BGH, Urt. 19.1.2022 - VIII ZR 123/21

Mietpreisbremse: Zulässige Inkassodienstleistungen

Autor: RiLGDr. jur. Dr. phil. Andrik Abramenko, Idstein
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 04/2022
1. Ein Inkassodienstleister darf nicht nur über §§ 556d ff. BGB hinausgehende Miete zurückfordern. Es ist mit § 10 Abs. 1S. 1Nr. 1 RDG vereinbar, dass er den Vermieter auffordert, die überhöhte Miete künftig nicht mehr zu fordern, diese herabzusetzen und hierauf gerichtete Feststellungsanträge zu stellen.2. Steht dem Inkassodienstleister nur im Erfolgsfall ein Entgelt zu, ist der Vertrag mit dem Mieter nicht nach § 312j Abs. 4 BGB unwirksam, wenn dieser nicht auf einer eigenen Schaltfläche auf die Kostenpflicht seines Angebotes hinweist, sondern nur den Button „Mietsenkung beauftragen“ verwendet.

BGB § 556d; RDG § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1

Das Problem

Die Parteien streiten um die Begrenzung von Miete nach den §§ 556d ff. BGB. Die Klägerin, eine nach § 10 Abs. 1S. 1Nr. 1 RDG eingetragene Inkassodienstleisterin bietet auf einer von ihr betriebenen Internetseite die Durchsetzung von Ansprüchen im Zusammenhang mit der Mietpreisbremse an. Durch Anklicken einer Schaltfläche mit der Bezeichnung „Mietsenkung beauftragen“ tritt der Mieter sämtliche in diesem Zusammenhang bestehenden Ansprüche gegen den Vermieter ab, wobei die Klägerin im Erfolgsfall Anspruch auf die für vier Monate überzahlte Miete erhält. Die Klägerin darf neben der Rückforderung überzahlter Miete noch Auskunftsansprüche, die Feststellung der Unwirksamkeit der Vereinbarung der Miethöhe, die Freigabe der Mietkaution und weitere Ansprüche in Zusammenhang mit der künftigen Herabsetzung der Miete geltend machen. Hier verlangte die Klägerin vom Vermieter eines Zedenten Auskunft über die vom Vormieter gezahlte Miete, über vorangegangene Mieterhöhungen und über durchgeführte Modernisierungsmaßnahmen sowie die Rückzahlung von 422,48 € Miete. Die Berufungsinstanz sah darin eine Überschreitung der nach § 10 Abs. 1S. 1Nr. 1 RDG zulässigen Forderungseinziehung und hielt daher die Abtretung für unwirksam. Hiergegen richtet sich die zugelassene Revision.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Rechtsmittel führte zur Aufhebung und Zurückverweisung. Der BGH hält zunächst an seiner Rechtsprechung fest, wonach die auf der Grundlage von § 556d Abs. 2 BGB erlassene Berliner Mietenbegrenzungsverordnung wirksam ist (BGHv. 27.5.2020 – VIII ZR 45/19, MietRB 2020, 194, 195 [Börstinghaus] = MDR 2020, 845). Insbesondere ist ihre Begründung durch Veröffentlichung auf der Internetseite des Abgeordnetenhauses ordnungsgemäß bekannt gemacht. Dabei kommt es nicht darauf an, dass der Verordnungsgeber die Veröffentlichung einer anderen Stelle überlassen hat.

Die Abtretung ist nicht wegen Verstoßes gegen § 3 RDG unwirksam. Inkassodienstleister können auch über den reinen Forderungseinzug hinausgehende Tätigkeiten im Rahmen der Rechtsberatung übernehmen, etwa dazu auffordern, die überhöhte Miete künftig nicht mehr zu verlangen. Denn diese Tätigkeiten stehen in engem Zusammenhang mit dem Anspruch auf Rückerstattung. Dem steht nicht entgegen, dass der Streitwert für diese Abwehr künftiger Mietüberhöhungen denjenigen der Rückforderung weit übersteigt. Denn Rückforderung und auf die Zukunft gerichtetes Herabsetzungsbegehren bilden eine nicht zu trennende Einheit. Anderenfalls müsste der Vermieter Monat für Monat ein gleichartiges Rückzahlungsverlangen gewärtigen. Auch die Vereinbarung eines Erfolgshonorars ist in diesem Zusammenhang zulässig, da die Inkassodienstleister nicht denselben Einschränkungen wie Rechtsanwälte unterworfen sind. Schließlich steht der Wirksamkeit des Vertrages auch nicht § 312j Abs. 2 BGB entgegen, wonach auf der Schaltfläche „Mietsenkung beauftragen“ nicht ausdrücklich auf die Zahlungspflicht hingewiesen wird. Denn der Zweck der Vorschrift, Verbraucher vor den spezifischen Gefahren von Internetbestellungen zu schützen, ist hier nicht betroffen. Der Mieter schuldet ein Entgelt ausschließlich im Erfolgsfall, weshalb das Geschäftsmodell nicht mit einer Kostenfalle verbunden ist. Da sich das Berufungsgericht aus seiner Sicht konsequent mit der Berechtigung der Forderung noch nicht beschäftigt hat, war die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung dorthin zurückzuverweisen.


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