LG Berlin II, Urt. 22.1.2025 - 64 S 21/23

Contractingkosten auch nach erstmaligem Einbau einer Zentralheizung umlagefähig

Autor: RA FAMuWR Norbert Monschau, Anwaltkooperation Schneider | Monschau, Erftstadt, Neunkirchen-Seelscheid
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 04/2025
1. Der Einbau einer Zentralheizungsanlage an Stelle der bis dahin in den Wohnungen installierten Elektro-Einzelöfen stellt sich auch dann als eine Modernisierungsmaßnahme i.S.v. § 555b Nr. 2 und Nr. 4 BGB dar, wenn die Anlage nicht von dem Vermieter selbst, sondern im Wege des Wärmecontractings von einem Dritten betrieben werden soll.2. Im Wege ergänzender Vertragsauslegung gem. §§ 133, 157 BGB ist auch darüber zu befinden, ob der Vermieter die gesamten Contractingkosten einschließlich darin enthaltener Investitions- und Verwaltungskosten sowie des Unternehmergewinns des Wärmelieferanten auf die Mieter umlegen darf, oder ob er sie anteilig selbst tragen muss.

BGB § 555b Nr. 2, 4, § 556c

Das Problem

Der Mieter zweier baulich verbundener Wohnungen in einem Mehrfamilienhaus stritt mit seiner Vermieterin über die Zahlung abgerechneten Heizkosten für die Jahre 2017 bis 2020. Ursprünglich wurden die Wohnungen mit Elektroöfen beheizt, die von den Mietern eigenständig mit Strom betrieben wurden. Im Jahr 2015 ließ die Vermieterin eine Zentralheizung installieren, die seitdem im Rahmen eines Wärmecontracting-Vertrags vom beauftragten Contractor betrieben wird und sowohl Heizwärme als auch Warmwasser liefert. Seit Inbetriebnahme der Zentralheizung verlangte die Vermieterin Vorauszahlungen auf die Heizkosten, die der Mieter leistete. In ihren Heizkostenabrechnungen legte die Vermieterin die vollständigen Contractingkosten um. Der Mieter argumentierte, es fehle schon an einer Vertragsgrundlage für die Umlage der Wärmekosten; jedenfalls dürfe er entsprechend § 556c BGB nicht mit den Anschaffungskosten der Heizungsanlage belastet werden.

Das AG bejahte eine grundsätzliche Umlagefähigkeit der Wärmekosten in entsprechender Anwendung des § 556c BGB. Daher kürzte es die abgerechneten Wärmekosten um einen Contractor-Gewinn und einen auf die Contractor-Investitionen entfallenden Anteil.

Die Entscheidung des Gerichts

Die Berufung der Vermieterin war erfolgreich. Sie habe einen Anspruch auf vollständige Zahlung der Contractingkosten, so das LG. § 556c BGB sei nicht anwendbar, da diese Vorschrift sich auf den Fall der Umstellung einer zuvor bestehenden zentralen Heizungsanlage auf eine Wärmeversorgung durch einen Contractor beziehe. Hier sei aber eine Erstinstallation einer Zentralheizung anstelle individueller Elektro-Einzelöfen erfolgt. Zudem hätten die Mieter zuvor ihre Heizkosten eigenständig über Strom gezahlt, so dass keine „Umstellung der Wärmeversorgung durch den Vermieter“ vorliege. Das entspreche der Rechtsprechung des BGH, nach der bei erstmaligem Einbau einer Zentralheizung nicht automatisch die in § 556c BGB vorgesehene Begrenzung der umlegbaren Contractingkosten gelte (BGH v. 16.7.2003 – VIII ZR 286/02, MietRB 2003, 62 [Schwartmann] = MDR 2004, 49). Da der Mietvertrag keine ausdrückliche Regelung zur Umstellung der Wärmeversorgung enthalte, sei nach §§ 133, 157 BGB zu ermitteln, was die Parteien vernünftigerweise vereinbart hätten, wenn sie diesen Fall bei Vertragsschluss bedacht hätten. Nach gefestigter BGH-Rechtsprechung könne sich die Umlage neuer Betriebskosten im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung insbesondere dann ergeben, wenn die Kosten durch eine duldungspflichtige Modernisierung entstünden (BGH v. 27.6.2007 – VIII ZR 202/06, MietRB 2007, 281 u. 282 [Lützenkirchen]= MDR 2007, 1416). Die Kostenentwicklung für die Mieter sei dabei entscheidend. Die Vermieterin habe nachgewiesen, dass die früheren Stromkosten für die Elektroöfen höher waren als die nunmehr umgelegten Contractingkosten. Der Mieter habe dies nicht bestritten und auch keine eigenen Berechnungen vorgelegt, obwohl er insoweit eine sekundäre Darlegungslast trage. Da die Vermieterin keinen Zugriff auf die früheren Stromrechnungen der Mieter habe, hätte der Mieter zu diesen Kosten konkret vortragen müssen. Da er dies nicht getan habe, sei davon auszugehen, dass die Umstellung keine Mehrbelastung für ihn darstelle. Es wäre unbillig, wenn die Vermieterin einen Teil der Contractingkosten selbst tragen müsste, obwohl die Mieter durch die Umstellung finanziell nicht belastet, sondern entlastet wurden. Auch die Herausrechnung von Investitionskosten des Contractors sei nicht haltbar, weil auch in den bisherigen Stromkosten anteilige Investitionskosten für Kraftwerke enthalten waren. Dass nunmehr Kosten für eine effizientere Heiztechnik anfielen, sei daher nicht unzulässig. Außerdem hätte die Vermieter bei einer eigenfinanzierten Modernisierung stattdessen eine Mieterhöhung nach § 559 BGB verlangen können, die für die Mieter teurer gewesen wäre.


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