Coronavirus – Grund zum Rücktritt von der gebuchten Reise?

12.08.2021, Redaktion Anwalt-Suchservice
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Flugzeug,Flughafen Das Coronavirus sorgt für viele Reisestornierungen. © Ma - Anwalt-Suchservice

Das Coronavirus hat schon viele Reisepläne vereitelt. Viele Urlauber stehen auch 2021 wieder vor der Frage, ob es möglich ist, die lange geplante Urlaubsreise ohne Stornokosten abzusagen.

Die Delta-Variante treibt die Corona-Zahlen international nach oben. Das Bundesgesundheitsministerium und das Auswärtige Amt weisen kurzfristig Länder als Hochrisikogebiete oder Virusvariantengebiete aus - Einschränkungen für das Reisen sind die Folge. Auch können sich die Einschätzungen jederzeit ändern: Portugal wurde Ende Juni zum Virusvariantengebiet erklärt, mittlerweile aber zum Hochrisikogebiet zurückgestuft. Spanien ist Hochrisikogebiet. Wann kann man seine bereits gebuchte Urlaubsreise stornieren - und geht das auch kostenlos oder nur mit Stornogebühren?

Welche Arten von Risikogebieten gibt es und was gilt für die Rückreise?


Die Arten und die Einteilung der verschiedenen Risikogebiete hat sich zum 1. August 2021 geändert. Seit diesem Tag gilt eine neue Corona-Einreiseverordnung mit neuen Quarantäne- und Testregeln.

Inzwischen gibt es nur noch zwei Arten von Risikogebieten: Virusvariantengebiete und Hochrisikogebiete. Das einfache Risikogebiet ist entfallen. Als Hochrisikogebiete gelten im August 2021 etwa die Niederlande, Spanien inklusive Balearen, Portugal, Tunesien, Großbritannien, Zypern.

Vor der Einreise aus einem Risikogebiet müssen Reisende generell eine digitale Einreiseanmeldung durchführen. Bei technischen Störungen ist diese auch in Papierform möglich.

Seit dem 1.8.2021 müssen alle Einreisenden, unabhängig vom Verkehrsmittel und unabhängig vom Aufenthalt in einem Risikogebiet, nachweisen, dass sie entweder geimpft, genesen oder kurz vor der Abreise negativ auf Corona getestet sind. Für Rückreisende aus einem Virusvariantengebiet ist ein negativer Test obligatorisch, hier ist ein Impf- oder Genesungsnachweis NICHT ausreichend. Ausnahmen gelten für Kinder unter 12 Jahren.

Hat man sich in einem Hochinzidenz- oder Virusvariantengebiet aufgehalten, ist man dazu verpflichtet, sich nach der Rückkehr auf direktem Weg nach Hause und in häusliche Quarantäne zu begeben. Bei der Rückkehr aus Hochrisikogebieten dauert diese 10 Tage (Kinder unter 12: fünf Tage), bei Virusvariantengebieten sind es 14 Tage. Bei Hochrisikogebieten kann die Quarantäne vorzeitig beendet werden, indem man dem Einreiseportal der Bundesrepublik einen Genesenennachweis, einen Impfnachweis oder einen negativen Testnachweis übermittelt.

Wie hängen Reisewarnungen und Risikogebiete zusammen?


Eine Einstufung als Risikogebiet bedeutet nicht automatisch eine Reisewarnung für das jeweilige Land. Ob eine solche besteht, erfahren Sie auf der Homepage des Auswärtigen Amtes. Oft wird von Reisen dorthin nur allgemein abgeraten. Grundsätzlich gilt allerdings für Hochrisikogebiete und Virusvariantengebiete eine Reisewarnung. Dies bedeutet nicht, dass Sie nicht dorthin reisen dürfen. Es erleichtert Ihnen aber eine Stornierung. Je nach Art des Risikogebietes gelten unterschiedliche Testpflichten und Quarantäneregeln für die Rückreise.

Welche Vorschriften gibt es zum Reiserücktritt?


