Immobilienveräußerung: Vermieterpfandrecht des Erwerbers

Autor: RA Klaus Schach, Berlin
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 01/2015
Bestimmen sich die mietvertraglichen Rechte und Pflichten zwischen Erwerber und Mieter nach dem Beginn des Mietverhältnisses, ist auf den Beginn des ursprünglichen Mietverhältnisses zwischen Veräußerer und Mieter abzustellen.Für das Vermieterpfandrecht des Erwerbers kommt es auf den Zeitpunkt der Einbringung der Sache in die Mieträume an. Das gilt auch dann, wenn die Sache eingebracht worden ist, als noch der Veräußerer Eigentümer/Vermieter war. Eine Sicherungsübereignung der Sache im Zeitraum nach ihrer Einbringung und vor einer Veräußerung verhindert daher nicht das Vermieterpfandrecht des Erwerbers an der Sache. Neben dem Vermieterpfandrecht des Veräußerers entsteht ein eigenständiges Vermieterpfandrecht des Erwerbers im gleichen Rang.

BGH, Urt. v. 15.10.2014 - XII ZR 163/12

Vorinstanz: OLG Hamm - I-27 U 195/11

BGB §§ 562 Abs. 1 S. 1, 566 Abs. 1

Das Problem

Der Kläger ist Erwerber einer Immobilie, der Beklagte Insolvenzverwalter über das Vermögen eines Gewerberaummieters in dem Objekt. Der Mietvertrag war noch vor der Veräußerung mit dem damaligen Eigentümer abgeschlossen worden. Nach der Veräußerung wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Mieters eröffnet. Der Kläger machte unter Verweis auf sein Vermieterpfandrecht an dem Inventar ein Absonderungsrecht geltend. Der Beklagte verwies auf einen Raumsicherungsübereignungsvertrag, der vor der Veräußerung am 6.10.2006 zwischen dem Mieter und einer Bank zustande gekommen sei, sowie auf eine Vereinbarung zwischen den ursprünglichen Mietvertragsparteien und der Bank vom selben Datum, mit der der Vermieter auf sein Vermieterpfandrecht verzichtet habe. In dieser Vereinbarung sei zudem ein Sicherungsübereignungsvertrag zwischen dem Mieter und der Bank v. 30.8.2006 (ein Tag vor Abschluss des Mietvertrages) in Bezug genommen worden, was der Kläger in Abrede gestellt hat. Dennoch zahlte der Beklagte den Erlös aus der Veräußerung des Inventars an die Bank aus. Wegen dieses Betrages erhob der Kläger Schadensersatzklage, die in der Instanz keinen Erfolg hatte und zur zugelassenen Revision zum BGH führte.

Die Entscheidung des Gerichts

Der XII. Senat des BGH hob das Berufungsurteil auf und verwies die Sache an das OLG zurück. Mit dem Eigentumsübergang sei ein neues Mietverhältnis zwischen dem Erwerber des Grundstücks und dem Mieter, jedoch mit dem gleichen Inhalt, mit dem es zuvor mit dem Veräußerer bestanden habe, entstanden (st.Rspr., BGH v. 25.7.1012 – XII ZR 22/11, MietRB 2012, 288 = MDR 2012, 1082). Das bedeute jedoch nicht, dass dem dem Erwerber/Kläger zustehenden Vermieterpfandrecht nur die im Zeitpunkt des Eigentumsübergangs noch im Eigentum des Mieters stehenden Sachen unterfallen. Zwar trete durch den Eigentumsübergang und das Entstehen eines neuen Mietvertrages mit dem Erwerber gem. § 566 BGB eine Zäsur ein. Die schon vorher entstandenen und fällig gewordenen Ansprüche blieben bei dem bisherigen Vermieter, und nur die nach dem Zeitpunkt des Eigentumswechsels fällig werdenden Forderungen ständen dem Grundstückserwerber zu, weshalb die Wirkung der Zäsur auch mit dem Begriff „Fälligkeitsprinzip” umschrieben werde. Diese Zäsur bewirke jedoch keinen Einschnitt dergestalt, dass der vor ihr liegende Zeitraum bei der Bestimmung des Inhalts der sich aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten nach § 566 Abs. 1 BGB unberücksichtigt bliebe. Soweit es für den Inhalt der mietvertraglichen Rechte und Pflichten zwischen Erwerber und Mieter auf den Beginn des Mietverhältnisses ankomme, sei deshalb auf den Beginn des ursprünglichen Mietverhältnisses zwischen Veräußerer und Mieter abzustellen. Der Eigentumsübergang sei auch nicht der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob eine in die Mieträume eingebrachte Sache dem Vermieterpfandrecht des Erwerbers unterfalle. Vielmehr komme es auf den Zeitpunkt der Einbringung der Sache in die Mieträume an. Eine Sicherungsübereignung der Sache im Zeitraum zwischen ihrer Einbringung in die Mieträume und dem Eigentumswechsel verhindere daher nicht, dass das Vermieterpfandrecht des Erwerbers die Sache erfasse.

