BGH, Urt. 20.5.2020 - VIII ZR 55/19

Modernisierung: Anforderungen an die Ankündigung energetischer Modernisierungsmaßnahmen

Autor: RAin FAin MuWR Dr. Catharina Kunze, Berlin
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 08/2020
Für Maßnahmen der energetischen Modernisierung muss der Mieter über diejenigen Tatsachen informiert werden, die es ihm ermöglichen, in groben Zügen deren voraussichtliche Auswirkungen auf den Mietgebrauch abzuschätzen und ggf. überschlägig zu ermitteln, ob die Maßnahmen voraussichtlich zu einer nachhaltigen Energieeinsparung führen werden.

BGB §§ 555c Abs. 1, 555b Nr. 1

Das Problem

Die seit 2008 von der Mieterin bewohnte Wohnung in einem Mehrparteienhaus verfügt über Gasetagenheizung und Gasherd. Mit Schreiben v. 1.9.2017 kündigt die Vermieterin den Einbau einer Gaszentralheizung an, wobei die Wohnung an eine Zentralheizung mit Gas-Brennwertkessel angeschlossen und vom Gasnetz getrennt werde. Es werde eine „Wohnungsstation“ installiert und mit der Zentralheizung über isolierte Leitungsstränge verbunden, über die die Wohnungen künftig beheizt und mit Warmwasser versorgt würden. Dafür würden u.a. die Gasleitungen und Feuerstätten entfernt, die Gasthermen ausgebaut, die vorhandenen Heizkörper gegen Plattenheizkörper ausgetauscht und diese unter Rückbau der sichtbaren Heizungsrohre über verkleidete Ringleitungen an die „Wohnungsstation“ angebunden. Die Regelung der Heizung erfolge über einen Thermostat. Der Gasherd werde gegen einen Elektroherd ausgetauscht und die Wohnung über isolierte Warmwasserleitungen mit einem zentralen Warmwasserbereiter verbunden. Die voraussichtliche Mieterhöhung werden 69 €/Monat betragen. Die künftige Vorauszahlung für die Wärmeversorgung werde 1,50 €/qm betragen. Mit einer Anlage zur Ankündigung „Berechnung der Energieeinsparung“ wurden die Energiekosten für alle betroffenen Wohnungen der Gebäudekomplexe vor und nach der Sanierung mitgeteilt, untergliedert in Endenergie und Verbrauchskosten, weiter die erwartete Heizkosteneinsparung mit 0,08 €/qm. Die Mieterin stimmte den Maßnahmen nicht zu. Die Duldungsklage der Vermieterin scheiterte bei AG und LG. Das LG legte zugrunde, dass der Gesetzgeber der Mietrechtsreform 2001 mit der Neufassung der Vorgängerregelung des § 554 Abs. 3 BGB a.F. ausdrücklich die äußerst strengen Anforderungen der seinerzeitigen Rechtsprechung an Modernisierungsankündigungen absenken wollte und der BGH dies aufgegriffen und konkretisiert habe; dennoch genüge die vorliegende Ankündigung als zu unbestimmt den Anforderungen des § 555c Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB nicht.

Die Entscheidung des Gerichts

Die Revision hatte Erfolg. Der Mindestinhalt einer Modernisierungsankündigung sei einerseits an dem Informationsbedürfnis des Mieters auszurichten, um diesem eine sachgerechte Beurteilung der beabsichtigten Maßnahme zu ermöglichen, insbesondere hinsichtlich seiner Duldungspflicht, der für ihn zu treffenden Maßnahmen und der ggf. zu ziehenden vertragsrechtlichen Konsequenzen (Hinweis auf BGH v. 28.9.2011 – VIII ZR 242/10, MietRB 2011, 371 u. 379 [Dötsch] = MDR 2011, 1413). Andererseits sei es nicht Ziel der Mitteilungspflichten, die Befugnisse des Vermieters zu Modernisierungsmaßnahmen einzuschränken, sondern sie sollten dem Mieter hierbei lediglich einen ergänzenden Schutz gewähren. Dieser Schutz dürfe nicht so weit gehen, dass einem Vermieter die Durchführung zulässiger Modernisierungsmaßnahmen durch eine Handhabung der Mitteilungsanforderungen erschwert werde, die über das zum Schutz des Mieters gebotene Maß hinausgingen und hierdurch den Modernisierungsanspruch des Vermieters unvertretbar verkürze (Hinweis wie oben). Bei energetischer Modernisierung müsse der Mieter danach über diejenigen Tatsachen informiert werden, die es ihm ermöglichten, in groben Zügen die voraussichtlichen Auswirkungen auf seinen Mietgebrauch abzuschätzen und überschlägig zu ermitteln, ob die Maßnahmen voraussichtlich zu einer nachhaltigen Energieeinsparung führen werden (Hinweis auf BGH v. 18.12.2019 – VIII ZR 332/18, MietRB 2020, 100 [Dötsch] = MDR 2020, 215; v. 12.6.2018 – VIII ZR 121/17, WuM 2018, 723). Hieran gemessen stelle das Ankündigungsschreiben Umfang und Auswirkungen der Baumaßnahmen ausreichend dar. Die Beklagte könne entgegen der Ansicht des LG auch überschlägig beurteilen, ob eine nachhaltige Einsparung von Heizenergie bewirkt werde. Die „Berechnung der Energieeinsparung“ erläutere die Einsparung hinreichend, denn die Beklagte könne danach die auf ihre Wohnung entfallende jährliche Energieeinsparung von 1.579,25 kWh/a errechnen, ebenso die monatliche Heizkosteneinsparung von 6,10 €. Ob dies, wie das LG angenommen habe, „keine signifikante, geschweige denn eine deutliche Ersparnis“ darstelle, sei für die Prüfung der formellen Ordnungsgemäßheit der Ankündigung ohne Bedeutung. Den erwarteten Nebenkostenvorschuss von 1,50 €/qm könne die Beklagte zur Plausibilitätsprüfung der Energieeinsparung mit ihren bisherigen Kosten vergleichen. Die tatsächlichen Gegebenheiten der Beklagtenwohnung seien nicht anzugeben, diese seien der Beklagten bekannt bzw. müssten ihr bekannt sein. Der konkrete Wirkungsgrad der alten sowie der neuen Heizungsanlage brauche nicht angegeben zu werden. Der Herdaustausch sei eine notwendige Begleitmaßnahme der Heizungsmodernisierung, einer Angabe der Energieeinsparung hierbei bedürfe es nicht.


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