BGH, Beschl. 25.10.2022 - VIII ZB 58/21

Räumung: Besorgnis nicht rechtzeitiger Leistung

Autor: RiKG Dr. Oliver Elzer, Berlin
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 01/2023
Die Besorgnis, der Mieter werde sich der Verpflichtung zur Räumung und Herausgabe von Wohnräumen i.S.d. § 259 ZPO entziehen, kann nach den Umständen des Einzelfalls auch dann gerechtfertigt sein, wenn er seinen Widerspruch gegen die Kündigung des Mietverhältnisses gem. §§ 574 ff. BGB damit begründet, die von ihm seit der Kündigung unternommene Suche nach Ersatzwohnraum sei bislang erfolglos geblieben, weshalb eine Räumung und Herausgabe der Wohnräume bei Beendigung des Mietverhältnisses für ihn wegen drohender Obdachlosigkeit eine nicht zu rechtfertigende Härte i.S.v. § 574 Abs. 2 BGB darstelle.

ZPO § 91a, § 259; BGB §§ 574 ff.

Das Problem

K kündigt B im Juni 2020 wegen Eigenbedarfs zum 31.3.2021. B widerspricht der Kündigung am 29.1.2021. Er sei seit Erhalt der Kündigung auf Wohnungssuche. Zum jetzigen Zeitpunkt wäre er mit Ablauf des 31.3.2021 obdachlos, so dass eine nicht zu rechtfertigende Härte i.S.v. § 574 Abs. 2 BGB vorliege. Mit einem am 22.2.2021 beim AG eingegangenem und B am 16.3.2021 zugestelltem Schriftsatz erhebt K eine auf Verurteilung des B zur Räumung und Herausgabe der Wohnung „spätestens am 31.3“ gerichtete Klage. B zeigt am 30.3.2021 seine Verteidigungsbereitschaft an und teilt mit, er habe eine Wohnung gefunden. Die Parteien erklären daraufhin den Rechtsstreit im April 2021 in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt und stellen widerstreitende Kostenanträge. Bei der Entscheidung über die Kosten wird fraglich, ob § 259 ZPO anwendbar war.

Die Entscheidung des Gerichts

Der BGH bejaht die Frage. Maßgeblich sei das Widerspruchsschreiben vom 29.1.2021. B habe dort eindeutig zu erkennen gegeben, bei unverändert bleibender Situation, nämlich der weiteren Erfolglosigkeit seiner Suche nach einer neuen Wohnung, auch im Zeitpunkt der Beendigung des Mietvertrages nicht zu einem Auszug bereit sei. Dass ein Mieter den Kündigungsgrund ernstlich bestreite, sei demgegenüber nicht notwendig. Das nach § 259 ZPO erforderliche „Sich-Entziehen“ sei bereits dann zu besorgen, wenn der Mieter deutlich gemacht habe, er werde mangels Verfügbarkeit von Ersatzwohnraum über den Zeitpunkt der Beendigung des Mietvertrages hinaus in der Wohnung verbleiben.


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