BGH, Urt. 7.7.2021 - VIII ZR 167/20

Mieterhöhungsverlangen: Formell wirksam ohne Mietspiegel?

Autor: RA und Partner Ulrich C. Mettler, Ladenburger Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB, Pforzheim
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 11/2021
Ein Mieterhöhungsverlangen nach § 558a BGB ist nicht bereits deshalb formell unwirksam, weil der vom Vermieter herangezogene Mietspiegel nicht beigefügt oder die nach dem Mietspiegel gegebene Mietpreisspanne nicht angegeben wird.

BGB § 558a

Das Problem

Ein Vermieter fordert mit Schreiben v. 6.11.2018 den Mieter einer ca. 80 qm großen 3-Zimmer-Wohnung in Nürnberg auf, einer 15%igen Erhöhung der seit Mietbeginn vereinbarten Nettokaltmiete von monatlich 490 € um 73,50 € auf 563,50 €, was einer Miete von 7,04 €/qm entspricht, zuzustimmen. Das Schreiben nimmt Bezug auf den Nürnberger Mietspiegel 2018 und enthält den Hinweis, dass dieser beim Vermieter eingesehen werden kann, außerdem enthält das Schreiben Angaben zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete, namentlich zur Wohnfläche, zur Basis-Nettokaltmiete je qm, zur Basis-Nettokaltmiete je Monat, zur Lage, zu Baujahr, zum Nichtvorhandensein eines Balkons und zum Nichtvorhandensein einer Sprechanlage, daraus wird ein prozentualer Abschlag ermittelt und die Vergleichsmiete mit 7,85 €/qm angegeben. Der Mieter erteilt die Zustimmung zur begehrten Mieterhöhung nicht. Der Vermieter erhebt daraufhin Klage, die vor dem AG und LG keinen Erfolg hatte. Die Revision des Vermieters hatte dagegen Erfolg.

Die Entscheidung des Gerichts

Anders als von den Vorinstanzen angenommen, muss der vom Vermieter zur Begründung seines Erhöhungsverlangens herangezogene Mietspiegel jenem Schreiben nicht beigefügt werden, wenn es sich um einen allgemein zugänglichen Mietspiegel handelt, was auch dann zu bejahen ist, wenn der Mietspiegel gegen eine geringe Schutzgebühr von privaten Vereinigungen an jedermann abgegeben wird (vgl. BGH v. 30.9.2009 – VIII ZR 276/08, MietRB 2010, 2 [Lehmann-Richter] = MDR 2010, 18 = NJW 2010, 225; v. 12.12.2007 – VIII ZR 11/07, MietRB 2008, 98 [Kunze] = MDR 2008, 312 = NJW 2008, 573). Es genügt, wenn der Vermieter dem Mieter eine wohnortnahe Einsichtsmöglichkeit anbietet (vgl. BGH v. 11.3.2009 – VIII ZR 74/08, MietRB 2009, 157 [Theesfeld] = MDR 2009, 621 = NJW 2009, 1667). Auch die sich aus dem Mietspiegel ergebende Mietpreisspanne muss der Vermieter zur Erfüllung der formellen Voraussetzungen des § 558a BGB nicht in jedem Fall angeben, entbehrlich ist dies u.a. dann, wenn der Vermieter, der sein Erhöhungsverlangen auf einen Mietspiegel stützt, der in Form von Tabellenfeldern für Wohnungen einer bestimmten Kategorie jeweils eine bestimmte Mietpreisspanne ausweist, das nach Auffassung des Vermieters einschlägige Mietspiegelfeld mitteilt.

Der Nürnberger Mietspiegel 2018 war zum Zugang des Erhöhungsverlangens allgemein zugänglich. Dem Mieter ist es auch zuzumuten, diesen Mietspiegel zur Überprüfung des Erhöhungsbegehrens heranzuziehen und ihm das Bestehen und die Größenordnung der Mietpreisspanne zu entnehmen. Deren konkrete Bestimmung erforderte lediglich eine schlichte Prozentrechnung unter Zugrundelegung des vom Vermieter mit 627,98 € angegebenen Tabellenwerts. Vor diesem Hintergrund bedurfte es zur Erfüllung der Voraussetzungen des § 558a BGB auch weder der konkreten Bezifferung dieser Spanne noch eines ausdrücklichen Hinweises auf das Vorliegen einer Spanne im Erhöhungsschreiben selbst (vgl. BGH v. 18.12.2019 – VIII ZR 236/18, MietRB 2020, 65 [Mettler] = MDR 2020, 401 = WuM 2020, 86). Deshalb war es auch nicht zu beanstanden, dass der Vermieter vorliegend im Erhöhungsschreiben die ortsübliche Vergleichsmiete als Einzelbetrag angegeben hat und der Mieter, um erkennen zu können, dass dieser Betrag den Mittelwert einer – für alle Wohnungen in gleicher Weise zu berechnenden – Mietpreisspanne darstellt, Einsicht in den Mietspiegel nehmen muss. Eine Einsichtnahme ist ohnehin erforderlich, wenn der Mieter die Berechnung der verlangten Mieterhöhung überprüfen will. Die formellen Voraussetzungen des § 558a BGB sind selbst dann erfüllt, wenn ein Vermieter die auf der Grundlage der Wohnfläche zu bestimmende Basismiete fehlerhaft ermittelt, denn dabei handelt es sich um einen inhaltlichen Fehler, der die Wahrung der Förmlichkeiten des Erhöhungsverlangens nach § 558a BGB nicht berührt (vgl. BGH v. 11.3.2009 – VIII ZR 316/07, WuM 2009, 239).


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