KG, Beschl. 14.5.2024 - 17 UF 119/22

Nutzungsentschädigung und Trennungsunterhalt

Autor: DirAG Andreas Frank, Cuxhaven
Aus: Familien-Rechtsberater, Heft 10/2025
1. Für die Frage, ob die Zahlung einer Vergütung für die Nutzung der Ehewohnung während der Trennungszeit der Billigkeit entspricht, sind auch ungeregelte Ansprüche des in der Ehewohnung verbliebenen Ehegatten auf Zahlung von Trennungsunterhalt im Rahmen einer wertenden Betrachtung zu berücksichtigen.2. Leistungen, die eine GmbH an ihren einzigen Gesellschafter und Geschäftsführer aufgrund vertraglicher Verpflichtung als Darlehen gewährt und die dieser für seinen allgemeinen Lebensbedarf verbraucht, können unter Umständen als unterhaltsrechtliches Einkommen anzusehen sein.

BGB §§ 1361, 1361b

Das Problem

Während ihrer Ehe gründen M und F gemeinsam eine GmbH zur Verwaltung gemeinsamen Immobilienvermögens, die in der Folge fünf Immobilien erwirbt, darunter eine luxuriöse Villa mit ca. 300qm Wohnfläche. An dieser GmbH ist M, der auch alleiniger Geschäftsführer ist, zu 53 % beteiligt und F zu 47 %. M mietet ab 2010 von der Verwaltungs-GmbH die vorgenannte Immobilie, die in der Folge überwiegend als Ehewohnung genutzt wird. M ist als Rechtsanwalt tätig und alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer einer Rechtsanwalts-GmBH, F arbeitet als Ärztin. Die Rechtsanwalts-GmbH mietet ab 2010 ebenfalls Teile der Immobilie. 2019 trennen M und F sich, und F erwirkt im Wege der einstweiligen Anordnung die Überlassung der Ehewohnung zur alleinigen Nutzung mit den gemeinsamen Kindern. Unmittelbar nach dieser Entscheidung schließt M mit sich selbst als Vertreter beider GmbHs einen neuen Mietvertrag, durch den er die als Ehewohnung genutzten Teile der Immobilie statt an sich selbst nunmehr an die Rechtsanwalts-GmbH vermietet.

F nimmt M zunächst erfolglos auf Zahlung von Trennungsunterhalt in Anspruch. Sie verdient ca. 4.800 € netto monatlich. M erzielt als Geschäftsführer der Rechtsanwalts-GmbH ein monatliches Nettoeinkommen von ca. 6.350 €. Diese GmbH gewährt ihm zudem hohe Darlehen, die mit 4 % p.a. verzinst und nach den Feststellungen des KG für den Lebensbedarf von M (wie wohl zuvor während intakter Ehe für den Familienbedarf) verwendet werden. Ein Rückzahlungstermin ist nicht bestimmt.

M verlangt von F, in erster Instanz erfolgreich, Zahlung einer monatlichen Nutzungsentschädigung von 2.500 €. F erhebt Beschwerde.

Die Entscheidung des Gerichts

Die Beschwerde der F hat Erfolg und führt zur Abweisung des Antrags von M auf Verpflichtung der F zu einer Nutzungsentschädigung. Es sei zwar unschädlich, dass er nicht Eigentümer der Immobilie sei, da auch die Mieterstellung Grundlage für eine Nutzungsentschädigung sein könne. Mieter sei er weiterhin, weil die Aufhebung des zwischen M und der Verwaltungs-GmbH 2010 geschlossen Mietvertrags und anschließende Vermietung an die Rechtsanwalts-GmbH im Jahr 2019 ersichtlich nur zu dem Zweck erfolgt sei, eine Wohnungsüberlassung an F zu verhindern, so dass sie wegen Verstoßes gegen die Pflicht zur ehelichen Solidarität gem. §§ 1353, 138 BGB unwirksam sei. Eine Verpflichtung von F zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung entspreche aber nicht der Billigkeit. Etwaige Unterhaltsansprüche müssten bei der Prüfung dieser Frage berücksichtigt werden, wobei nicht streng rechnerisch vorzugehen, sondern eine wertende Betrachtung vorzunehmen sei (vgl. BGH v. 27.11.2024 – XII ZB 28/23, FamRZ 2025, 426 m. Anm. Götz = FamRB 2025, 143 [Frank]). Auf dieser Grundlage sei hier von einem Anspruch von F auf Zahlung von Trennungsunterhalt auszugehen, der mindestens die Höhe der geschuldeten Nutzungsentschädigung erreiche. M nutze die ihm von der Rechtsanwalts-GmbH gewährten Darlehen zur Deckung seines privaten Lebensbedarfs, so dass diese als unterhaltsrechtliches Einkommen anzusehen seien, zumal es sich nicht um freiwillige, sondern um vertraglich geschuldete Leistungen handele und ein fester Rückzahlungstermin auch nicht bestehe. Eine andere, auch vermögensbildende Verwendung der Darlehensmittel habe M nicht substantiiert dargelegt.


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