EuGH, Urt. 22.6.2022 - C-534/20

Vereinbarkeit des Sonderkündigungsschutzes von Datenschutzbeauftragten mit Unionsrecht

Autor: RA FAArbR Prof. Dr. Martin Reufels, LL.M.Dr. Laura Pütz,Heuking Kühn Lüer Wojtek, Köln
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 08/2022
Nationale Regelungen, die einen weitergehenden Sonderkündigungsschutz von Datenschutzbeauftragten beinhalten, sind mit Unionsrecht vereinbar, solange die Ziele der DSGVO nicht gefährdet werden. Internen Datenschutzbeauftragten kann daher aufgrund von § 6 Abs. 4 Satz 2 (ggf. i.V.m. § 38 Abs. 2) BDSG unabhängig von einem Bezug zur Erfüllung ihrer Aufgaben grds. nicht ordentlich gekündigt werden.

DSGVO Art. 38; BDSG § 6 Abs. 4 Satz 2, § 38 Abs. 2

Das Problem

Art. 38 Abs. 3 Satz 2 DSGVO verbietet, Datenschutzbeauftragte wegen der Erfüllung ihrer Aufgaben abzuberufen oder zu benachteiligen. Nach § 6 Abs. 4 Satz 2 BDSG (ggf. i.V.m. § 38 Abs. 2 BDSG) ist die Kündigung eines internen Datenschutzbeauftragten nur aus wichtigem Grund möglich – unabhängig von der Fähigkeit zur Erfüllung seiner Aufgaben. Ist dies mit Unionsrecht vereinbar?

Im Ausgangsverfahren kündigte ein Unternehmen ihrer internen Datenschutzbeauftragten ordentlich. Es plante im Rahmen einer Umstrukturierung, künftig einen externen Datenschutzbeauftragten zu beauftragen. Die Datenschutzbeauftragte griff die Kündigung an und berief sich auf ihren Sonderkündigungsschutz. Das BAG legte dem EuGH die Frage vor, ob Art. 38 Abs. 3 Satz 2 DSGVO dahingehend auszulegen ist, dass er einem nationalen, strengeren § 6 Abs. 4 Satz 2 BDSG entgegensteht.

Die Entscheidung des Gerichts

Der EuGH bestätigt den im deutschen Recht vorgesehenen Sonderkündigungsschutz der Datenschutzbeauftragten. Art. 38 Abs. 3 Satz 2 DSGVO solle die funktionelle Unabhängigkeit des Datenschutzbeauftragten und damit die Wirksamkeit der DSGVO bewahren. Die EU-Verordnungen könnten als Mindestvoraussetzungen die Mitgliedstaaten nicht an strengeren Regeln hindern. Der strengere Schutz dürfe die Verwirklichung der Ziele der DSGVO jedoch nicht beeinträchtigen. Dies sei der Fall, wenn die Kündigung eines Datenschutzbeauftragten ausgeschlossen sei, der nicht mehr die erforderlichen Voraussetzungen besitze, um sein Amt auszuüben, oder der seine Aufgaben nicht im Einklang mit der DSGVO erfülle.


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