abs. 3, § 1379 Abs. 1

Das Problem

Die Beteiligten machen wechselseitig Zugewinnausgleichsansprüche im Wege von Stufenanträgen im Scheidungsverbund geltend. Sie streiten im Rechtsbeschwerdeverfahren über die Verpflichtung des Ehemanns zur weiteren Belegvorlage hinsichtlich eines Anteils an einer GbR. Diese GbR wurde im April 2016 gegründet. Der Scheidungsantrag wurde im November 2016 rechtshängig. Das OLG hat den Ehemann verpflichtet, den Jahresabschluss für 2016 zu belegen. Hiergegen geht der Antragsgegner in der Rechtsbeschwerde mit der Behauptung vor, dass es einen derartigen Abschluss noch gar nicht gebe. Diesen Einwand hatte das OLG dahingestellt sein lassen. Die Verpflichtung zur Vorlage von Belegen erstrecke sich auch auf solche Bescheinigungen, die für den Zweck der Auskunft erst noch erstellt werden müssten.

Die Entscheidung des Gerichts

Der BGH gibt der Beschwerde statt und verweist den Rechtsstreit an das OLG zurück. Nach der Gesetzesbegründung solle die Belegpflicht dazu dienen, dass der Berechtigte die Angaben des verpflichteten Ehegatten besser überprüfen könne. Was im Einzelnen unter den Begriff des Belegs falle, werde in § 1379 BGB nicht definiert. Belege seien alle Urkunden, Dokumente, Bescheinigungen und sonstige Unterlagen, die aussagekräftig für die Vollständigkeit und Richtigkeit des als Auskunft erstellten Bestandsverzeichnisses, für die Existenz und den Zustand der verzeichneten Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten sowie für deren Wert seien. Bei dem Jahresabschluss handele es sich um einen solchen Beleg. Allerdings werde der Umfang der Verpflichtung zur Belegvorlage unterschiedlich beurteilt. Im Gegensatz zu einigen Äußerungen in der Literatur (vgl. z.B. Braeuer, FamRZ 2010, 776) werde überwiegend vertreten, dass sich die Vorlagepflicht auf vorhandene Belege beschränke. Dieser Auffassung schließt sich der Senat an. Eine Pflicht zur Erstellung von Belegen, die über die bloße Reproduktion bereits existierender Unterlagen – etwa durch Ausdruck – hinausgehe und wie etwa bei einem Jahresabschluss eine eigene schöpferische Leistung erfordere, bestehe nicht. Zwar ergebe sich dies nicht zwingend aus dem Wortlaut von § 1379 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die Beschränkung auf vorhandene Belege ergebe sich aber aus dem Zweck der Regelung. Der Anspruch auf Belegvorlage diene als Hilfsanspruch in erster Linie zur Kontrolle der Auskunft (vgl. BT-Drucks. 16/10798, 18). Der Auskunftsanspruch richte sich auf die Zusammensetzung des Vermögens des Auskunftspflichtigen am Stichtag einschließlich der wertbildenden Faktoren. Der Auskunftsberechtige solle prüfen können, ob der Pflichtige seinen Wissenstand zu den von der Auskunft umfassten Punkten zutreffend und vollständig mitgeteilt habe. Die Belegvorlage diene also vor allem dem Ausgleich des „Informationsgefälles“. Sie diene indes nicht dazu, dem Auskunftsberechtigten weitere Auskünfte und einen Informationsstand zu verschaffen, der noch über das aktuell verfügbare Wissen des Auskunftspflichtigen hinausgehe.


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