Kriegsdienstverweigerung: Was muss man zum Antrag wissen?
18.09.2025, Redaktion Anwalt-Suchservice

Ein neues Wehrpflichtgesetz soll nun dabei helfen, die Bundeswehr personell aufzustocken. Nach wie vor gibt es auch die Möglichkeit der Kriegsdienstverweigerung.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Was besagt das neue Wehrpflichtgesetz? Kann man sich von der Wehrpflicht befreien lassen? Wie lange wird der neue Wehrdienst dauern? Kann man vorsorglich widersprechen, damit man gar nicht erst angeschrieben wird? Was passiert, wenn ich den Fragebogen nicht ausfülle? Kann man in Deutschland den Kriegsdienst verweigern? Wer kann den Kriegsdienst verweigern? Wie stellt man den Antrag auf Kriegsdienstverweigerung? Welchen Inhalt muss der Antrag auf Kriegsdienstverweigerung haben und welche Dokumente brauche ich dafür? Wie geht es nach dem Antrag weiter? Müssen Kriegsdienstverweigerer Ersatzdienst leisten? Praxistipp zum Thema "Kriegsdienst verweigern" Was besagt das neue Wehrpflichtgesetz?
Der Ende August 2025 vorgestellte Entwurf eines Wehrdienst-Modernisierungsgesetzes sieht vor, dass ab 2026 alle Männer und Frauen zum 18. Geburtstag einen Online-Fragebogen zugeschickt bekommen. Für Männer besteht die Pflicht, diesen auszufüllen. Dies bezeichnet man auch als "Bereitschaftserklärung". Für Frauen (und andere Geschlechter) ist dies freiwillig. Transpersonen, die das männliche Geschlecht angenommen haben, sind zum Ausfüllen verpflichtet. Gefragt wird, inwieweit die Empfänger am Dienst in der Bundeswehr interessiert sind. Auch werden Berufsausbildungen und Qualifikationen abgefragt. Bei Interesse werden geeignete Kandidaten dann zur Musterung eingeladen. Männer und Frauen ab Jahrgang 2001 bekommen lediglich Infomaterial zugeschickt. Sie können sich freiwillig dazu bereit erklären, Wehrdienst zu leisten.
Ab 1. Juli 2027 soll dann für alle Männer ab Jahrgang 2008 eine verpflichtende Musterung eingeführt werden. Dabei findet eine ärztliche Untersuchung auf Wehrdiensttauglichkeit statt. Organisiert wird dies vom Amt für das Personalmanagement der Bundeswehr. Mit einer Dienstpflicht ist dies nicht verbunden.
Aber: Ein neuer § 2a im Wehrpflichtgesetz gibt der Bundesregierung die Befugnis, eine Einberufung zum Grundwehrdienst per Rechtsverordnung anzuordnen, ohne dass Gesetze geändert werden müssten. Der Bundestag muss jedoch zustimmen. Ein solcher Schritt ist auch ohne Spannungs- oder Verteidigungsfall möglich, wenn die politische Lage eine schnelle Steigerung der Truppenanzahl erfordert.
Das Gesetz befindet sich noch im Gesetzgebungsverfahren.
Kann man sich von der Wehrpflicht befreien lassen?
Von der Wehrpflicht gemäß Artikel 12a Grundgesetz kann man sich nicht befreien lassen. Allerdings kann man sich von der verpflichtenden Einberufung zum Grundwehrdienst befreien lassen – die es nach bisheriger Rechtslage nur im Kriegs- oder Spannungsfall gibt. Dies kann aus Gewissensgründen geschehen, etwa bei Kriegsdienstverweigerern, aber auch bei Dienstuntauglichkeit oder aus familiären oder wirtschaftlichen Gründen. Auch Angehörige bestimmter Berufsgruppen können sich von der verpflichtenden Einberufung befreien lassen.
Wie lange wird der neue Wehrdienst dauern?
Die Verpflichtungszeiten beginnen bei sechs Monaten. So lange dauert auch die Grundausbildung. Wie lange man danach weiter Wehrdienst leisten möchte, bleibt jedem selbst überlassen. Dies können monatsweise bis zu 23 Monate sein oder sogar Verpflichtungszeiten bis zu 25 Jahren.
Kann man vorsorglich widersprechen, damit man gar nicht erst angeschrieben wird?
Nein. Männer sind in jedem Fall dazu verpflichtet, den Fragebogen auszufüllen.
Was passiert, wenn ich den Fragebogen nicht ausfülle?
Wenn ein Mann den Fragebogen nicht ausgefüllt zurückschickt, wird er von der Behörde ein zweites Mal angeschrieben – diesmal mit Fristsetzung. Antwortet er auch diesmal nicht, begeht er eine Ordnungswidrigkeit. Es wird ein Bußgeldverfahren eingeleitet. Zur Höhe der Bußgelder kann noch keine Aussage gemacht werden.
Auch Zwangsmittel nach § 9 Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz sind möglich, etwa Zwangsgelder.
Kann man in Deutschland den Kriegsdienst verweigern?
Obwohl die Wehrpflicht bisher ausgesetzt war, besteht nach wie vor die Möglichkeit der Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen. Die Grundlage dafür ist Artikel 4 Absatz 3 des Grundgesetzes. Dieser besagt: "Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden."
