BGH, Beschl. 8.5.2018 - VIII ZR 200/17

Zulässigkeit eines Kündigungsausschlusses

Autor: RiAG Dr. jur. Dr. phil. Andrik Abramenko, Idstein
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 08/2018
Individualvertraglich kann ein dauerhafter Kündigungsverzicht vereinbart werden, zu Lasten des Vermieters auch in den von ihm gestellten Allgemeinen Geschäftsbedingungen.

BGH, Beschl. v. 8.5.2018 - VIII ZR 200/17

Vorinstanz: LG Düsseldorf - 23 S 92/16

BGB § 307

Das Problem

Die Parteien streiten um die Räumung und Herausgabe von Wohnraum. Die Mieter schlossen mit dem Voreigentümer des Klägers einen Mietvertrag unter Verwendung eines Formulars von „Haus und Grund” über eine Wohnung in einem Zweifamilienhaus. Dort wurde die Klausel „Kündigungsverzicht” angekreuzt und der Klammerzusatz „maximal vier Jahre ab Vertragsbeginn” gestrichen. In einer Zusatzvereinbarung vereinbarten die Parteien, dass die Mieter für Heizöleinkauf, Heizungswartung, Emissionsmessung und Schornsteinfeger verantwortlich sein sollten. Nach dem Erwerb der Wohnung im Mai 2015 kündigte der neue Vermieter wegen Eigenbedarfs. Seine vor dem AG erfolglose Räumungsklage hatte in der Berufung Erfolg, da das LG Düsseldorf den dauerhaften Kündigungsausschluss nach § 307 Abs. 1 BGB, aber auch eine entsprechende individualvertragliche Vereinbarung für unwirksam hielt. Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Rechtsmittel hatte Erfolg und führte zur Aufhebung und Zurückverweisung, da die angegriffene Entscheidung den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör verletzt. Denn diese hatten vorgetragen, dass die Verwendung des von ihnen mitgebrachten Vertragsformulars auf dem ausdrücklichen Wunsch der Vermieterin beruhte. Zudem sei der Kündigungsausschluss Ergebnis intensiver Vertragsverhandlungen, wobei die Beklagten im Gegenzug Vermieterpflichten wie die Sorge für Heizöleinkauf, Heizungswartung, Emissionsmessung und Schornsteinfeger übernommen hätten. Vor dem Hintergrund dieses vom Berufungsgericht unberücksichtigten Vortrags kann nicht von der Verwendung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch die verklagten Mieter ausgegangen werden. Maßgeblich hierfür ist die einseitige Auferlegung durch eine Partei. Dies würde schon daran scheitern, dass das Formular von „Haus und Grund” nicht von den Mietern gestellt, sondern von der Vermieterin gewünscht wurde. Zudem lässt das Berufungsgericht den Vortrag der Beklagten außer acht, wonach der Kündigungsverzicht und die Zusatzvereinbarung über Heizöleinkauf, Heizungswartung, Emissionsmessung und Schornsteinfeger im Einzelnen ausgehandelt seien. In diesem Fall können selbst vorformulierte Klauseln des Verwenders Gegenstand und Ergebnis von Individualabreden sein. Wenn es sich aber um allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, die von der Vermieterseite gestellt wurden, kann sich diese von vornherein nicht auf ihre Unwirksamkeit berufen. Denn deren Inhaltskontrolle soll nur den Vertragspartner des Verwenders schützen. Schließlich trifft die Hilfserwägung des Berufungsgerichtes nicht zu, wonach ein dauerhafter Kündigungsausschluss auch als Individualvereinbarung nicht wirksam verabredet werden kann. Dies ist vielmehr auch für lange Zeiträume möglich (s. zuletzt BGH v. 10.7.2013 – VIII ZR 388/12, MDR 2013, 1089 = MietRB 2013, 285 = NJW 2013, 2820). Eine Grenze setzt bei individuell vereinbarten Kündigungsausschlüssen nur § 138 BGB. Allenfalls kommt analog § 544 BGB nach Ablauf von 30 Jahren eine außerordentliche Kündigung mit gesetzlicher Frist in Betracht, die nicht auf den ersten möglichen Termin nach diesem Zeitablauf beschränkt ist.


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