BGH, Beschl. 27.4.2021 - VIII ZB 44/20

Veranlassung zur Klage auf Duldung von Baumaßnahmen

Autor: RAin FAinMuWR Dr. Catharina Kunze, Rathjensdorf
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 07/2021
Voraussetzung für eine Klage auf Duldung von Baumaßnahmen ist, dass der Vermieter nach der Ankündigung der Maßnahmen (erneut) zur Abgabe einer Duldungserklärung aufgefordert hat.

BGB §§ 555a Abs. 1, 555d Abs. 1; ZPO §§ 91a Abs. 1 S. 1, 93

Das Problem

Die Vermieterin eines Mehrfamilienhauses kündigte mit Schreiben v. 27.11.2019 die Durchführung von Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen an. Sie setzte dabei den beklagten Mietern eine Frist zum 31.12.2019 sowie gleichzeitig eine Nachfrist zum 6.1.2020 für deren Mitteilung, ob sie die angekündigten Baumaßnahmen dulden würden. Am 14.1.2020 erhob die Vermieterin mit der Begründung, bisher sei keine Duldungserklärung abgegeben worden, Klage auf Duldung der angekündigten Maßnahmen. Die Mieter übermittelten noch am Tag der Klagezustellung per E-Mail eine auf den 22.12.2019 datierte Duldungserklärung. Die Vermieterin erklärte den Rechtsstreit für erledigt und stellte Kostenantrag, da sie das Schreiben nicht erhalten habe.

Die Entscheidung des Gerichts

Nachdem das AG der Klägerin die Kosten auferlegt hatte, wies das LG die sofortige Beschwerde der Klägerin hiergegen zurück, ließ aber die Rechtsbeschwerde zu wegen der von ihm als grundsätzlich angesehenen Frage, welche Mietvertragspartei das Risiko des Verlusts einer schriftlichen Duldungserklärung zu tragen habe. Der BGH wies das Rechtsmittel zurück. Bei der Kostenentscheidung sei nach § 91a Abs. 1 S. 1 ZPO darauf abzustellen, wer die Kosten bei fehlenden übereinstimmenden Erledigungserklärungen hätte tragen müssen. Bei der Billigkeitsentscheidung sei der Rechtsgedanke des § 93 ZPO zu berücksichtigen, wonach die Kosten den Kläger träfen, wenn der Beklagte keinen Anlass zur gerichtlichen Geltendmachung des Klageanspruchs gegeben und ihn sofort nach Klagezustellung bzw. nach Fälligkeit erfüllt oder den Kläger sonst klaglos gestellt habe (Hinweis auf BGH v. 9.2.2006 – IX ZB 160/04, MDR 2006, 1188; v. 11.12.2003 – I ZR 68/01, juris). Beides sei hier der Fall, wobei es nicht darauf ankomme, ob die Beklagten es zu vertreten hätten, dass die Klägerin die Duldungserklärung nicht erhalten habe. Denn selbst wenn die Beklagten die Bitte um Abgabe der Duldungserklärung schlicht unbeachtet gelassen hätten, hätten sie keine Veranlassung zur Klage gegeben. Ein Klageanlass hätte allenfalls dann bestanden, wenn die Klägerin nach Ablauf einer angemessenen Frist nach Zugang des Ankündigungsschreibens v. 27.11.2019 (erneut) zur Abgabe einer Duldungserklärung aufgefordert hätte. Die Aufforderung im Ankündigungsschreiben habe schon deswegen nicht ausgereicht, weil die Duldung der Baumaßnahmen zu diesem Zeitpunkt noch nicht fällig war und die Aufforderung auch im Hinblick auf eine etwa bestehende (Neben-)Pflicht der Beklagten zur Abgabe einer Duldungserklärung keinen Verzug begründet habe. Die Beklagten hätten die Duldung nicht vor dem angekündigten Beginn am 20.1.2020 geschuldet. Es könne offenbleiben, ob die Beklagten verpflichtet gewesen seien, schon vor diesem Zeitpunkt ihre Duldungsbereitschaft anzuzeigen. Denn eine Klageveranlassung käme nur in Betracht, wenn die Beklagten mit dieser etwaigen Pflicht vor Prozessbeginn in Verzug geraten wären, was mangels Mahnung nicht der Fall sei. Eine vor Fälligkeit ausgesprochene Mahnung sei wirkungslos, wobei es im Einzelfall zulässig sein könne, die Mahnung mit der die Fälligkeit auslösenden Handlung zu verbinden (folgen ausführliche Hinweise zur Rechtsprechung des BGH hierzu). So sei es hier jedoch nicht. Bejahe man eine Mitteilungspflicht des Mieters, sei die Aufforderung zur Abgabe der Duldungserklärung Voraussetzung; sie löse aber jedenfalls dann, wenn sie mit der erstmaligen Ankündigung verbunden sei, nicht deren (sofortige) Fälligkeit aus. Gehe es um Modernisierungsmaßnahmen, könne dem Mieter schon wegen der ihm gesetzlich eingeräumten Fristen (Mitteilung von Härtegründen, Erklärung einer Sonderkündigung) vor deren Ablauf keine Erklärung zu seiner Duldungsbereitschaft abverlangt werden. Auch bei reinen Erhaltungsmaßnahmen sei dem Mieter eine angemessene Frist zur Prüfung des Vermieteranliegens zuzubilligen. I.ü. hätten die Beklagten schon im Januar 2019 erklärt, die Anbringung eines Wärmeverbundsystems zu dulden, wenn diese Maßnahme behördlich genehmigt werde.


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