KG, Beschl. 31.7.2025 - 1 W 303/24

Keine rückwirkende Nachbeurkundung einer nicht nach Art. 13 Abs. 4 Satz 2 EGBGB erfolgten privaten Eheschließung

Autor: VPrLG a.D. Martin Streicher, Walddorfhäslach
Aus: Familien-Rechtsberater, Heft 10/2025
Ein vor einer ermächtigten Trauungsperson geschlossener Vertrag, mit dem Ehegatten ihre im Inland (nicht vor einem Ermächtigten oder dem Standesbeamten) erklärte Eheschließung rückwirkend bestätigen oder heilen, unterfällt nicht Art. 13 Abs. 4 S. 2 EGBGB (hier zur sog. urfi-Ehe ägyptischen Rechts).

EGBGB Art. 13 Abs. 4; GFK Art. 12 Abs. 1; PStG § 34 Abs. 1, § 34 Abs. 2

Das Problem

Die Eheleute beantragen beim deutschen Standesamt die nachträgliche Beurkundung ihrer im Rahmen einer Familienfeier in Deutschland erklärten Eheschließung. Grundlage soll ein islamrechtlicher mündlicher Ehevertrag sein, bei dessen Abschluss beide – bereits volljährig – nebst zweier Zeugen anwesend gewesen seien. Das geschah nicht vor einem Ermächtigten oder dem Standesbeamten. Islamrechtliche und gesetzliche Ehehindernisse seien ausgeschlossen worden. Der Ehemann hat die ägyptische Nationalität, die Ehefrau hat die Staatsangehörigkeit der Arabischen Republik Syrien. Ihr war bereits vor der Eheschließung Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden. Ein knappes Jahr später haben die Eheleute bei der ägyptischen Botschaft in Berlin ihre Eheschließung bestätigen lassen, wobei beim ägyptischen Innenministerium eine Urkunde errichtet wurde, die als Zeitpunkt der Eheschließung das Datum ihres (zurückliegenden) islamrechtlichen Ehevertrags ausweist.

Das Standesamt verweigerte die gewünschte Nachbeurkundung der Eheschließung. Auch das von den Eheleuten angerufene AG lehnte es ab, das Standesamt zur Nachbeurkundung anzuweisen. Mit ihrer Beschwerde verfolgen die Eheleute ihr Begehren der Nachbeurkundung weiter und verweisen darauf, dass sie vor dem Konsul durch Abgabe einer übereinstimmenden Erklärung zur Eingehung einer Zivilehe wirksam die Ehe geschlossen hätten, deren Beginn lediglich auf den Zeitpunkt des privat geschlossenen Vertrags zurückdatiert worden sei.

Die Entscheidung des Gerichts

Auch beim KG bleiben die Eheleute mit dem Ziel der Anweisung an den Standesbeamten zur Vornahme einer Nachbeurkundung (§ 49 Abs. 1 PStG) erfolglos, nachdem die Voraussetzungen für eine derartige Nachbeurkundung nach § 34 PStG nicht vorliegen.

Das KG legt ausführlich dar, dass die Ehe im Inland geschlossen wurde (Art. 13 Abs. 4 S. 1 EGBGB) und § 34 Abs. 1 PStG schon im Ansatz somit nicht anwendbar ist. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Eheleute ihre Erklärungen in der Botschaft abgaben, denn Botschaftsgrundstücke bleiben Teil des Empfangsstaates (etwa BGH v. 14.10.1981 – IVb ZB 718/80, FamRZ 1982, 44; s.a. Mankowski in Staudinger, BGB, 2020, Art. 13 EGBGB Rz. 625). Nur ausnahmsweise lässt das deutsche Recht es zu, auch eine – grundsätzlich mögliche – Konsensehe (hier) nach ägyptischem Recht i.S.v. Art. 13 Abs. 4 S. 2 EGBGB nicht nur vor dem Standesbeamten, sondern vor einer ermächtigten Person zu schließen (vgl. Mankowski in Staudinger, a.a.O., Rz. 655).