Wer kann den Kriegsdienst verweigern?
Einen Antrag auf Kriegsdienstverweigerung stellen können:
- aktive Soldaten und Soldatinnen,
- Reservisten und Reservistinnen,
- tauglich gemusterte Personen, welche die Altersgrenze für eine Einberufung nicht überschreiten.
Wer noch nicht gemustert wurde und einen solchen Antrag stellt ("KDV-Antrag"), wird erst einmal zur Musterung eingeladen.
Wie stellt man den Antrag auf Kriegsdienstverweigerung?
Einen Antrag auf Kriegsdienstverweigerung kann man schriftlich oder zur Niederschrift vor Ort beim Karrierecenter der Bundeswehr stellen. Das Karrierecenter bestätigt den Eingang und stellt fest, ob der Antragsteller überhaupt gesundheitlich für den Wehrdienst geeignet ist. Dann leitet es den Antrag an das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) weiter. Kann die gesundheitliche Eignung nicht festgestellt werden, bleibt der Antrag beim Karrierecenter.
Über den Antrag entscheidet das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben. Das Amt fordert Antragsteller dazu auf, die Anträge nicht direkt dorthin zu schicken, sondern immer den Weg über die Karrierecenter der Bundeswehr zu gehen. Der Grund: Diese erteilen dem Antrag eine Personenkennziffer, ohne welche das BAFzA den Antrag nicht bearbeitet.
Dieses Antragsverfahren gilt auch für aktive Soldaten. Diese sollten nach Antragstellung auch ihren Dienstvorgesetzten informieren, da die zuständigen Stellen ihn um eine Stellungnahme bitten werden.
Welchen Inhalt muss der Antrag auf Kriegsdienstverweigerung haben und welche Dokumente brauche ich dafür?
Aus dem Antrag muss hervorgehen, dass sich der Antragsteller auf das Grundrecht der Kriegsdienstverweigerung aus Artikel 4 Absatz 3 Satz 1 des Grundgesetzes beruft. Auch muss der Antrag natürlich den eigenen Namen und die Anschrift enthalten sowie die Personenkennziffer.
Dem Antrag muss ein tabellarischer Lebenslauf beigelegt werden. Dieser darf keine zeitlichen Lücken aufweisen und muss eine vollständige Auflistung des eigenen Schul- und Ausbildungsweges sowie des Berufsweges enthalten. Außerdem ist eine ausführliche persönliche Begründung für die Gewissensentscheidung erforderlich, keinen Kriegsdienst mit der Waffe leisten zu wollen. Aus der Begründung muss hervorgehen, welche Überlegungen, Einsichten, Gedanken, Ereignisse oder Vorkommnisse der Grund dafür sind, dass der Antragsteller nur unter schwerster seelischer Not dazu fähig wäre, am Dienst mit der Waffe teilzunehmen. Dies muss für ihn auf einer zwingenden Gewissensentscheidung beruhen.
Diese Unterlagen können auch innerhalb eines Monats nachgereicht werden.
Wie geht es nach dem Antrag weiter?
Wenn dem Antrag stattgegeben wird, erhält der Antragsteller den förmlichen Anerkennungsbescheid per Post. Eine Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer oder Kriegsdienstverweigerin ist nicht anfechtbar.
Wird der Antrag vom BAFzA abgelehnt, kann der Antragsteller innerhalb eines Monats Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid einlegen. Diese Frist verkürzt sich im Spannungs- oder Verteidigungsfall auf eine Woche. Innerhalb dieser Zeit muss der Widerspruch also bei der Behörde eingehen. Wenn diese auch den Widerspruch ablehnt, ist die letzte Möglichkeit eine Klage vor dem Verwaltungsgericht gegen die Ablehnung des Antrags. Dort folgt dann eine mündliche Gerichtsverhandlung.
Müssen Kriegsdienstverweigerer Ersatzdienst leisten?
Dies ist in Art. 12a Abs. 2 Grundgesetz so vorgesehen. Aber: Da es derzeit keine Wehrpflicht gibt, gibt es auch keinen Ersatzdienst. Dies ändert sich, wenn – nach jetzigem Stand im Kriegs- oder Spannungsfall oder nach künftiger neuer Rechtslage bei Erlass einer entsprechenden Verordnung – wieder eine verpflichtende Einberufung eingeführt wird. Dann müssen Kriegsdienstverweigerer also einen Zivildienst leisten. Dabei wird die Dauer des Ersatzdienstes die Länge des Grundwehrdienstes nicht überschreiten, denn auch dies gibt das Grundgesetz vor.
Praxistipp zum Thema "Kriegsdienst verweigern"
Die Möglichkeit, den Kriegsdienst zu verweigern, ist im deutschen Grundgesetz verankert. Dazu sind ausführliche Gewissensentscheidungen glaubhaft zu machen. Beim Antrag helfen verschiedene Beratungsstellen, etwa von der evangelischen Kirche. Bei Widerspruch oder Klage gegen behördliche Entscheidungen hilft Ihnen ein Anwalt für Verwaltungsrecht.
(Bu)