Das gesetzliche Vermieterpfandrecht entstehe gem. § 562 Abs. 1 S. 1 BGB mit der Einbringung der dem Mieter gehörenden Sache in die Mieträume. Das gelte auch, soweit es erst künftig entstehende Forderungen aus dem Mietverhältnis sichere. Der Zeitpunkt der Einbringung bestimme daher entsprechend §§ 1257, 1209 BGB den Rang des Vermieterpfandrechts im Verhältnis zu anderen Pfandrechten (BGH v. 14.12.2006 – IX ZR 102/03, MietRB 2007, 115 = MDR 2007, 610). Eine erst nach der Einbringung – auch durch Raumsicherungsübereignungsvertrag – erfolgende Sicherungsübereignung der Sache des Mieters lasse das bereits entstandene Pfandrecht des Vermieters unberührt. Dieses genieße insoweit Vorrang (BGH v. 12.2.1992 – XII ZR 7/91, MDR 1992, 578; v. 4.12.2003 – IX ZR 222/02, MietRB 2004, 168 = MDR 2004, 594). Das Vermieterpfandrecht des Veräußerers gehe nicht auf den Erwerber über. Denn der Erwerber sei nicht der Rechtsnachfolger des Veräußerers, sondern es finde ein unmittelbarer Rechtserwerb kraft Gesetzes statt (BGH v. 3.5.2000 – XII ZR 42/98, MDR 2000, 947; MDR 2012, 573; v. 28.5.2008 – VIII ZR 133/07, MietRB 2008, 226 = MDR 2008, 850). Daher entstehe neben dem Vermieterpfandrecht des Veräußerers, das dessen Forderungen aus dem Mietverhältnis sichere, ein eigenständiges Vermieterpfandrecht des Erwerbers. Dieses Vermieterpfandrecht bleibe seinem Umfang nach nicht hinter demjenigen des Veräußerers zurück und werde insbesondere nicht durch eine Sicherungsübereignung nach Einbringung der Sache berührt. Vielmehr sei für die Frage, ob dem Vermieterpfandrecht des Erwerbers die bei Eigentumsübergang in den Mieträumen befindlichen Sachen unterfielen, ebenfalls der Zeitpunkt von deren Einbringung maßgeblich, so dass die Vermieterpfandrechte von Veräußerer und Erwerber insoweit dieselben Sachen erfassten. Dies ergebe sich bereits daraus, dass der Erwerber gem. § 566 Abs. 1 BGB an die Stelle des Veräußerers trete. Die Vorschrift weise ihm die sich aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten mithin in dem Umfang zu, den sie ohne den Eigentumsübergang beim Veräußerer hätten. Dass im Augenblick des Eigentumsübergangs kraft Gesetzes entstehende neue Mietverhältnis habe uneingeschränkt denselben Inhalt, mit dem es zuvor mit dem Veräußerer bestanden habe (BGH v. 3.5.2000, a.a.O.), und übernehme dabei auch Überlassungszeitpunkt, Vertragsbeginn und vertragliche Fristläufe. Daher sei es folgerichtig, als Zeitpunkt der Entstehung auch des Vermieterpfandrechts des Erwerbers den des ursprünglichen Einbringens anzusehen. Nach dem im Revisionsverfahren zu unterstellenden Vortrag des Klägers sei das dem Mieter gehörende Inventar bei der Einbringung in die Mieträume nicht sicherungsübereignet gewesen, so dass es vom Vermieterpfandrecht des Veräußerers erfasst gewesen sei. Eine erst anschließend erfolgte Sicherungsübereignung habe diese Sachen nicht dem Vermieterpfandrecht des Erwerbers entziehen können, das dieser gem. §§ 578 Abs. 1, 566 Abs. 1, 562 Abs. 1 BGB kraft Gesetzes erworben habe. Der Schadensersatzanspruch des Klägers/Erwerbers wegen Verletzung seines behaupteten Absonderungsrechts sei daher nicht zu verneinen. Die Entscheidung des Berufungsgerichts erweise sich auch nicht deshalb als richtig, weil der Sicherungsübereignungsvertrag v. 30.8.2006 datiere. Denn es bedürfe insoweit einer – bislang unterbliebenen – tatrichterlichen Auslegung, ob mit diesem Vertrag bereits vor dem Beginn des ursprünglichen Mietverhältnisses ein Sicherungsrecht übertragen worden sei.


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