Als Pauschalreisen gelten Reisen mit mindestens zwei Reiseleistungen, wie Flug und Hotel. Hier gibt es eine gesetzliche Regelung zum Reiserücktritt in § 651h des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Danach dürfen Reisende vor Reiseantritt jederzeit vom Reisevertrag zurücktreten. Allerdings darf der Reiseveranstalter eine Entschädigung verlangen. Deren Höhe richtet sich meist danach, wie viel Zeit bis zum Reisebeginn noch bleibt. Verbraucher dürfen also eine Pauschalreise vor Antritt jederzeit stornieren, müssen jedoch eine Stornogebühr zahlen.

Eine wichtige Ausnahme gibt es: Gemäß Absatz 3 der Vorschrift darf der Reiseveranstalter keine Stornogebühr fordern, "wenn am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände auftreten, die die Durchführung der Pauschalreise oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigen."

"Unvermeidbar und außergewöhnlich" heißt: Diese Umstände unterliegen nicht der Kontrolle dessen, der sich darauf beruft. Ihre Folgen hätte man auch dann nicht vermeiden können, wenn alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen worden wären.
Wird das Reiseland zum Virusvariantengebiet oder Hochrisikogebiet erklärt, liegen entsprechende außergewöhnliche Umstände vor. Grund ist das stark erhöhte Infektionsrisiko. Bei einem einfachen Risikogebiet gilt diese Ausnahme nicht.

Wichtig: Die Gründe für die Stornierung dürfen erst nach Buchung der Reise entstanden sein.

Problem: Die Einschätzung, ob ein Gebiet zum Beispiel ein Hochrisikogebiet wird, fällt sehr kurzfristig. Wer vorher und damit zu früh storniert, muss Stornogebühren zahlen.

Übrigens kann auch der Reiseveranstalter vom Reisevertrag zurücktreten, wenn er aufgrund unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstände an der Erfüllung des Vertrages gehindert wird. Dann muss er den Rücktritt den Reisenden sofort mitteilen und verliert seinen Anspruch auf den Reisepreis. Diesen hat er innerhalb von 14 Tagen nach dem Rücktritt zurückzuzahlen.

Was gilt, wenn ich vor der Reise krank werde?


Wenn Sie vor der Abreise krank werden - egal, ob es sich um COVID oder eine schlichte Grippe handelt - sind Sie aus persönlichen Gründen verhindert, die Reise anzutreten. Ihnen bleibt dann nichts anderes übrig, als die Reise zu stornieren, die Stornokosten zu zahlen und - soweit vorhanden - Ihre Reiserücktrittsversicherung in Anspruch zu nehmen. Diese sollte bei einer Erkrankung die Stornokosten übernehmen.

Was gilt, wenn ich nicht einreisen kann?


Wenn Sie nicht in das jeweilige Land einreisen dürfen, greift § 651h Abs. 3 BGB: Wegen außergewöhnlicher Umstände keine Stornogebühr. Der Reiseveranstalter muss Ihnen Ihr Geld innerhalb von 14 Tagen zurücküberweisen.

Was gilt, wenn die Anreise unmöglich ist, weil Flüge oder Züge ausfallen?


Auch hier liegt ein unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstand vor, der die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigt. Also auch ein guter Grund für eine kostenlose Stornierung. Aber: Dies trifft nur zu, wenn das Reiseziel nicht ohne weiteres mit einem anderen Verkehrsmittel zu erreichen ist.

Bei einer Pauschalreise gehört die Anreise allerdings sowieso meist zum gebuchten Leistungspaket. Eine Annullierung des Fluges geht dann zulasten des Veranstalters. Damit gelten dann die Regeln für eine Stornierung vonseiten des Veranstalters - schließlich kann dieser die Reise nicht mehr durchführen. Er müsste wieder den Reisepreis zurücküberweisen.

Was gilt, wenn ich nicht reisen möchte, weil ich Angst vor Ansteckung habe?


Allein die Angst vor einer Ansteckung reicht nicht aus, um eine Reise kostenlos zu stornieren. Es müssen die oben beschriebenen außergewöhnlichen Umstände dazukommen, die für eine tatsächliche Gefahr sprechen.

Kann ich eine begonnene Reise abbrechen?


