GO: Auslegung einer Instandhaltungsklausel

Autor: RiLG Wolfgang Dötsch, Brühl
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 06/2012
Ist in der Gemeinschaftsordnung die Pflicht zur Instandhaltung und Instandsetzung der Fenster nebst Rahmen in dem räumlichen Bereich des Sondereigentums den einzelnen Wohnungseigentümern zugewiesen, der Außenanstrich aber ausgenommen, ist eine vollständige Erneuerung der Fenster im Zweifel (weiterhin) Sache der Gemeinschaft.

BGH, Urt. v. 2.3.2012 - V ZR 174/11

Vorinstanz: LG München I - 1 S 1062/11

WEG § 21 Abs. 1, Abs. 5 Nr. 2

Das Problem:

Nach der GO treffen jeden Eigentümer in dem räumlichen Bereich seines Sondereigentums unabhängig von der Zuordnung zum Sonder- und Gemeinschaftseigentum Instandhaltungs- und Instandsetzungspflichten, die beispielhaft genannt werden; u.a. Schönheitsreparaturen einschließlich Anstrich der Innenseite der Fenster samt Rahmen, Behebung von Glasschäden und Instandhaltung und Instandsetzung der Außenfenster samt Fensterrahmen und Rollläden. Soweit die Außenansicht betroffen werde, sei eine einheitliche Ausführung unabdingbar; daher ist die Erneuerung des Außenanstrichs der Fenster samt Rahmen und Rollläden Sache der Eigentümergemeinschaft. In der Wohnung des Klägers traten Feuchtigkeitsschäden auf. Wegen Untätigkeit der Verwaltung beauftragte der Kläger einen Gutachter, der die Ungeeignetheit des dort von Anfang an bereits eingebauten Dachflächenfensters feststellte. In einer ersten Eigentümerversammlung wurden Anträge des Klägers auf Ersatz der Gutachterkosten sowie fachgerechte Erneuerung des Fensters abgelehnt. Zwei Jahre später wiederholte er seine Anträge. Mit der Klage richtet er sich gegen den (erneut) ablehnenden Beschluss und begehrt Zustimmung zu entsprechenden Maßnahmen sowie Erstattung der Gutachterkosten.

Die Entscheidung des Gerichts:

Die Erneuerung des Dachfensters ist nicht Aufgabe des Klägers! Die Fenster nebst Rahmen stehen gem. § 5 Abs. 2 WEG zwingend im Gemeinschaftseigentum – was nach der gesetzlichen Kompetenzzuweisung zur Folge hat, dass die Gemeinschaft für den Austausch zuständig ist (§ 21 Abs. 1, Abs. 5 Nr. 2 WEG bzw. § 22 WEG) und die damit verbundenen Kosten zu tragen hat (§ 16 Abs. 2 WEG). Durch Vereinbarung können die Wohnungseigentümer hiervon abweichen, sofern sie eine klare und eindeutige Regelung treffen. Die durch das Revisionsgericht voll nachprüfbare, gebotene sog. objektive Auslegung der im Grundbuch in Bezug genommenen GO-Bestimmung ergibt hier indes, dass der Austausch des Fensters weiterhin in die Kompetenz der Gemeinschaft fällt – und zwar unabhängig davon, ob es sich um einen anfänglichen oder nachträglichen Mangel handelt.

Zwar wird dies ausdrücklich nur für die „Erneuerung des Außenanstrichs” geregelt und spricht für eine Zuständigkeit des Sondereigentümers, dass diesem nicht nur Innenanstrich und Behebung von Glasschäden, sondern auch Instandhaltung und Instandsetzung der Außenfenster samt Fensterrahmen obliegen und diese Begriffe nach dem gesetzlichen Sprachgebrauch grundsätzlich auch einen Austausch erfassen. Indes streitet die differenzierte Regelung in ihrem Gesamtzusammenhang dafür, dass der Begriff hier enger gemeint ist und nicht die vollständige Erneuerung, sondern nur die übliche Pflege, Wartung und Reparatur der Fenster erfasst. Denn behält sich die Gemeinschaft schon den Außenanstrich vor, gilt dies erst recht für die vollständige Erneuerung.


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