Jedoch sind die Anforderungen von § 34 Abs. 2 PStG, Art. 13 Abs. 4 S. 2 EGBGB insoweit nicht erfüllt. Denn die Ehefrau ist schon nicht als Deutsche i.S. der hierfür geltenden Vorschriften anzusehen. Art. 12 Abs. 1 GFK hilft insoweit nicht, denn er regelt nur das Personalstatut, also das auf die persönlichen Lebensverhältnisse anwendbare Recht (Art. 5 EGBGB). Bei der hier zu entscheidenden Frage geht es aber nicht um die Bestimmung der auf die Ehefrau anwendbaren Rechtsordnung, sondern um ein Tatbestandsmerkmal („keine Deutsche“) des besonderen Sachrechts in Art. 13 Abs. 4 S. 2 EGBGB. Dort sind nur Deutsche i.S.v. Art. 116 Abs. 1 GG ausgenommen, nicht jedoch Staatenlose mit deutschem Personalstatut (etwa Mankowski in Staudinger, a.a.O., Rz. 621) oder Flüchtlinge mit deutschem Personalstatut (Hepting/Dutta, Familie und Personenstand, 5. Aufl., Rz. III-440). Art. 12 Abs. 1 GFK soll lediglich verhindern, dass einem Flüchtling das Recht seines Herkunftsstaates aufgezwungen wird. Diesem Zweck entspricht es nicht, ihm die Möglichkeit zur Option nach Art. 13 Abs. 4 S. 2 EGBGB zu nehmen, jedenfalls wenn die ermächtigte Trauungsperson – wie hier – kein Repräsentant des Heimatstaates der syrischen Ehefrau ist.

Folglich bestimmt sich die Form der Eheschließung für Muslime nach islamischem Recht wonach ganz allgemein gesprochen die Ehe ein zivilrechtlicher Vertrag, der durch Konsenserklärungen der Nupturienten (Angebot und Annahme) unter Anwesenheit zweier Zeugen zustande kommt (Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Mai 2025, Ägypten S. 23, 25). Die Möglichkeit, für den Beginn der Ehe einen Zeitpunkt zu bestimmen, der vor der Eheschließung (Abgabe der Konsenserklärungen) liegt, besteht nach den Darlegungen des KG nicht. Beurkundung sowie eine Registrierung sind jedenfalls erforderlich, um bei Klagen, die sich aus dem Ehevertrag herleiten, die Eheschließung durch eine offizielle Urkunde oder ein Ehegeständnis nachzuweisen. (zuletzt Ebert, StAZ 2020, 332). Für die vorliegend erfolgte private islamrechtliche Eheschließung fehlt es bislang sowohl an einer Beurkundung als auch an einer Registrierung.

Aus der in der ägyptischen Botschaft errichteten Urkunde ergibt sich aber nicht, dass die Eheleute dort einen Vertrag über die (erstmalige) Begründung der Ehe schlossen. Im Gegenteil: Ihre Erklärungen sind vielmehr auf eine nachträgliche Beurkundung, Bestätigung oder Heilung des bereits ein Jahr zuvor privat geschlossenen islamrechtlichen Ehevertrags gerichtet. Soweit dieser Ehevertrag als Grundlage für die nachträgliche Konsenserklärung vor dem Botschafter in Bezug genommen wurde, legitimiert dies nach dem ägyptischen Recht keine Rückdatierung des Ehebeginns. Ein vor einer ermächtigten Trauungsperson geschlossener Vertrag, mit dem Ehegatten ihre im Inland (nicht vor einem Ermächtigten oder dem Standesbeamten) erklärte Eheschließung rückwirkend bestätigen oder heilen, unterfällt nicht Art. 13 Abs. 4 S. 2 EGBGB. Denn mit den für die Rückdatierung erforderlichen früheren Konsenserklärungen wurde ein wesentlicher Teil der Eheschließung jedenfalls nicht vor der ermächtigten Person in Deutschland verwirklicht (vgl. BGH v. 25.9.2024 – XII ZB 244/22, FamRZ 2025, 97 = FamRB 2025, 135 [Erbarth] zur Eheschließung per Videotelefonie).

Fazit des KG: Es bleibt bei den Voraussetzungen des Art. 13 Abs. 4 S. 1 EGBGB i.V.m. §§ 1310, 1311 BGB zum Gebot einer Eheschließung nur im Inland. Letztlich könnten auch mögliche unzutreffende Rechtsauskünfte des ägyptischen Konsuls an der Maßgeblichkeit des geltenden deutschen Rechts nichts ändern.


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