Sie können eine schon angetretene Pauschalreise mit teilweiser Erstattung des Reisepreises abbrechen, indem Sie den Reisevertrag kündigen. Voraussetzung ist, dass es einen Reisemangel gibt, der die Reise schwer beeinträchtigt und dass der Veranstalter diesem Mangel nicht in einer angemessenen, von Ihnen gesetzten Frist abgeholfen hat.

Es dürfte problematisch sein, wegen der Ausbreitung des Coronavirus am Urlaubsort den Reisevertrag zu kündigen und heimzureisen. Wenn Coronafälle direkt im Hotel oder auf dem Kreuzfahrtschiff auftreten, werden alle Gäste schnell unter Quarantäne stehen. Wenn die Fälle irgendwo anders als in der eigenen Unterkunft auftreten, hängt Ihre Kündigungsmöglichkeit davon ab, inwieweit Ihre Reise tatsächlich dadurch beeinträchtigt wird.

Wann zahlt die Reiserücktrittsversicherung?


Üblicherweise gehört eine unerwartete schwere Erkrankung des Reisenden (nach der Buchung) zu den versicherten Rücktrittsfällen. Die Reiserücktrittskostenversicherung würde also die Stornokosten übernehmen.

Aber: Bei einigen Reiseversicherungen sind Pandemien vom Versicherungsschutz ausgeschlossen. Seit Corona am 11.3.2020 von der WHO zur Pandemie erklärt wurde, zahlen diese Versicherungen bei einer Erkrankung wegen Corona / Covid-19 nicht mehr. Allerdings gibt es auch Versicherer, die Erkrankungen durch Pandemien nicht ausschließen. Klarheit bringt ein Blick in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen Ihres Versicherungsvertrages.

In der Regel zahlt die Versicherung nicht bei reiner Angst vor einer Ansteckung oder bei einer Ausbreitung des Coronavirus am Urlaubsort, nicht bei einer Reisewarnung des Auswärtigen Amtes und auch nicht bei Quarantäne ohne eigene Erkrankung oder einer Grenzschließung. Bei der Reiserücktrittsversicherung geht es nur um wirkliche Erkrankungen, die Sie selbst oder eine mitversicherte Person betreffen.

Es gibt Versicherungen, bei denen konjunkturbedingte Kurzarbeit ein versicherter Reise-Rücktrittsgrund ist. Wird wegen des Coronavirus Kurzarbeit ausgerufen, ist dieser Fall gegeben. Voraussetzung ist meist eine Kurzarbeit von mindestens drei Monaten und die Reduzierung des Bruttolohnanspruchs um einen bestimmten Prozentsatz. Ob dies versichert ist und zu welchen Voraussetzungen, können Sie in Ihrem Versicherungsvertrag nachlesen.

Was gilt für Individualreisen?


Bei Individualreisen - wenn Sie also zum Beispiel einen Flug und eine Unterkunft getrennt buchen oder in eine gemietete Ferienwohnung selbst anreisen - ist meist kein kostenloser Reiserücktritt möglich. Ein Corona-Ausbruch am Urlaubsort verhindert in der Regel die Durchführung der jeweiligen Reiseleistung nicht. Maßgeblich sind hier die Geschäftsbedingungen des jeweiligen Vermieters oder Dienstleisters, der natürlich darauf achten wird, sich selbst möglichst gut abzusichern. Meist kann nur eine Kulanzlösung helfen. Näheres dazu:
Coronavirus: Hotel, Ferienwohnung – wann darf man kostenlos stornieren?

Praxistipp


Pauschalreisende können unter bestimmten Umständen Ihre Reise stornieren und den Reisepreis zurückfordern. Im Fall einer Erkrankung zahlt die Reiserücktrittsversicherung. Es ist in jedem Fall zu empfehlen, sich zuerst mit dem Reiseveranstalter in Verbindung zu setzen. Hier erfahren Sie, ob die Pauschalreise überhaupt wie geplant durchgeführt wird. Bei Stornierungen sind manche Veranstalter unabhängig von der Rechtslage kulant. Falls es trotzdem zu einer rechtlichen Auseinandersetzung kommt, kann Ihnen ein auf das Reiserecht spezialisierter Anwalt zur Seite stehen.

(Bu)


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 Stephan Buch
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